French Women

Eine Filmkritik von Andreas Günther

Hauptsache garstig und direkt

Neulich an einem lauen Sommerabend in der S-Bahn: Jungs so um die 18, gar nicht unsympathisch, kommen mit geringfügig älteren jungen Damen ins Gespräch. „Seine Witze gehen oft unter die Gürtellinie“, meint einer entschuldigend über seinen Freund. „Bei uns auch“, entgegnet eine der Frauen rundheraus. Solche klärenden Worte im Alltag haben doch viel für sich – etwa, um die Entstehung von Filmen wie French Women – Was Frauen wirklich wollen zu verstehen. Diese französische Komödie erscheint dann als eine Bestandsaufnahme eines weiblichen befreiten Vergnügens am Vulgären, Schlüpfrigen, Dreckigen. Womit sich aber Plattheiten zu leicht entschuldigen lassen.
Die Damen in besagtem starbesetzten Ensemblestreifen nehmen kein Blatt vor den Mund. Jo (Audrey Dana) setzt ihrer Freundin Agathe (Laetitia Casta) drastisch auseinander, dass sie ausgerechnet während der Regel nach Sex verrückt wird. Ysis (Géraldine Nakache) ist doch ein bisschen peinlich berührt, dass ihre lesbische Geliebte Marie (Alice Taglioni) ihr im Park einen sprechenden Dildo als Geschenk überreicht, der vor sich hin repetiert: „Denk‘ an meine Muschi“. Aber vielleicht nur, weil Ysis durch Ehe-und Familienleben ein bisschen verklemmt geworden ist. Geradezu verschämt geht dagegen Managerin Rose (Vanessa Paradis) mit dem schockierenden Laborbericht um, sie habe zuviel Testosteron…

Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass Regisseurin Audrey Dana für sich die Rolle der Psychotherapeutin Jo gewählt hat. So wie sie als Jo der Busfahrerin Fanny (Julie Ferrier) rät, ihre bis zur hysterischen Neurose unterdrückten Phantasien rückhaltlos auszuleben, hat sie ihren Film aufgebaut. Die Frau, das in Alltagsroutinen, Konventionen und Schönheitsdiktaten eingesperrte Wesen, soll Lust und Leid austoben, auch garstig.

Dabei ist nicht zu unterscheiden, ob Isabelle Adjani, die als graziles Wesen mit unwiderstehlich sinnlichen Lippen und Augen in Ein mörderischer Sommer und Die Bartholomäusnacht verzauberte, die Modeschöpferin Lili meint, die sie spielt, oder sich selbst, wenn sie ihre große Leibesfülle verspottet. Den programmatisch auf Direktheit zielenden Originaltitel Sous les jupes des filles – unter den Röcken der Mädchen – löst ganz konkret der fiktive Hollywood-Star James Gordon (Stanley Weber) ein, als er sehr erwünscht auf der Straße seinen Kopf unter Fannys Rock steckt.

Verbal und auch symbolisch – der Dildo oder das Höschen mit Stacheldraht-Broderie für „die Tage“ – treibt eruptive Energie den Film an, verhindert aber, dass er ein Ganzes wird. Die Handlungsstränge wuchern wirr, die Anschlüsse sind lausig. Humor entsteht hier als Spaltprodukt des Obszönen. Zum Lachen reizen soll der Tabubruch – aber gibt es den noch und ist Lachen die typische Reaktion darauf? Die Feier farcehafter Entblößung aller triebhaften Impulse stumpft bei einer Spielzeit von fast zwei Stunden ziemlich ab. Der plötzliche Triumph des sich ordentlich liebenden Ehepaares am Schluss mildert daran nichts – diese Volte wirkt nur ratlos.

French Women

Neulich an einem lauen Sommerabend in der S-Bahn: Jungs so um die 18, gar nicht unsympathisch, kommen mit geringfügig älteren jungen Damen ins Gespräch. „Seine Witze gehen oft unter die Gürtellinie“, meint einer entschuldigend über seinen Freund. „Bei uns auch“, entgegnet eine der Frauen rundheraus. Solche klärenden Worte im Alltag haben doch viel für sich – etwa, um die Entstehung von Filmen wie „French Women – Was Frauen wirklich wollen“ zu verstehen.
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