Fliegende Liebende

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Auf, auf und davon

Im Selbstgespräch erklärte Pedro Almodóvar, dass er hofft, die Leute fänden den Film saukomisch. Mit lustig und unterhaltsam könnte er sich auch noch anfreunden, Almodóvaresk ließe ihn nur gleichgültig, aber eines würde ihn wirklich bekümmern: Wenn die Zuschauer seinen Film langatmig finden würden. So sehr, dass sie sich „die Mühe eines illegalen Downloads getrost sparen könnten“. Wirklich Sorgen muss er sich deswegen aber nicht machen, ist Fliegende Liebende doch eine höchst vergnügliche Komödie.
Ein Flug nach Mexiko läuft nicht so, wie erwartet. Mit dem Fahrwerk gibt es Probleme, weswegen in Spanien nach einer geeigneten Landebahn für die Notlandung gesucht wird. Um die Passagiere der „Holzklasse“ nicht aufzuregen, werden die unter Drogen gesetzt, während in der Ersten Klasse zwar nicht Highlife, aber doch zumindest Wachsein herrscht. Die schwulen Flugbegleiter versuchen alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um es den Reisenden so angenehm wie möglich zu machen, doch weit dramatischer – und komischer – als der drohende Notlandungstod ist eigentlich das Liebesleben an Bord. Denn irgendwie macht jeder mit jedem rum…

Für Almodóvar bedeutet Fliegende Liebende die Rückkehr zur Komödie. Nach Die Haut, in der ich wohne scheint es so, dass er die Leichtigkeit dieses Films auch dringend notwendig hat. Gehaltvoll wie einige seiner komischen Arbeiten der 80er Jahre ist sein neuestes Werk nicht unbedingt, ein echter Almodóvar ist es aber zweifelsohne. Was er hier erzählt, ist ein Katastrophenfilm á la Airport, aber in typischer Almodóvar-Manier, eben reich an skurrilen Figuren und surrealen Momenten. Das Highlight ist sicherlich die Performance der drei Flugbegleiter, die „I’m so excited“ zum Besten geben, wenn auch nur als Playback, aber dafür mit zum Schreien komischer Choreographie.

Man könnte vielleicht argumentieren, dass Almodóvar auch zur wirtschaftlichen Lage seines Landes einen Kommentar abgeben will, hat er doch einen Wirtschaftsboss an Bord seines Flugzeugs, der ein finanzielles Desaster zu verschulden hat. Aber Sozialkritik drängt sich nie in den Vordergrund, man mag hineininterpretieren, dass Almodóvar die harmlose Flugkatastrophe der realen Finanzkrise gegenüberstellt, eine wirkliche Aussage lässt sich in dem Film aber nicht finden. Aber immerhin: Der Krise verdankt Almodóvar es, dass er auf dem fertig gebauten, aber verwaisten Flughafen Ciudad Real drehen konnte, der im Film den La Mancha Flughafen doubelt.

Fliegende Liebende ist ein sehr verspielter Film, der fast nur im Inneren des Flugzeugs spielt, kurzzeitig aber auch die Handlung nach draußen verlagert und dank der grandiosen Musik von Alberto Iglesias, der hier Anleihen bei Bernard Herrman nimmt, mitunter auch richtig spannend wird. Denn allem Humor zum Trotz geht es natürlich auch ums (Über)leben – sowohl an Bord des Flugzeugs als auch auf einer Brücke in Madrid.

So beschwingt leichtherzig, so locker leicht war Almodóvar schon lange nicht mehr. Fliegende Liebende mag in seinem Gesamtwerk nicht als eines seiner Meisterwerke gelten, dem Amüsement tut das jedoch keinen Abbruch. Und was den illegalen Download angeht: Den kann man sich wirklich sparen. Diesen Film sollte man schon in netter Begleitung auf der großen Leinwand sehen.

Fliegende Liebende

Im Selbstgespräch erklärte Pedro Almodóvar, dass er hofft, die Leute fänden den Film saukomisch. Mit lustig und unterhaltsam könnte er sich auch noch anfreunden, „Almodóvaresk“ ließe ihn nur gleichgültig, aber eines würde ihn wirklich bekümmern: Wenn die Zuschauer seinen Film langatmig finden würden. So sehr, dass sie sich „die Mühe eines illegalen Downloads getrost sparen könnten“. Wirklich Sorgen muss er sich deswegen aber nicht machen, ist „Fliegende Liebende“ doch eine höchst vergnügliche Komödie.
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Meinungen

Auf dem rosa Sofa · 17.07.2013

Einer der Filme, auf die ich mich am meisten in diesem Jahr gefreut habe, war Almodóvars „Fliegende Liebende“ (Originaltitel: Los amantes pasajeros, englisch: I’m so excited ) , der am 4. Juli 2013 Kinostart hat. Ich wollte den Film wirklich gerne mögen, aber daraus ist leider bei aller Anstrengung nichts geworden.

Aufgrund der Unachtsamkeit des Bodenpersonals (ungewohnt kleine Rollen für Penélope Cruz und Antonio Banderas), bleibt ein Bremsklotz am Fahrgestell eines Flugzeuges hängen und lässt damit die bevorstehende Landung zu einem lebensbedrohlichem Ereignis werden. Während das Flugzeug im spanischen Luftraum kreist und darauf wartet, eine Not – Landebahn zugeteilt zu bekommen, tut das schräge und gewohnt Gender – übergreifende Flugpersonal alles um die Passagiere ruhig zu halten und abzulenken. Dabei helfen Gesangseinlagen, Beruhigungsmittel und ein Meskalin– Cocktail. Wie in Filmen über Extrem – Situationen üblich, entblättern sich langsam die wahren Charaktere und Problematiken der einzelnen Protagonisten.

Der Film ist im besten Sinne inkonsequent. Nachdem man den Trailer gesehen hat, erwartet man eher eine hysterische Komödie, aufgrund des Regisseurs zumindest eine ansatzweise tiefgehende Auseinandersetzung mit der Gender – Thematik. Die Grundsituation der ins Auge des Todes schauenden Fluggäste und Besatzungsmitglieder, rechtfertigt auf jeden Fall ein Drama. Aber nichts von all dem wird wirklich eingelöst. Für eine Komödie ist es definitiv nicht witzig genug, für ein Drama ist es zu oberflächlich und die extrem klischeehafte Darstellung der Bi – und Homosexuellen führt am ehesten zu Fremdscham. Das hat gerade ein Almodóvar schon erheblich subtiler und mit mehr Tiefgang geschafft.
Eigentlich schöne Ideen, wie zum Beispiel das „öffentliche“ Telefon, dass durch einen Defekt die Person am anderen Ende auf die Kabinenlautsprecher überträgt, zerfließen in der Beliebigkeit der Geschichte.
Auch das Bild am Anfang, dass die Gespräche aus der Kabine auf der Erde fortgesetzt und in ihrer Konsequenz gezeigt werden, verläuft leider im Sande. Dabei hätte gerade das noch einen interessanten Episoden – Film ergeben können, den die jetzt nebeneinander gestellten kleinen Geschichtchen, die größtenteils kammerspielartig im Flugabteil dargestellt werden, nicht überzeugend rüber bringen konnten. Mich persönlich hat keine einzige dieser Geschichten wirklich emotional mitnehmen können und so war es am Ende ein recht langweiliges Spektakel aus singenden homosexuellen Stewards, misslungenen Versuchen angedeuteter Tiefe und einer Meskalin – verursachten Sex – Orgie in großer Höhe.

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