Elvis & Nixon

Eine Filmkritik von Maria Wiesner

"Bitte essen Sie nicht die M&Ms"

Elvis und Nixon sind zwei der meist imitierten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Groß ist also die Angst, dass ein Film, in dem gleich beide Figuren aufeinandertreffen sollen, sie zur Karikatur verkommen lässt. Die gute Nachricht: Elvis & Nixon tut das nicht.
Das liegt vor allem an der gutgewählten Besetzung. Kevin Spacey spielt Richard Nixon. Und obwohl er in House of Cards gerade erst einen sehr ähnlichen amerikanischen Präsidenten verkörpert hat, gelingt es ihm, hier vollständig in der Rolle aufzugehen. Die gekrümmte Haltung, die Stimme, selbst die Mimik, alles wohlplatziert, ohne das Quäntchen zu viel, das das Spiel zur Karikatur kippen lassen würde. Damit das auch bei Elvis nicht passiert, hat Regisseurin Liza Johnson für diese Rolle Michael Shannon gewählt. Das könnte man fast für „Against-Type-Casting“ halten, wäre dieser Begriff bei Shannon nicht völlig fehl am Platz, denn es gibt eigentlich kaum eine Rolle, die man ihm nicht zutrauen würde. Und hier ist er Elvis.

Der steigt eines Nachmittags vor dem Weißen Haus in Washington aus dem Auto und drückt dem Wachmann einen Brief an Präsident Nixon in die Hand. Darin bittet er um ein Treffen, denn er hat ein dringendes Anliegen: Er will als Special Agent undercover gegen den Kommunismus kämpfen und dafür hätte er gern eine Marke. Was nach einem völlig irren Anliegen klingt, löst unter den Mitarbeitern des Weißen Hauses natürlich eine Hysterie-Welle aus. Da sind die Sekretärinnen, die fast in Ohnmacht fallen, als sie den Namen Elvis auf dem Briefumschlag lesen. Da sind die Sicherheitskräfte, die das alles für einen schlechten Scherz halten. Und da sind die Berater des Präsidenten, die den ultimativen Coup wittern, um das Image des Präsidenten durch dieses Treffen bei der jungen Wählergruppe aufzubessern. Wie das Treffen nun arrangiert wird und was im Oval Office dann passiert, als Elvis tatsächlich auf Nixon trifft, das inszeniert Johnson mit viel Situationskomik.

Sie schafft es aber ebenfalls, aus dieser Komödie einen Film über Identitätszweifel und Machtspiele zu machen. Elvis ist gezeichnet von der Bürde, die ihm sein öffentliches Image vorgibt. In einer grandiosen Szene hält er seinem Kumpel Jerry (Alex Pettyfer) im Badezimmer eines Hotels einen Monolog darüber, wie er sich für die Öffentlichkeit verwandeln muss, wie er jeden Tag eine Verkleidung anlegt, um für die Menschen der zu werden, für den sie ihn halten. „Wenn ich einen Raum betrete, denkt jeder an seinen ersten Kuss und hört eines meiner Lieder im Hintergrund. Niemand sieht den Jungen aus Tennessee.“ Während des ganzen Monologs blickt er Jerry nur über sein Spiegelbild an. Und so sind es während des gesamten Films Spiegel, die den skeptischen Blick des King of Rock ‚n Roll auf sich selbst freilegen. Subtil wird die Sinnkrise vermittelt, in der Elvis an diesem Punkt seines Lebens steckt. Und allein daraus scheint auch die Motivation zu entspringen, dieses völlig irre Treffen mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten durchzusetzen. Elvis will wissen, wer er ist und vor allem, wie weit er gehen kann. Dieser Machtkampf wird spätestens im Weißen Haus deutlich. Dort wird „The King“ vom Sekretär des Präsidenten gebrieft, wie er sich gleich beim Treffen verhalten soll — „Essen Sie bitte nicht die M&Ms, die sind für den Präsidenten.“-, nur um dann als erstes vor Nixons Nase in die Schokolinsen zu greifen.

Dass der echte Elvis es ins Oval Office geschafft hat, zeigt ein Bild aus dem Jahr 1970. Es ist die meistgefragte Fotografie des amerikanischen Nationalarchivs. Was er mit Nixon besprochen hat, ist nicht bekannt. Liza Johnson hat aus dieser Lücke einen sehr unterhaltsamen Film mit subtilem Tiefgang gemacht.

Elvis & Nixon

Elvis und Nixon sind zwei der meist imitierten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Groß ist also die Angst, dass ein Film, in dem gleich beide Figuren aufeinandertreffen sollen, sie zur Karikatur verkommen lässt. Die gute Nachricht: „Elvis & Nixon“ tut das nicht. .
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