Dying of the Light – jede Minute zählt (2014)

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Wie man einen Film verstümmelt

Paul Schrader – und mit ihm sein Publikum – hat einfach kein Glück. Wieder einmal hat es einen seiner Filme erwischt, wieder mal wurde er ihm aus den Händen genommen, wieder mal gleicht das Endergebnis nicht mehr dem, was Schrader eigentlich geplant hatte. Gab es bei Dominion: Exorcist noch ein Happy End, indem Schraders ursprüngliche Version weitestgehend als alternativer Release hergestellt wurde , dürfte dies bei Dying of the Light eher unwahrscheinlich sein.

Evan Lake (Nicolas Cage) ist ein langgedienter CIA-Agent, der vor mehr als 20 Jahren von einem Terroristen gefoltert worden ist. Das verfolgt ihn noch immer, ebenso wie das Wissen, dass Muhammad Banir noch immer am Leben ist, auch wenn die CIA das anders sieht. Als bekannt wird, dass Lake an einer psychischen Krankheit leidet, wird er zwangspensioniert. Viel Zeit bleibt dem Agenten nicht mehr, bevor er nicht mehr der Mann ist, der er immer war. Darum beschließt er, die ihm verbleibende Zeit dahingehend zu investieren, Banir zur Strecke zu bringen.

Es kommt nicht häufig vor, dass der Regisseur, der ausführende Produzent und die Stars sich öffentlich gegen ihren Film stellen. Da es entsprechende Klauseln gibt, die dies verhindern, mussten, Paul Schrader, Nicolas Winding Refn, Anton Yelchin und Nicolas Cage den stillen Protest wählen, aber ihre Botschaft kam durch: Dieser Film ist nicht das, was er sein sollte. Auch Kameramann Gabriel Kosuth bezog Position – gegen den Film, wie er vom Produzenten abgeliefert wurde. In einer Gastkolumne in der Filmzeitschrift Variety erklärte er, dass er nicht an der Nachproduktion und damit auch nicht an der farblichen Gestaltung beteiligt war. Denn die wurde buchstäblich über den Kopf geworfen. Schrader und Kosuth arbeiteten mit Filtern, mit aggressiven Farben, mit einem düsteren Ton, die in der jetzigen Fassung nicht mal mehr erahnbar sind. Was sie erschaffen wollten, war ein gänzlich anderer, ungewöhnlicher, Sehgewohnheiten brechender Film. Was nun auf DVD und Blu-ray erscheint, ist hingegen ein völlig konventioneller Thriller, der nie über den Status eines B-Films hinauskommt. Und das liegt nicht daran, dass das Budget von fünf Millionen US-Dollar überschaubar war.

Es ist natürlich müßig zu spekulieren, ob die Schrader-Version wirklich ein hervorragender Film gewesen wäre. Interessanter wäre er aber sicherlich gewesen, denn in seiner jetzigen Form ist Dying of the Light verschenktes Potenzial. Nicolas Cage spielt ausdrucksstark, das erwartet man von ihm, insbesondere, da seine Figur immer mehr die Bodenhaltung verliert. Nicht wirklich herausgearbeitet, wird der interessanteste Aspekt seiner Figur. Er ist ein Ahab, ein Besessener, der seinen Groll nicht ablegen kann, der selbst im Angesicht des sicheren Todes lieber nach Rache trachtet, statt die letzten Monate, die ihm bleiben, zu genießen. Die Figur ist dabei ambivalent, sie erkennt nicht, dass es ein reines Rachegefühl ist, das sie treibt, weil die Rechtfertigung, dass ein Terrorist für seine Taten der Gerechtigkeit zugeführt wird, alles andere überlagert.

Cages Figur erleidet mit Fortschreiten der Krankheit eine Störung der Sinneswahrnehmung. Das hätte eine kühne Farbkomposition akzentuieren können, ohne sie ist dies jedoch nur ein Nebenaspekt eines erstaunlich langweiligen, weil völlig unterkühlten Films, der zwar gerne als Action-Thriller verkauft wird, aber mit Ausnahme des Finales praktisch kaum Action zu bieten hat.

Dying of the Light hätte so viel mehr sein können, so wie er jetzt besteht, liegt er in der Hollywoodschen Nahrungskette nur geringfügig über x-beliebigen Steven-Seagal-Filmen. Die werden nämlich auch für kleines Geld in Bulgarien gedreht.
 

Dying of the Light – jede Minute zählt (2014)

Paul Schrader – und mit ihm sein Publikum – hat einfach kein Glück. Wieder einmal hat es einen seiner Filme erwischt, wieder mal wurde er ihm aus den Händen genommen, wieder mal gleicht das Endergebnis nicht mehr dem, was Schrader eigentlich geplant hatte. Gab es bei „Dominion: Exorcist“ noch ein Happy End, indem Schraders ursprüngliche Version weitestgehend als alternativer Release hergestellt wurde , dürfte dies bei „Dying of the Light“ eher unwahrscheinlich sein.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen