Die Pinguine aus Madagascar (2014)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Willkommen in der Spin-off-Falle!

Neben Prequels und Sequels – Fortsetzungsfilmen, die vor oder nach der Handlung einer früheren (meist erfolgreichen) Produktion angesiedelt sind – bedient sich die Hollywood-Industrie zur Steigerung ihrer Gewinne auch dem Werkzeug des Spin-offs. Bringt also Projekte auf den Weg, die aus anderen, einträglichen Filmen hervorgehen und Randfiguren zu Trägern einer eigenen Geschichte befördern. Gerade im Animationsbereich erfreut sich diese Praxis größter Beliebtheit wie etwa Der gestiefelte Kater (Ableger der Shrek-Reihe) oder Planes bzw. Planes 2 – Immer im Einsatz (entstanden aus den Cars-Filmen) beweisen. Mit Die Pinguine aus Madagascar steht das nächste Spin-off bereits in den Startlöchern, bei dem die beliebten Sidekicks aus den DreamWorks-Produktionen rund um eine Gruppe New Yorker Zootiere in eine temporeiche, aber lieblos zusammengeschusterte Agentenmission verwickelt werden.

Der Prolog entführt uns in das ewige Eis der Antarktis. Dorthin, wo die quirligen Pinguine Skipper, Kowalski und Rico mit einem Mal beschließen, ihren stoisch vor sich hin watschelnden Artgenossen den Rücken zu kehren und einem Ei nachzujagen, das den Abhang hinunterrollt. Als sie kurz darauf Zeugen werden, wie sich der kleine Private durch die Schale kämpft, nehmen sie den jungen Pinguin umgehend unter ihre Fittiche. Einige Jahre später – die Ereignisse des dritten Madagascar-Films liegen gerade hinter ihnen – laufen die draufgängerischen Frackträger dem hinterlistigen Tintenfisch Dave alias Dr. Octavius Brine in die Arme, der früher ein Star im Central Park Zoo war, nach der Ankunft von Skipper und Co allerdings mehr und mehr in Vergessenheit geriet. Für diese Demütigung will er sich nun an allen Pinguinen rächen und steht kurz vor der Durchführung eines teuflischen Plans. Um diesen zu vereiteln, brechen Skipper, Kowalski, Rico und Private aus der Gefangenschaft aus und müssen sich schon bald mit den Mitgliedern der tierischen Geheimorganisation „Nordwind“ zusammenraufen, die dem Kraken ebenfalls das Handwerk legen wollen.

Alles könnte so schön sein, wenn der Film die ironische, augenzwinkernde Färbung der ersten Szenen konsequenter beizubehalten wüsste. Ohne Umschweife führen uns die Macher die Anfänge der Freundschaft zwischen den vier Protagonisten vor Augen und spielen gekonnt mit dem possierlichen Image, das den hüftsteifen Antarktisvögeln spätestens seit der immens erfolgreichen Dokumentation Die Reise der Pinguine anhaftet. Just in dem Moment, in dem Skipper und seine Freunde beschließen, ihrem eintönigen Herdendasein ein Ende zu setzen, wird für den Zuschauer erkennbar, dass ihr Ausbruch von einem Kamerateam festgehalten wird. Ein pfiffiger Einfall, der in der englischen Originalversion zusätzliche Würze erhält, da dort Ausnahmeregisseur Werner Herzog – Schöpfer der beeindruckenden Antarktis-Kinoreise Begegnungen am Ende der Welt – den eifrigen Dokumentarfilmer spricht.

Neben derart hintersinnigen Anspielungen, die sich insbesondere an die älteren Zuschauer richten, versäumt es der Einstieg keineswegs, auch einige emotionale Töne anzuschlagen. Was man vom weiteren Handlungsverlauf leider nicht mehr behaupten kann. Kommt das Agentenabenteuer nach einem Zeitsprung einmal in Fahrt, lässt sich der Film nur noch selten Zeit, um die Beziehungen der Hauptfiguren ernsthafter zu beleuchten. Vielmehr hetzen die vier Pinguine in bester James-Bond-Manier von einem Schauplatz zum nächsten, wobei ihre Rollen zumeist klar verteilt sind. Skipper ist der forsch-bestimmende Kopf der Truppe, Kowalski das Hirn, Rico ein unberechenbarer Allesfresser und Nesthäkchen Private das knuffige Anhängsel, das von den anderen immer noch belächelt wird. Eine größere Entwicklung darf lediglich Letzterer durchlaufen. Ansonsten ändert sich herzlich wenig gegenüber den Kurzauftritten der Pinguine im Madagascar-Franchise, weshalb sich schon bald eine gewisse Monotonie einstellt. Bei Sidekicks sind rudimentäre Eigenschaften kein großes Problem, sondern fast schon Notwendigkeit. Hier, im Rahmen einer großen, eigenen Geschichte sollte die Charakterzeichnung dann aber doch etwas mehr in die Tiefe gehen. Rückblickend betrachtet wäre es vielleicht ratsamer gewesen, auf das eher profillose Team „Nordwind“ zu verzichten und stattdessen die Eigenschaften der Hauptfiguren zu schärfen.

Oberflächlich und vorhersehbar gestaltet sich auch der eigentliche Agenten-Plot, der allerdings so rasant und kurzweilig ausfällt, dass er zumindest das Kinderpublikum bei Laune halten sollte. Gleiches gilt für die handfesten Slapstick-Einlagen und einige gelungene Gags, die der Film jedoch nicht gerade im Überfluss zu bieten hat. Viele Pointen versanden oder wirken merkwürdig redundant, sodass sich ein herzhaftes Lachen – vor allem auf Seiten der größeren Kinogänger – nur selten Bahn brechen kann. Äußerst schade, wenn man bedenkt, dass es DreamWorks-Produktionen einmal recht gut verstanden haben, kindgerechten und erwachsenen Humor zu verbinden.

Nicht mehr zu übersehen ist die Beliebigkeit der Handlung im schludrig getakteten Schlussdrittel, das entfernt an einige Ereignisse aus Ich – Einfach unverbesserlich 2 erinnert und darüber hinaus mit einer merkwürdigen Doppelmoral aufwartet. Zunächst stimmen die Macher ein Loblied auf die Toleranz an, nur um im Abspann plötzlich wieder in Konformitäts- bzw. Normalitätsdenken zu verfallen.

Auch wenn das actionreiche Spektakel von exquisiter Animationsarbeit begleitet wird (man beachte etwa die wunderbar choreografierte Venedig-Sequenz), hat Die Pinguine aus Madagascar allenfalls durchschnittlichen Unterhaltungswert. Vieles wirkt kalkuliert, halbherzig, das Ganze versprüht zu wenig Charme und ist damit ein Spin-off, das es nicht unbedingt gebraucht hätte. Zumal die Pinguine bereits seit 2008 in einer Fernsehserie als Helden ihrer eigenen Abenteuer in Erscheinung treten.
 

Die Pinguine aus Madagascar (2014)

Neben Prequels und Sequels – Fortsetzungsfilmen, die vor oder nach der Handlung einer früheren (meist erfolgreichen) Produktion angesiedelt sind – bedient sich die Hollywood-Industrie zur Steigerung ihrer Gewinne auch dem Werkzeug des Spin-offs. Bringt also Projekte auf den Weg, die aus anderen, einträglichen Filmen hervorgehen und Randfiguren zu Trägern einer eigenen Geschichte befördern.

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Meinungen

Daniel · 10.10.2014

Moin, der Trailer schaut ganz gut aus und denke auch das der Film finanziell erfolgreich wird. Für solche Animationsfilme gibt es immer ein Publikum.