Cold in July

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Im Osten von Texas

Mitten in der Nacht schreckt Ann (Vinessa Shaw) hoch, weil sie ein Geräusch gehört hat. Sie weckt ihren Mann Richard (Michael C. Hall), der sucht hektisch seine Waffe aus einer Schachtel im Schrank und schleicht sich vom Schlafzimmer ins Wohnzimmer. Dort überrascht er einen Einbrecher, glaubt sich bedroht und erschießt den Eindringling. Geschockt von seiner Tat beruhigen ihn die eintreffenden Cops: Er habe aus Notwehr gehandelt, außerdem stellt sich bald heraus, dass der Einbrecher der gesuchte Freddy (Waytt Russell) gewesen ist. Auch seine Nachbarn in Ost-Texas zollen ihm Respekt – sie hätten ihm eine solche Tat gar nicht zugetraut. Dennoch ist Richard fortan ständig nervös und fühlt sich nicht mehr sicher in seinem Haus. Er ordert Gitterstäbe für die Fenster, ein neues Sicherheitsschloss mitsamt Alarmanlage. Dann erfährt er, dass Freddys Vater Russel (Sam Shepard) gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde und zur Beerdigung des Sohnes kommen wird. Auch Richard zieht es zum Friedhof und dort begegnen sie sich. Kurz spreche sie miteinander – und Russel bedroht Richard und insbesondere dessen kleinen Sohn Jordan (Brogan Hall). Von dort an könnte „Cold in July“ ein typisches Rachedrama sein, in dem sich zwei Väter gegenüberstehen. Aber die wenig vorherzusehende Handlung – basierend auf einer Kurzgeschichte von Joe R. Lansdale – schlägt einige Haken, so dass schon bald aus Richard und Russel Verbündete werden.
Von der ersten bis zur letzten Minuten ist Jim Mickles Cold in July ein konsequenter Genrefilm, ein rabenschwarzer „country noir“ mit einem ordentlichen Schuss „southern gothic“. Dementsprechend beginnt mit dem Einbruch erst eine Abwärtsspirale für Richard und Russel, die sich scheinbar unaufhaltsam auf einen Abgrund zubewegt. Dabei verschreibt sich der Film seiner Geschichte von Vätern und ihren Söhnen, von Gewalt und Rache und Männlichkeit. Russel ist knochenharter Haudegen, Kriegsveteran, Ex-Häftling und hatte kaum Kontakt zu seinem Sohn. Dagegen ist der jüngere Richard sensibel und fürsorglich, aber durch den Schuss mit der Waffe hat er die Verführungskraft der Macht gespürt. Beide wollen sie nicht hinnehmen, dass sie nur Kollateralschäden in einem größeren Spiel sind. Gut gespielt von Sam Shepard und Michael C. Hall wird ihnen von einem großartigen Don Johnson fast die Show gestohlen. Er spielt den charmant-protzigen Privatdetektiv Jim Bob, der von Russel mit Nachforschungen beauftragt wird – und die Chemie zwischen diesen drei Schauspielern stimmt sofort, dass die leichten Längen im Mittelteil des Films kaum stören.

Ebenso konsequent verschreibt sich Jim Mickle der Zeit, in der sein Film spielt. Am Anfang zeigt eine Einblendung die Jahreszahl 1989 und damit wird die Handlung nicht nur zeitlich eingeordnet, sondern auch der Stil und die Ausstattung vorgeben: der Soundtrack besteht aus ein wenig Country und vielen Synthesizerklängen (Musik von Jeff Grace), Jim Bob fährt eine knallrote Cadillac mit Hörnern auf der Motorhaube und zwei Plüschwürfeln am Rückspiegel, daneben gibt viele stimmige Ausstattungsdetails. Ohnehin setzt der Score gute Kontrapunkte, die zu dem grimmigen Humor des Films und kantigen Onelinern passen. Beispielsweise ist das Saubermachen nach dem tödlichen Schuss auf den Einbrecher mit dem Song „Forgetting You“ unterlegt.

Aufgrund der dichten Atmosphäre und der guten Schauspieler fallen die losen Enden in der Geschichte nicht allzu störend ins Gewicht, dafür ist sie insgesamt auch zu überraschend. Deshalb bleibt zu wünschen, dass dieser Film doch noch seinen Weg nach Deutschland findet. Denn kalt im Juli ist es im Moment zwar schon – bei Cold in July auf der Leinwand aber nicht.

Cold in July

Mitten in der Nacht schreckt Ann (Vinessa Shaw) hoch, weil sie ein Geräusch gehört hat. Sie weckt ihren Mann Richard (Michael C. Hall), der sucht hektisch seine Waffe aus einer Schachtel im Schrank und schleicht sich vom Schlafzimmer ins Wohnzimmer. Dort überrascht er einen Einbrecher, glaubt sich bedroht und erschießt den Eindringling.
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Meinungen

Frau Flinkwert · 31.08.2014

Wirklich ein klasse Film, aus meiner Sicht der beste von Jim Mickle bisher, man könnte höchstens meckern, dass die Motivation von Richard nicht ganz klar ist, also was den letzten "Haken" der Story anbetrifft, hat er sich von den beiden alten Männern mitreißen lassen?