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Disneynature hat sich im Reich der Mitte an eine Pandabärenmutter, eine Schneeleopardin und einen Affenjungen herangepirscht. Und bei diesen seltenen und scheuen Tieren wieder Dramen gefunden, wie sie das Leben in freier Wildbahn schreibt.

Born in China (2016)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Im Reich der Pandabären und Schneeleoparden

Der siebte Film des 2008 gegründeten Natur- und Wildlife-Dokulabels Disneynature begibt sich in abgelegenen Regionen Chinas auf die Suche nach Tieren, die nur schwer vor die Kamera zu bekommen sind. Regie führte bei diesem Dokumentarfilm, der allein in chinesischen Kinos fast zehn Millionen Dollar einspielte, Lu Chuan, welcher bisher vor allem mit Actionstoffen und historischen Spielfilmen wie City of Life and Death – Das Nanjing Massaker in Erscheinung trat.

Im Mittelpunkt dieses Bilderbogens über Kinderaufzucht und Überlebenskampf im Tierreich stehen drei ganz unterschiedliche Tierfamilien. Eine Pandamutter zieht in einem Naturreservat in Zentralchina ihr kleines Töchterchen auf. Liebevoll und überfürsorglich möchte die Mutter das Kind am liebsten nicht aus den Armen lassen, doch die Kleine will unbedingt einen Baum hochklettern. Ebenfalls in Zentralchina, in einer Gegend, in der die Winter sehr streng sind, leben die Goldstumpfnasenaffen. Der zweijährige Tao Tao muss feststellen, dass er seit der Geburt seiner Schwester nicht mehr im Mittelpunkt des Familienlebens steht. In einer Gang von jungen männlichen Affen, die ebenfalls sich selbst überlassen sind, findet er neue Gesellschaft.

Im Nordosten des tibetischen Hochplateaus in der Provinz Qinghai nahmen die Dokumentarfilmer eine Schneeleopardin mit ihren zwei kleinen Jungen ins Visier. Wie das Gepardenporträt Maleika von Matto Barfuss thematisiert auch Born in China, wie gefährlich es für die Raubkatzen selbst ist, auf die Jagd zu gehen. Wie Maleika verletzt sich auch die chinesische Schneeleopardin bei der Jagd an einem natürlichen Hindernis, das auf der Erde liegt. Und wie Maleika muss sie die Hörner des Beutetiers fürchten.

Die Tiere werden im jahreszeitlichen Kreislauf beobachtet, wobei sich eindrucksvoll mitteilt, wie die grimmige Kälte des Winters manchen Geschöpfen wie dem kleinen Affen zusetzt. Eine Episode widmet sich den Tschirus oder Tibetantilopen, bei denen sich die Weibchen auf eine monatelange Wanderung begeben und dann mit dem neuen Nachwuchs zu den Männchen zurückkehren. Regisseur Lu Chuan waren diese Tiere nicht unbekannt, denn sie hatten ihn bereits zu seinem Actiondrama Kekexili aus dem Jahr 2004 über den Kampf von Tierschützern gegen Wilderer inspiriert. Chuan sorgte auch dafür, dass sich zu den einzelnen Tierporträts ein wenig chinesische Mythologie gesellte. So kommt der elegante Mandschurenkranich vor, der laut Volksglauben im Flug die Seele eines Verstorbenen in die nächste Welt trägt. Im Film symbolisiert dieses Tier den Kreislauf des Lebens und mit ihm den tröstlichen Gedanken, dass der in der Natur so präsente Tod in einem größeren Zusammenhang wieder neues Leben ermöglicht.

Solche Themen und Anspielungen können in einem Naturfilm auch irritierend oder missverständlich wirken. Aber als poetische Beigabe, die der als Erzähler fungierende amerikanische Schauspieler John Krasinski vorträgt, haben sie ihren Reiz. Obwohl keine Menschen vorkommen, erinnert der Film dezent daran, dass das Reich der Mitte ein traditionsreicher Kulturraum ist. So webt der Komponist Barnaby Taylor in seine Orchestermusik auch Klänge chinesischer Instrumente ein.

Im typischen Stil der Disneynature-Filme wie Im Reich der Raubkatzen oder Schimpansen wird den Tieren zuweilen eine menschlich anmutende Gefühlswelt mehr oder weniger unterstellt. Die emotionale Anteilnahme auch der jüngsten Zuschauer soll gesichert werden und ihrerseits das Verständnis für die Bedürfnisse und Nöte der Tiere fördern.

Oft geschieht diese tendenzielle Vermenschlichung humorvoll, zum Beispiel wenn ein tapsiges Jungtier in Slapstickmanier umkippt und darüber erstaunt zu sein scheint. Oder wenn dem Affenjungen Tao Tao irgendwelche Gedankengänge unterstellt werden, die seine betrübte Miene erklären könnten. Manchmal schießt der interpretierende Kommentar, gerade in der Affen-Episode, über das Ziel hinaus und gerät in seinem Wortreichtum störend. Aber in der bewegendsten Szene des Films gibt es gar keine Worte, was sich als sehr kluge Regieentscheidung erweist.

Diese Tiere zu beobachten, die sonst kaum jemals im Freien ins Visier genommen wurden, verleiht dem Film einen besonderen Reiz. Weil er die Geschichten mehrerer Tierarten verwebt, geht er jedoch nicht allzu sehr in die Tiefe. Aber die Qualität der Bilder entschädigt für manche Oberflächlichkeit und ruft in Erinnerung, dass Wildlife nicht nur in der afrikanischen Savanne stattfindet.
 

Born in China (2016)

Der siebte Film des 2008 gegründeten Natur- und Wildlife-Dokulabels „Disneynature“ begibt sich in abgelegenen Regionen Chinas auf die Suche nach Tieren, die nur schwer vor die Kamera zu bekommen sind. Regie führte bei diesem Dokumentarfilm, der allein in chinesischen Kinos fast zehn Millionen Dollar einspielte, Lu Chuan, welcher bisher vor allem mit Actionstoffen und historischen Spielfilmen wie „City of Life and Death – Das Nanjing Massaker“ in Erscheinung trat.

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Meinungen

Annekatrin Pfeifer · 22.01.2018

Großartiger Film,beeindruckende Tieraufnahmen,herrliche Landschaften.Die Liebe und der Umgang der Tiere untereinander waren beeindruckend.Die Tiere wurden über vier Jahreszeiten beobachtet,wie die Mütter sich kümmern und die Kleinen sich entwickeln.Obwohl es Tiere in der freien Natur waren,bekamen sie einen Namen,das fand ich toll.
Ein Lob an das Team,das diesen wertvollen Naturfilm drehte.Für mich ist dieser Film eine große Bereicherung.Mögen wir die wundervolle Tierwelt erhalten.