Barbecue

Eine Filmkritik von Martin Beck

Jetzt kauf halt schon einen Porsche!

Irgendwann bei Barbecue, nachdem die Uhrzeit zum wiederholten Male in Erfahrung gebracht wurde, fragt man sich auch mal, was wohl Eric Rohmer aus diesem Stoff gemacht hätte. Aus einer Midlife-Crisis, aus einem eigentlich perfekten Leben, aus falschen bis oberflächlichen Freunden, aus dem Wunsch, den ganzen Rahmen, die ganzen Regeln einfach mal dranzugeben. Und dafür lieber eine lasterhafte Dauerfeier zu beginnen, mit Alkohol, blutigen Steaks, undiplomatischer Direktheit und Arbeitslosigkeit.
Nun, vor allem hätte er wohl den ganzen Dreh mit der lasterhaften Neufindung weggelassen, die einen mal wieder die große „Warum“-Frage stellen lässt. Fernab der Realität meint Regisseur und Drehbuchautor Eric Lavaine, seine doch eigentlich sympathisch veranlagten Figuren in die konstruierte Feel-Good-Hölle schicken zu müssen. Kein Stolz auf das Erreichte, kein Lösungsschimmer unter alles auf links. Antoine (Lambert Wilson), die Hauptfigur hier, ist Familienvater, Arzt, superfit und ein ganz schöner Casanova, also wieso sollte ihn ein Herzinfarkt so völlig aus der Spur schicken?

Ganz einfach: Weil Barbecue eine Brechstangen-Dramatik auffährt, die Fallhöhen völlig willkürlich erfindet und bereits ganz am Anfang, als eine Voice-over-Stimme mal wieder „Man könnte meinen, ich führe ein perfektes Leben“ intoniert, das anvisierte Lachen in ein Augenrollen verwandelt. Och nein, nicht schon wieder hochdramatisch präsentierte Erste-Welt-Probleme, heiter serviert inmitten sonnengetränkter Postkarten-Panoramen. Wenn es denn hier überhaupt Handlungsbedarf gibt, dann sollte Antoine vielleicht seine aus dem Stand nervige Freundesriege in den Wind schießen… und ansonsten genauso weitermachen wie bisher.

Denn natürlich, Antoine hatte keinen schlimmen Herzinfarkt. Es geht ihm an sich blendend und auch seine Freunde, die ganz am Anfang zu dem titelgebenden Barbecue zusammenkommen, sollten sich einfach mal als Schüler verkleiden und dann bei Die strengsten Eltern der Welt mitmachen. Vielleicht wird ihnen ja dann bewusst, was für oberflächliche Nervensägen sie sind, einzig so gezeichnet, um am Ende, nach der obligatorischen Implosion in den gemeinsamen Ferien, wohlfeil zurechtgehämmerte Happy Ends in Empfang zu nehmen.

Was bei Barbecue passiert, passiert einfach immer in diesen genügsamen, an den Ecken schön rundgefeilten Dramedies, die keinerlei Ambitionen haben und dieses Unterfangen dann unbedingt in eine „heitere“ Stimmung hineinpressen. Die Ereignisse hier sind eigentlich eher traurig bis langweilig, garniert mit bestenfalls inkonsequenten Figuren, und trotzdem zwitschern dazu die Vögel, locken saftige, grüne Wiesen und dudeln unentwegt beschwingte (englische) Songs. Die Suche nach dem Sinn des Lebens light, immer schön im Rahmen bleibende Mainstream-Berieselung mit überschaubarem Abstand zum sonntäglichen ZDF-Herzkino.

Aber bitte, keine Sorge: WIRKLICH schlimm ist Barbecue nicht, dazu fehlt den Beteiligten der letzte Rumms Talentlosigkeit. Wer sein Herz an solche plätschernden Belanglosigkeiten verloren hat, der wird auch hier entspannt durchkraulen und am Ende vielleicht sogar ein Lächeln verdrücken können. Die Welt ist eben doch in Ordnung, hach. Man muss zwischen sie und einen selbst einfach nur ein Bügelbrett stellen, dann verglühen auch die unverdientesten Emotionen und krudesten Wendungen mit einem satten Zisch im blütenweißen Hemdkragen.

Barbecue

Irgendwann bei „Barbecue“, nachdem die Uhrzeit zum wiederholten Male in Erfahrung gebracht wurde, fragt man sich auch mal, was wohl Eric Rohmer aus diesem Stoff gemacht hätte. Aus einer Midlife-Crisis, aus einem eigentlich perfekten Leben, aus falschen bis oberflächlichen Freunden, aus dem Wunsch, den ganzen Rahmen, die ganzen Regeln einfach mal dranzugeben.
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Meinungen

Martin Zopick · 25.03.2020

Man fragt sich schon, was uns Regisseur Eric Lavaine mit diesem Film sagen will. Eine Clique von neun Freunden macht gemeinsam Urlaub in einer Luxusvilla in Frankreichs sonnigem Süden. Klar, dass da ein paar Unstimmigkeiten auf den Tisch kommen. Die üblichen Lästereien werden ausgetauscht, besonders unter den Ehepartnern. Da wird auch Manches unausgesprochen unter den Teppich gekehrt. Leichte Verletzungen werden sofort geglättet. Dabei wird der Versuch gemacht, Antoine (Lambert Wilson) in den Mittelpunkt zu stellen. Er ist fit wie ein Turnschuh, mit der Ärztin Véro verheiratet und erleidet beim Volkslauf einen Herzinfarkt. Bis auf das komatöse Geplänkel, mit dem Antoine seine Freunde erschrecken will, plätschern die Gespräche so dahin. Das sachgerechte Reichen der Urin-Ente ist noch der Spitzengag des Films. Ansatzweise überdenkt Antoine zwar seinen Lebensstil, bleibt aber an der Oberfläche. So versöhnt er sich auch wieder mit Véro nach einer kurzen nonverbalen Kommunikationsphase. Ansonsten schmollt schon mal einer, oder Madame Héro geht als Sensation des Abends allein ins Bett. Hin und wieder sagt mal einer offen seine Meinung, nur um sie gleich wieder zu relativieren. Man geht sich auch schon mal gegenseitig auf den Geist, aber ein Barbecue versöhnt halt alle wieder miteinander. Tja, außer Spesen nix gewesen! Nur tra la la und Hopp sa sa! Alle Figuren sind zu selbstverliebt, um echte Gefühle zu empfinden. Oberflächliche Freundschaften sollen wohl das französische Flair veranschaulichen. K.V.