Arthur Weihnachtsmann

Eine Filmkritik von Lida Bach

Father Christmas im Weihnachtsstress oder: "Für eine Schleife ist immer Zeit"

Schlittenkoller. Der entsteht, wenn man vor lauter Weihnachtsstress völlig plemplem wird. Jeder hatte schon Schlittenkoller. Selbst wer stattdessen Chanukka oder das Julfest feiert, kann Schlittenkoller kriegen, weil sich Weihnachtsstress wie Rauchen auch passiv auswirkt: Es genügt schon, dem unentrinnbaren Weihnachtsstress um einen herum ausgesetzt zu sein. Ja, sogar der Weihnachtsmann ist davor nicht gefeit. Das lässt Grandpa Weihnachtsmann durchblicken, als er und sein ängstlicher Enkelsohn Arthur in einem klapprigen Ruderboot in der Nacht des 24. Dezember auf dem Atlantik treiben.
Alles, was sie dabei haben ist Bryony, Verpackungselfe dritten Grades ausgerüstet mit Night-Cut X1225 Lasersteuer-Schere und tragbarer Klebeband-Pistole, ein altersschwaches Rentier und ein pinkes Fahrrad. Ihre Geheimwaffe ist die eiserne Entschlossenheit, das Fahrrad auszuliefern: an die kleine Gwen, die bei der hochtechnologisierten Geschenkverteilung durch Arthurs Bruder Steve vergessen wurde. Da ist Sarah Smiths liebevoll-spinniges Weihnachtsgarn schon zur Hälfte abgerollt wie eine Spule Geschenkband, deren Kapriolen man folgt. Dass sich das Animationsfilmdebüt der Regisseurin und Co-Drehbuchautorin trotzdem als cineastischer Himmelsstürmer erweist, verdanken Arthur Weihnachtsmann / Arthur Christmas und dessen tollpatschiger Titelcharakter jener Sache, die entscheidet, ob das Fest der Liebe ein „Merry little Christmas“ oder ein „Nightmare before Christmas“ ist: der kauzigen Familie.

Die filmischen Verwandten der turbulenten Schlittenpartie zweier Aushilfsweihnachtsmänner und einer Elfe sind nicht weihnachtlicher Kinokitsch, sondern Kitchen-Sink-Drama und Gaunerkomödie, gewürzt mit einer Prise schwarzen Humors. Mit ironischer Sinnhaftigkeit und bissigem Witz werden ein paar brennende Fragen über das Fest der Liebe beantwortet, ohne die kindliche Vorstellung von Weihnachten zu verhöhnen oder zu zerstören. Wie der Weihnachtsmann mit dem Bevölkerungswachstum mithält? Mit dem 10.368 Stundenkilometer schnellen S-1 Flugschlitten. Warum es im Krieg weniger Geschenke gab? „Weihnachten 1941 hab ich das alles mit einem Elf allein erledigt“, erklärt Grandpa, der vorrangig nörgeln kann. Darin bringt er es zu bemerkenswerter Meisterschaft, die ihn zum heimlichen Helden von Arthur Weihnachtsmann macht.

Wie dem vom ehrgeizigen Steve gemanagten Familienunternehmen am Nordpol nur noch formell der bereits senile Weihnachtsmann vorsteht, ist der Mann im rotem Anzug mit Rauschebart nur offiziell Santa Claus. Tatsächlich ist er Father Christmas, ein dickköpfiger Engländer mit ungeahnt patenter Gattin, einem schlaksigen Sohn im Strickpullover (vermutlich eine Handarbeit von Frau Weihnachtsmann) und einem störrischen Großvater. Über dem computergenerierten Festtags-Abenteuer steht groß Sony Pictures, doch die eigensinnige Geschichte und ihre skurrilen Figuren tragen die Handschrift von Aardman. Das für seine Knetfiguren Wallace & Gromit berühmte britische Animationsstudio gestaltet die Szenarien mit so viel Originalität und Liebe zu versteckten Details, dass die sparsamen 3D-Effekte lediglich als nette Spielerei am Rande erscheinen.

Die Handlung ist so chaotisch wie die heimliche Fahrt, auf der Arthur und Grandpa aller Herren Länder durchqueren, um das vergessene Geschenk zu überbringen, und gerät auf dem hauchdünnen Eis der Konsumorientierung mitunter ins Schlingern. Doch bevor sich die Protagonisten in überzuckerte Sentimentalität verirren, reißen sie die Zügel herum. Statt ein realitätsfernes Familienidyll vorzugaukeln, ist die Weihnachtsfamilie von Feiertagsstrapazen so gebeutelt wie jede andere. „Als Weihnachtsmann hast du es heute wirklich schwer“, schreibt zu Filmbeginn die kleine Gwen in ihren Wunschzettel. Die Gewissheit, dass es dem, der für den Weihnachtsstress verantwortlich ist, wie all den Normalsterblichen geht, versöhnt selbst jene, die Weihnachten etwa so gern mögen wie der Grinch. Dahinter verbirgt der charmante Film die Botschaft, dass der Wert eine Geschenkes sich nicht nach dem Preis bemisst, sondern der Mühe, die man sich damit gibt. Oder mit Bryonys Worten: „Für eine Schleife ist immer Zeit.“

Arthur Weihnachtsmann

Schlittenkoller. Der entsteht, wenn man vor lauter Weihnachtsstress völlig plemplem wird. Jeder hatte schon Schlittenkoller. Selbst wer stattdessen Chanukka oder das Julfest feiert, kann Schlittenkoller kriegen, weil sich Weihnachtsstress wie Rauchen auch passiv auswirkt: Es genügt schon, dem unentrinnbaren Weihnachtsstress um einen herum ausgesetzt zu sein.
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Meinungen

Kitti · 04.12.2011

das ist lol xD

Kitti · 04.12.2011

Ich kuck mir den Film heute an und ich freu mich drauf

FrauFlinkwert · 15.11.2011

Ein wirklich schöner Film, das richtige Maß Weihnachtskitsch serviert mit britischem Augenzwinkern!