Angel

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Berlinale Wettbewerb

Mit François Ozons wunderschönem Melodram Angel endete der Wettbewerb der 57. Berlinale. Der französische Regisseur, bekannt durch Filme wie Swimming Pool, 5x2 oder 8 Frauen, drehte zum ersten Mal einen Film in komplett englischer Sprache. Angel basiert auf dem 1957 publizierten, gleichnamigen Roman der englischen Schriftstellerin Elisabeth Taylor und erzählt vom Aufstieg und Fall der jungen, ehrgeizigen Schriftstellerin Angel Deverell (Romola Garai).
Angel ist ein Einzelkind aus ärmlichen Verhältnissen, ihre Mutter führt einen Tante-Emma-Laden, ihren Vater hat sie nie kennen gelernt. Die junge Angel liest nicht gern, lieber widmet sie ihre Zeit dem Schreiben, fest davon überzeugt, eines Tages groß herauszukommen. Nicht Recherche und Erfahrungen lassen ihren ersten Roman entstehen, es ist ihre ungewöhnliche Einbildungskraft, die dafür den Stoff liefert. Schnell gewinnt sie den Londoner Verleger Theo (Sam Neill), um ihr Buch zu publizieren – und wird damit so erfolgreich, dass sie Reichtum und Ansehen bis in die englische Upper Class erlangt. Endlich kann sie sich kaufen, wovon sie immer geträumt hat: Das märchenhafte, alte englische Herrenhaus „Paradise“, das sie völlig neu und luxuriös ausstatten lässt und dann mit ihrer Mutter, ihrer Sekretärin Nora (Lucy Russel), vielen Angestellten sowie ihrem Ehemann, dem Maler Esmé, (Michael Fassbender) teilt. Angel schreibt, um reich und erfolgreich zu sein, aber so schnell wie sie empor schießt, so steil stürzt sie eines Tages wieder ab.

Ozon hat sich bei diesem Film bewusst für junge, unbekannte englische Schauspieler entschieden – bis auf Charlotte Rampling, die in einer Nebenrolle als Frau des Verlegers zu sehen ist. Ein amerikanisches Filmstudio hatte Ozon angeboten, seinen Film zu finanzieren und einen Hollywood-Star bereitzustellen – wenn Ozon im Gegenzug das Drehbuch ändert und der Story ein Happy End hinzufügt. Ozon lehnte ab, so wie auch Angel dem Verleger gegenüber darauf beharrt, keine einzige Zeile in ihrem ersten Roman zu ändern. Sturr und entschieden ist sie, immer überzeugt davon, das Richtige zu tun. Verführerisch versteht sie es, ihre Mitmenschen reihenweise um den Finger zu verwickeln, verträumt lässt sie sich in ihre Fantasiewelt fallen, die mit der Wirklichen kaum noch etwas zu hat. Doch so stark wie sie nach außen hin wirkt, so zerbrechlich ist sie im Inneren und das wird ihr zum Verhängnis.

Angel ist eine epische Inszenierung im Stil Douglas Sirks’ Melodramen aus 30er und 40er Jahren. Wie bereits bei 8 Frauen (2002) ließ sich Ozon auch für Angel von Sirks Filmen inspirieren, aber auch von Filmen wie Dragonwyck von Mankiewicz (1946), Vom Winde verweht von Victor Fleming (1939) und Gigi von Vincente Minnelli (1958). Opulent ausgestattet und bis ins kleinste Detail präzise inszeniert, schafft es Ozon seinen Vorbildern gerecht zu werden. Die müden Festivalbesucher scheint der Film nicht vom Hocker gerissen zu haben — so kann man nur darauf hoffen, ihn bald noch einmal im Kino sehen zu können.

Angel

Mit François Ozons wunderschönem Melodram Angel endete der Wettbewerb der 57. Berlinale. Der französische Regisseur, bekannt durch Filme wie Swimming Pool, 5x2 oder 8 Frauen, drehte zum ersten Mal einen Film in komplett englischer Sprache.
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