Abschied von den Fröschen

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Die letzten Monate des Ulrich Schamoni

Idyllisch wirkt das Haus, in das uns dieses filmische Tagebuch des am 9. März 1998 verstorbenen Regisseurs Ulrich Schamoni führt. Wüsste man nicht, dass das Haus in Berlin liegt, würde man an einen kleineren Ort denken, an eine eher ländliche Umgebung, was mit Sicherheit auch daran liegt, dass weite Teile des Films im Garten spielen, wo sich im Teich die Titel gebenden Frösche tummeln. Mit einigen vom Haus aus steuerbaren Kameras ausgestattet, wird der Garten und gelegentlich auch das Haus zu einer Art Bühne für das ohne Larmoyanz dokumentierte Sterben eines Mannes, der bis zum Schluss mit bewundernswerter Haltung versucht weiterzumachen. Realisiert hat dieses eigenwillige Porträt Ulrike Schamoni, die gemeinsam mit der Cutterin Grete Jentzen 170 Stunden Material sichtete, ergänzte und neu anordnete. Entstanden ist so ein sehr intimer, privater Film, der vor allem die Fans des Regisseurs interessieren dürfte. Vielleicht aber — und das wäre eine erfreuliche Begleiterscheinung der dokumentarischen Erinnerungsarbeit — veranlasst der Film ja darüber hinaus eine Neuentdeckung des Filmemachers Ulrich Schamoni.
Nur gelegentlich greift Abschied von den Fröschen, der einen Zeitraum von knapp anderthalb Jahren bis wenige Tage vor dem Tod Schamonis umfasst, zurück auf die Vita des Filmemachers, dessen Bruder Peter zu den Unterzeichnern des Oberhausener Manifestes gehörte. Den Geist dieses Aufbruchs gegen „Papas Kino“ spürt man auch in Ulrich Schamonis Filmen, obwohl der Zeit seines Lebens der (damals noch freilich wesentlich liberaleren) FDP angehörte und der CDU nahestand. Bereits Schamonis erster Spielfilm Es, bei dem es um ein junges Paar (Sabine Sinjen und Bruno Dietrich) geht, wurde mit Auszeichnungen förmlich überhäuft und gewann insgesamt fünf Bundesfilmpreise. Es folgten Werke wie Alle Jahre wieder (1966/67), Chapeau Claque (1974), Das Traumhaus (1980) und zuletzt Alles Paletti (1985), anschließend eine Karriere als Medienunternehmer, der unter anderem ebenso den ersten privaten Berliner Radiosender Hundert,6 wie auch den ersten Lokalfernsehsender IA Fernsehen gründete – aus beiden Unternehmen stieg er später wieder aus. Von all dem erfährt man als Besucher von Abschied von den Fröschen allenfalls nur Bruchstücke, denn im Mittelpunkt steht nicht die Vergangenheit Schamonis, sondern sein quälendes Sterben, das sich hier als oft beinahe schon heiterer, ganz sicher aber streckenweise absurder Kampf gegen die Vergänglichkeit des Lebens darstellt.

Die tagebuchartigen Videonotizen, die nur gelegentlich von Ausschnitten aus den Filmen Schamonis unterbrochen sind, zeigen den Alltag eines Mannes, der seit seiner Diagnose einer Leukämie-Erkrankung auf den Tod wartet und der dennoch versucht, im Rahmen seiner Möglichkeiten, eine größtmögliche Normalität zu leben. Dennoch nimmt die Krankheit naturgemäß einen großen Raum ein – weil sie Schamoni immer mehr einschränkt, weil sie ihn dazu zwingt, sich immer wieder Blut übertragen zu lassen. Und so mehren sich im Laufe des Films auch die körperlichen Anzeichen des Verfalls, mal sehen wir den Verband des intravenösen Zugangs, dann berichtet Schamoni uns wieder von Arztbesuchen und niederschmetternden Prognosen, von Schmerzen und von dem, was ihm alles nicht mehr möglich ist.

Trotz der gelegentlichen Einschübe von Filmausschnitten und biographischem Material taugt Abschied von den Fröschen nicht als Einführung in das Leben und Werk Ulrich Schamonis – dazu stehen seine letzten Monate und die während dieser Zeit entstandenen Videotagebücher zu sehr im Vordergrund. Viel eher muss man sich diesen Film als persönliches Dokument, als private Hommage an einen Filmemacher denken, dessen Schaffen in den vergangenen Jahren ein wenig aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit geraten ist.

Es wird Zeit, die Filme Ulrich Schamonis neu zu entdecken und dieser Film sollte eigentlich den Auftakt zu einer Re-Vision, einer Retrospektive des Regisseurs bilden. Genau hierfür, als Ergänzung oder Schlussakkord für eine Werkschau Schamonis, passt Abschied von den Fröschen dann auch hervorragend. Als „stand alone“-Dokumentarfilm hingegen wird er es eher schwer haben.

Abschied von den Fröschen

Idyllisch wirkt das Haus, in das uns dieses filmische Tagebuch des am 9. März 1998 verstorbenen Regisseurs Ulrich Schamoni führt. Wüsste man nicht, dass das Haus in Berlin liegt, würde man an einen kleineren Ort denken, an eine eher ländliche Umgebung, was mit Sicherheit auch daran liegt, dass weite Teile des Films im Garten spielen, wo sich im Teich die Titel gebenden Frösche tummeln.
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