About A Girl

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Mehr Schein als Sein

Tja, so ist das, wenn man eine überdrehte Komödie machen will, mit total schrägen Charakteren und witzigen Dialogen, und noch dazu mit Tiefgang: Man verirrt sich total und findet nicht mehr auf den rechten Pfad. So geht es Mark Monheim, der in About a Girl die fünfzehndreivierteljährige Charleen und ihr Elternhaus und ihre Depression vorstellt: Alles schön lustig zurechtgemacht, mit Coming of Age und Selbstmordversuch, mit bester Freundin und erster Liebe, vor allem aber mit Jasna Fritzi Bauer, die ihre Rolle aus Ein Tick anders wiederaufleben lässt in der von Sarkasmus triefenden, rhetorisch gewandten, gedanklich frühreifen Charleen. Dass das alles auch recht flott inszeniert und in bunten Farben gestaltet ist, dass mit Heike Makatsch als Mama oder mit Simon Schwarz als schluffiger Stiefvater auch noch bekannte Gesichter mitmischen, dürfte dem Film einen gewissen Zuschauererfolg beibringen. Dass der Film aber „gut“ wäre, oder vielleicht auch irgendwie richtig „witzig“, kann man leider nicht sagen. So wie man auch nicht sagen kann, dass sich einer freut, wenn er beim Gekitzeltwerden lacht.
Charleen hat Phantasien von einer Rockband im Himmel mit Hendrix, Cobain, Whinehouse; dass sie es ernst meint mit ihrer Affinität zu toten, ewigjungen Genies, zeigt sich beim etwas dilettantischen Selbstmordversuch mit Fön in der Badewanne. Dass sie es dann doch nicht sooo ernst meinte, muss alsbald klargestellt werden, es geht schließlich um eine Komödie ums Erwachsenwerden. Durch einen dramaturgischen Trick namens Zufallsbegegnung muss Charleen nicht in die Geschlossene, sondern darf, sozusagen auf Bewährung, nach Hause, trotz weiterer Suizidgefahr. Die aber ja ohnehin, das macht Monheim implizit klar, nur spielerisch ist, gespielt, ein Ausrutscher, haha, kann man ja verstehen bei dieser Chaosfamilie. Die Mama ist mit Charleens Biolehrer zusammen, der ziemlich tollpatschig ist und als Stiefvater unerwünscht; der leibliche Papa ist für sie gestorben, die Mama hatte ihn rausgeschmissen. Der Bruder ist angehender Computer-Nerd und nervt, die Oma aber ist lieb. Soweit, so klischeehaft, was das Zeichnen „schräger“ Charaktere angeht. Charleen, die mit dem offiziell beglaubigten Tick, ist natürlich die Normalste dabei.

Ihr Therapeut ist schön unkonventionell, heißt sie auch mal, ihren Ellbogen abzulecken; und langsam merkt sie, dass auch andere, außerhalb der Familie, ihre Probleme haben. Jaja, zum Beispiel Klassenstreber Linus, ebenfalls Patient bei Dr. Frei, und als Figur offenbar stark angelehnt am Computer-Karl-Charakter der unsterblichen TKKG-Bücher…

Monheim grapscht sich halt so zusammen, was ihm in den Sinn kommt, wenn man sich was überlegt zum Thema lustiger Familienkonflikt. Ein bisschen seltsam ist das dann schon, die Mama verdient ihr Geld als Powerseller bei Ebay: Ist es dafür inzwischen nicht ein Jahrzehnt zu spät? Auch ergibt sich nicht wirklich reibungsvoller Konflikt, wenn alle auf derselben Ebene, wenn auch nicht mit denselben Symptomen, gestört sind. Das Ziel von Charleen jedenfalls ist es, nicht erwachsen zu werden; dramaturgisch nicht sehr ergiebig, situationskomisch aber mit Potential zum Ausschlachten, wenn es um die Peinlichkeiten der Erwachsenen geht, die immer wieder lustig dargebracht werden. Dazu dann gefühlige Gitarren-Popsongs, die den Film begleiten, und ein recht überflüssiger Voice-Over-Kommentar: Der Zuschauer wird dann schon erkennen, wann er lachen, wann er mitfühlen soll.

Dieser Mischmasch ergibt aber eben auch, dass alles wahnsinnig an der Oberfläche bleibt; selbst Todessehnsucht und Suizidversuch von Charleen; und auch ihre Verliebtheit in Linus kann man emotional nicht so recht ernst nehmen, weil mitunter auch er für die Gags des Individalgestörtseins rangenommen wird.

Man könnte sich amüsieren bei diesem Film, klar; aber man täte dies dann vor allem deshalb, weil About a Girl sich sehr viel tiefsinniger gibt, als er eigentlich ist. Die Ernüchterung folgt, wenn man merkt, dass man sich unter Niveau unterhalten hat.

About A Girl

Tja, so ist das, wenn man eine überdrehte Komödie machen will, mit total schrägen Charakteren und witzigen Dialogen, und noch dazu mit Tiefgang: Man verirrt sich total und findet nicht mehr auf den rechten Pfad.
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Meinungen

Irina Kienle · 10.08.2015

super Film

@PollySees · 09.07.2015

Charlene (15) hat die Nase voll von Pubertät und den damit einhergehenden Problemen und versucht dem Ganzen mittels einer Badewanne und einem Fön ein Ende zu setzen. Der Versuch schlägt fehl und bringt ihr lediglich eine Halskrause und eine aufgezwungene Therapie ein. Da sie eigentlich nicht vorhatte, das alles hinterher jemandem erklären zu müssen, ist sie vor allem von Letzterem nicht sonderlich begeistert. Hinzu kommt auch noch, dass ausgerechnet der Klassen-Nerd Linus zum selben Therapeuten geht und offensichtlich sehr interessiert ist an ihr und ihrer Geschichte...
Von der Grundthematik hört sich das morbide an und ist es auch. Immer wieder steht das Thema Tot im Raum, sei es durch die toten Tiere, die Charlene fotografiert und in einem Album sammelt, ihre kränkelnde Oma oder natürlich ihrem Selbstmordversuch an sich. Hinzu kommen die verschiedenen Todesfantasien, die sie für Leute hat, die sie nerven, die aber glücklicherweise bei recht jugendfreien Momentaufnahmen bleiben.

Dabei balanciert der Film geschickt zwischen Drama und Komödie, häufig bringt er einen zum Lachen, wenn man eigentlich weinen möchte und anders herum.

Insgesamt zieht sich ein ironischer bis bissiger Humor durch den gesamten Film, der Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen zum Lachen bringt, wenn auch vielleicht aus verschiedenen Gründen.

Die herzliche und wirklich witzig erzählte Liebesgeschichte, die leicht verschrobene Familie, zu der außer Charlene noch ihr kleiner nerviger Bruder, ihre bemühte Mutter (Heike Makatsch), ihr eigentlicher Vater, der vorübergehend in seinem Auto schläft um in ihrer Nähe zu sein, der Stiefvater, der gleichzeitig auch ihr Bio-Lehrer ist, und die Oma zählen, aber auch die Therapiesitzungen à la Good Will Hunting (toll gespielt: Nicolas Frei) ergeben ein rundes Ganzes. Die Sozialarbeiterin, Frau Richter, hätte es nicht unbedingt gebraucht, aber immerhin macht sie den Druck klar, unter dem Charlene und ihre Familie steht, die sie davor bewahren will, über einen längeren Zeitraum in die geschlossene Psychiatrie zu kommen.

Die Thematik der Pubertät wird mit viel Humor und Ironie erzählt und so manch ein Erwachsener erinnert sich sicher zurück, wie verwirrend und aufregend diese Zeit war.

Auch wenn die Geschichte ihren Elan nicht ganz bis zum Ende durchziehen kann und zwischendrin immer wieder mal kleine Passagen auffallen, die vielleicht ein bisschen zu viel wollen und im Versuch philosophisch zu werden leicht ins Gestelzte abrutschen, hat der Publikumsliebling des diesjährigen Emdener Filmfestivals seine mehrfachen Auszeichnungen durchaus verdient.

Denn das ist Jammern auf hohem Niveau und fällt vielleicht auch nur auf, weil der Großteil des Filmes genau diese tieferen Botschaften so hübsch subtil transportiert und vor allem die beiden jugendlichen Hauptdarsteller (Jasna Fritzi Bauer und Sandro Lohmann) meistens sehr überzeugend und natürlich sind.

„A bout a Girl“ ist ein Feel-Good-Movie, in dem sich jeder auch mal mies fühlen darf, und das ist gut so. Um den Film zu zitieren: Das Leben ist eben kein andauernder Kindergeburtstag. Aber wer will schon sein Leben lang Sackhüpfen und Partyhütchen.

Kürzestrezensionen in 140 Zeichen auf Twitter unter @PollySees

@leslie · 14.04.2015

Das ist mal ein seltsamer Glaubenssatz. Gibt es für den auch so etwas wie ein Fundament?

leslie · 14.04.2015

wer eine filmkritik mit \"tja\" beginnt, schreibt jedenfalls unter niveau...

sven · 02.12.2014

ganz, ganz schlimmer film! wie immer, unfähig: heike makatsch. irgendwie drängt sich der eindruck auf, da wollte jemand juno a la germany drehen. ging leider in die hose. der humor klappt vielleicht noch bei 12-jährigen, wobei ich mich frage, ob die sich wirklich mit abgedroschenen gags aus meiner jugendzeit, vor 30 jahren, abspeisen lassen. sinnentleert und dabei nicht mal witzig! was eine verschwendung von geldern!