00 Schneider - Im Wendekreis der Eidechse

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Das Lachen siegt

„Roy Schneider weiß übrigens nicht, dass er von seinen Kollegen 00 genannt wird. Die spielen damit auf einen Film an, den es mal gegeben hat: 00 Schneider – Jagd auf Nihil Baxter. Das ist so ein alberner Film, der aufgrund seiner Figur gedreht wurde. Da reagiert er ziemlich allergisch drauf, denn er ist ja ein echt harter Typ, einer der Härtesten, um genau zu sein. Roy Schneider macht alles mit Handkantenschlägen – wie Eddie Constantine: Eddie krault nur kesse Katzen, das ist das Vorbild von Roy Schneider.“ Sagt Helge Schneider über den Background seiner Kommissarsfigur – der natürlich im Film nie angesprochen wird.
Der neue 00 Schneider-Film hat wenig mit dem alten zu tun; noch weniger natürlich mit den Romanen um den Superkommissar. Im Wendekreis der Eidechse ist keine Fortschreibung, sondern eine Neuerfindung. Und was für eine. Der Kommissar ist unglaublich cool. Lederjacke, Sonnenbrille, Auto, ein Hund. Wenn’s auch nur ein Spitz ist. Da steht er, an den Klippen im spanischen Teil der Stadt, blickt mit zusammengekniffenen Augen in die unendliche Ferne, mit einem Ziel: Coolness auszustrahlen und gut auszusehen.

Und der neue 00 Schneider-Film ist tatsächlich cool und sieht gut aus. Nichts mehr vom ästhetischen Minimalismus, nichts mehr vom gewollt in Kauf genommenen Dilettantismus, den Schneiders vorherige Filme ausstrahlen, die sie extraordinär, individuell, komisch machten. Im Wendekreis der Eidechse wirkt absolut rund, professionell und wohltuend altmodisch, mit Verweisen auf die harten Cop-Thriller der 1970er Jahre, aus USA, aus Frankreich, aus Italien. Und im Polizeirevier, die vielen Großaufnahmen, die hohe Schnittfrequenz, die Bewegungen im Raum, die Blicke auf Details am Rande – scheint hier nicht Dominik Grafs Fahnder-Serie der 1980er durch? Gedreht wurde auf 16 mm, um einen entsprechenden körnigen, haptischen Look zu bekommen.

Die Handlung? Ein Sittenstrolch wird verhaftet, indem sich der Kommissar aufreizend ankleidet. Tante Tyree aus Amerika kommt zu Besuch, mit umgeschnallten Kokosnüssen. Ein Mann stellt einen Koffer im Polizeipräsidium ab. Ein Zahnarzt zieht einen Zahn und hat eine Maske auf, als wäre er Adolf Hitler (ohne Bart). Professor Henry behandelt einen Elefantenmenschen mit Sack überm Kopf. An der spanischen Küste steht ein deutscher Briefkasten. Ein Mann wird zusammengeschlagen von der Polizei, aber es ist nicht so schlimm. Ein anderer auch. Es gibt ein Erdbeben, kurz. Der Kommissar schleppt eine Waschmaschine nach Hause. Er gewinnt auch im Lotto, sitzt aber einem Trickbetrüger auf. Ein Apfel wird gegessen, und ein kleiner Junge überfällt die Bank, weil er als Kind nicht belangt werden kann. Der Staubsaugervertreter muss draußen bleiben. In Frankreich ist Jean-Claude Pillemann, genannt „die Eidechse“, aus dem Gefängnis geflohen und kommt in Mülheim an. Dort überfällt er ein Kiosk und stiehlt ein Huhn. Der Kommissar ermittelt mit aller Macht.

Wobei die Ermittlungen überhaupt nicht interessant sind, wie dem Film ohnehin jede Spannung entzogen ist. Der Raum wird zerstückelt, die Fahrt zur Arbeit führt an Almeria vorbei; die Zeit ist gedehnt, jeder handelt mit größtmöglicher, aufreizender Langsamkeit. Es agieren Laien, ausgewählt aus Helge Schneiders Umfeld – den Polizei-Chief spielt sein Lieblings-Pizzabäcker. Jede Logik bleibt auf der Strecke, es geht gegen die Konvention des Filmemachens, gegen die filmspezifischen Mittel, die wir gewohnt sind. Es siegt: Das Lachen.

00 Schneider - Im Wendekreis der Eidechse

Roy Schneider weiß übrigens nicht, dass er von seinen Kollegen 00 genannt wird. Die spielen damit auf einen Film an, den es mal gegeben hat: „00 Schneider – Jagd auf Nihil Baxter“. Das ist so ein alberner Film, der aufgrund seiner Figur gedreht wurde.
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