The Salesman (2016)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Die Bühnen des brüchigen Daseins

Nach einem Zwischenspiel in Frankreich mit seinem letzten Film Le Passé — Das Vergangene, der im Jahre 2013 ebenfalls an der Croisette gezeigt wurde, kehrt der iranische Filmemacher Asghar Farhadi (Elly…, Nader und Simin — Eine Trennung) mit seinem neuen Werk The Salesman zurück in seine Heimat. Sein Film erzählt erneut eine Geschichte über verletzten Stolz und Schuld, die die Bruchlinien und gesellschaftlichen Verwerfungen im Iran der Gegenwart deutlich werden lassen.

Es beginnt mit einem nächtlichen Weckruf: Weil vor dem Wohnhaus emsig gebaut wird, droht das Gebäude nun einzustürzen. Deutlich ist ein Knacken zu vernehmen, die plötzlich auftretenden deutlich sichtbaren Risse lassen vermuten, dass die Statik ernsthaft in Mitleidenschaft gezogen wurde und das Haus jederzeit kollabieren kann — zumal auch die Gasleitungen in Mitleidenschaft gezogen wurden. Mittendrin in diesem nächtlichen Chaos: Der Lehrer Emad (Shahab Hosseini) und dessen Frau Rana (Taraneh Alidoosti), die sich nun ebenfalls eilig in Sicherheit bringen müssen, wobei der Mann noch unter größter Gefahr dabei hilft, einen behinderten Nachbarssohn in Sicherheit zu bringen. Und so stehen sie also nun plötzlich und unvermutet auf der Straße — ohne Obdach und unvermutet heimatlos geworden. Zum Glück weiß ein Bekannter Rat, mit dem die beiden gerade das Theaterstück The Salesman (Tod eines Handlungsreisenden) von Arthur Miller einüben. Die neue Wohnung, in die sie nun übergangsweise ziehen, ist einigermaßen bezahlbar und hat nur einen kleinen Nachteil: Die Vormieterin, eine Frau mit zweifelhaftem Ruf, hat in einem Zimmer ihre Habseligkeiten zurückgelassen und weigert sich, diese abzuholen, da sie noch darauf warten muss, dass ihr neues Zuhause bezugsfertig wird. Leider erweist sich diese Dame, der die Nachbarn häufigen (und häufig wechselnden) Herrenbesuch nachsagen, als wenig kooperativ, so dass Emad und Rana eines Tages beschließen, die Habseligkeiten einfach auf dem Hof zu lagern. Dann passiert eines Tages das Unglück: In der festen Meinung, dass Emad nachhause kehrt, öffnet Rana nach dem Klingeln die Wohnungstür und geht ins Bad, um eine Dusche zu nehmen. Doch derjenige, der da um Einlass begehrt, ist nicht ihr Ehemann, sondern ein Bekannter (oder wohl eher ein Kunde) der Vormieterin, der Rana im Bad bedrängt, bis er schließlich seinen Irrtum bemerkt und flieht. Zwar kam es bei dem Vorfall nicht zum Schlimmsten, doch Rana fühlt sich nun nicht mehr wohl in ihrer Haut. Und Emad setzt alles daran, den Eindringling dingfest zu machen, wobei ihm die Tatsache hilft, dass der seine Autoschlüssel im Eifer des Gefechts verloren hat. Emad sinnt auf Rache und überschreitet dabei einige Grenzen…

Asghar Farhadis neuer Film The Salesman erinnert aufgrund der Paarkonstellation und der dramatischen Verwicklungen, die diese Konstellation langsam zum Kippen bringen lassen, an Nader und Simin — Eine Trennung, ohne jedoch zur Gänze dessen überragende Qualität zu erreichen. Die eröffnende Theaterszene setzt gewissermaßen das spätere Setting, in dem die alte Wohnung des Ehepaares und die neue (symbolisierend für das Leben vor und nach dem einschneidenden Vorfall) zu Bühnen werden, in denen Fragen von Schuld und Vergebung, Rache und auch von sozialen Unterschieden verhandelt werden.

Typisch für Farhadi sind dabei die Blickwinkel, die häufig Fenster und Türen als Durchblicke verwenden und so den Blick nach draußen (auf die Gesellschaft) und drinnen (auf die Paarbeziehung) verdeutlichen. Ähnlich wie in Nader und Simin — Eine Trennung konstruiert die Geschichte eine Abfolge von Ereignissen, die die handelnden Personen in Widersprüche und Entscheidungen bringen, deren Folgen sie nicht absehen können. Wie stets bei Farhadi ist dies exzellent gespielt und clever inszeniert, doch so ganz wird man das Gefühl nicht los, dass der Film zu nah dran ist am Berlinale-Sieger des Jahres 2011. Dennoch zeigt der Film erneut, welchen ganz eigenen Erzählstil der Regisseur dem iranischen Kino hinzugefügt hat.

The Salesman (2016)

Nach einem Zwischenspiel in Frankreich mit seinem letzten Film „Le Passé — Das Vergangene“, der im Jahre 2013 ebenfalls an der Croisette gezeigt wurde, kehrt der iranische Filmemacher Asghar Farhadi („About Ellie“, „Nader und Simin — Eine Trennung“) mit seinem neuen Werk „The Salesman“ zurück in seine Heimat. Sein Film erzählt erneut eine Geschichte über verletzten Stolz und Schuld, die die Bruchlinien und gesellschaftlichen Verwerfungen im Iran der Gegenwart deutlich werden lassen.

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Meinungen

Sina · 09.02.2017

Der Film war einfach fantastisch. Es sind so viele Themen und Perspektiven, um die man sich Gedanken machen kann. Ich habe den Film schon 2 mal gesehen und würde sogar ein drittes und viertes Mal sehen. Ich empfehle den Film an Mann und Frau zugleich :-)

Anahita · 02.02.2017

Fantastisch Movie !!!