The Raid 2 (2014)

Eine Filmkritik von Björn Helbig

Mehr Fights, mehr Blut, mehr Geschichte

The Raid, der knallharte Actioner des Walisers Gareth Evans, ist pure Bewegungsenergie, ein irrer Gewalttrip und ein Meilenstein des modernen Martial-Arts-Films. Wie steht es mit dem zweiten Teil? Der überbietet den Vorgänger in fast jeder Hinsicht: Mehr Fights, mehr Blut, mehr Stilwille – aber auch mehr Geschichte. Spielte der erste noch überwiegend in einem Hochhaus, in dem Polizisten und Gangster sich massiv gegenseitig ins Nirwana prügelten, versucht sich Evans nun an einem Gangster-Epos deutlich größerer Dimension.

Diesmal wird der kampferfahrene Cop Rama (Iko Uwais) als Undercover-Agent eingesetzt. Im Gefängnis soll er sich mit Uco (Arifin Putra), dem Sohn des mächtigen Gangsters Bangun (Tio Pakusodewo) anfreunden, um nach der Haftstrafe Banguns Verbrecherorganisation infiltrieren zu können. Doch auch außerhalb der Gefängnismauern tobt ein erbitterter Kampf zwischen den Gangstern, und Rama muss nicht nur fürchten, dass seine Tarnung auffliegt, sondern auch, dass er im Krieg der Kartelle aufgerieben wird.

Die Geschichte von The Raid 2 erinnert ein wenig an Hoon-jung Parks New World, Andrew Laus Internal Affairs und sogar Referenzen an Der Pate lassen sich erkennen. Doch letzten Endes wirkt er wie keiner der genannten. Das liegt zum einen daran, dass er trotz ambitionierter Story immer noch ein Film ist, in dem der Kampf eine besondere, ja, die zentrale Stellung einnimmt. In entscheidenden Situationen ist es immer die körperliche Auseinandersetzung, die den Fortgang der Ereignisse bestimmt.

Aber es ist noch etwas anderes, das ihn von genannten Filmen und ein Stück weit sogar von seinem Vorgänger abhebt: Deutlicher als zuvor entfernt sich Evans vom Mainstream des Martial-Arts- und Gangsterfilm-Genres und nähert sich – mal zögerlich, mal offensichtlich – dem Kunstkino an, in dem andere Regeln gelten. Die ausufernde Geschichte scheint manchmal den Fokus zu verlieren, immer wieder schweift die Erzählung ab, nimmt Nebenhandlungen und –figuren ins Blickfeld, nur um danach wieder zu etwas ganz anderem zu kommen. Manche Figuren sind äußerst plastisch, mehrdimensional und psychologisch ausgefeilt, andere wirken einem Bilderbuch entsprungen, sind pures comic relief. Die Kampfszenen erinnern noch an die aus dem ersten Teil, viele sind hart, präzise und zweckdienlich. Doch in den Fights schwingt dieses Mal oft mehr mit, sie werden zur Metapher, die etwas über sich selbst erzählen. Beispielhaft sei hier die Massenschlägerei auf dem Gefängnishof genannt, bei der alle Kämpfer schlammverschmiert und somit nicht nur ihrer Freiheit, sondern auch ihrer Individualität beraubt aufeinander einprügeln – bis sie sich irgendwann zum völlig besudelten Kollektiv vermengen. Während anderer Kämpfe scheint der Film sich aus der Realität zu lösen, dann verschwinden auf einmal alle unbeteiligten Menschen spurlos und es sind nur noch die Kontrahenten im Bild. Mehr noch als der Vorgänger wird der zweite Teil so zu einer Reflexion über das Wesen des Kämpfens. Diese Art der Inszenierung, die der Auseinandersetzung zwischen Menschen durch gestalterische Mittel verschiedene Bedeutungsebenen abringt ist durchaus reizvoll.

Dem interessanten künstlerischen Konzept zum Trotz: Die Wucht des ersten Teils erreicht Evans auf diesem Weg nicht. Beim ersten war es gerade die ökonomische Erzählweise und das klaustrophobische Szenario, die ihn charakterisierten. Der zweite setzt an diese Stelle zwar ein wesentlich komplexeres Sujet sowie ein elaborierteres künstlerisches Konzept, kann aus diesem Grund aber den Druck und die Dringlichkeit des ersten Teils nicht aufrechterhalten. Ebenfalls einen zwiespältigen Eindruck hinterlässt der Humor der Fortsetzung. War in The Raid Gewalt eine ernste, äußerst schmerzhafte und schonungslose Angelegenheit, erkennt man nun eine deutliche Zunahme ihrer Ästhetisierung. Diesmal darf und soll der Zuschauer lachen, wenn ein Hammer einen Kiefer zertrümmert. Das wird nicht jedem gefallen – den Jugendschützern schon gar nicht.
 

The Raid 2 (2014)

„The Raid“, der knallharte Actioner des Walisers Gareth Evans, ist pure Bewegungsenergie, ein irrer Gewalttrip und ein Meilenstein des modernen Martial-Arts-Films. Wie steht es mit dem zweiten Teil? Der überbietet den Vorgänger in fast jeder Hinsicht: Mehr Fights, mehr Blut, mehr Stilwille – aber auch mehr Geschichte.

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