The Headless Woman

Eine Filmkritik von Red.

Filmkunst zwischen offensichtlicher Begabung und schlichter Langeweile

Nach Promi-Schaulaufen und Indiana Jones-Hysterie ist Cannes natürlich auch ein Hort der hehren Filmkunst – mit Betonung auf Kunst. Daran wurde die versammelte Pressemeute am achten Tag des Festivals erinnert. Für manchen eine harte Probe, denn das Partyleben und der unstete Rhythmus eines Festivals von der Partyintensität hinterlässt bei mancher Edelfeder erste Spuren des Verschleißes und der Zerrüttung – so viele Filme gesehen und immer noch ist es eines der großen Mysterien, welcher Film am Samstag die Goldene Palme in Empfang nehmen wird. Glaubt man dem Tenor der Presse, so wird Lucrecia Martels Film La Mujer sin Cabeza auf jeden Fall nicht zu den Kandidaten gehören.
Die argentinische Regisseurin, deren Film Der Morast / La Ciénaga vor einigen Jahren am Wettbewerb der Berlinale teilnahm, erzählt in ihrem neuen Werk die Geschichte einer Frau, deren Leben durch einen Unfall vollkommen aus dem Tritt gerät. Veronica (Inés Efrón) überfährt eines Tages ein Lebewesen und flüchtet nach dem Unfall, so dass sie keine Ahnung hat, ob es ein Mensch oder ein Tier war, das sie tötete. Veronica erleidet durch den Schock eine Amnesie und erlebt, wie sich in Folge des Ereignisses all ihre sicher geglaubten Bindungen verflüchtigen. Als sie sich endlich ihrem Ehemann anvertraut, suchen die beiden eines Nachts die Straße auf, auf der das Unglück geschah und finden dort den Leichnam eines Hundes. Ist damit das Rätsel gelöst? Zunächst scheint alles wieder seinen gewohnten Gang zu gehen…

Wolfgang Höbel zeigt sich bei Spiegel Online wenig angetan von dem Film: „Ungeheuer gravitätisch, in sicher mühsam ertüftelten Endlos-Einstellungen breitet Martel diese Alltagsstory aus, ohne selber je Stellung zu beziehen, was man sehr schlau hingezirkelt finden kann, aber auch zum Schnarchen leblos und schrecklich ermüdend.“ Auf der Website von Arte zeigt sich Nana A.T. Rebhan ebenfalls ernüchtert: „La Mujer sin Cabeza plätschert vor sich hin, und irgendwann ist er einfach zu Ende.“ Ihr Fazit: ein „harmloser Film“.

Sichtlich verwirrt ließ der Film Glenn Kenny zurück, der in seinem Blog „Some came running“ schreibt, dass er verunsichert sei, ob er sich dem Urteil eines Freundes anschließen solle, der meinte, der Film sei schlichtweg „langweilig“. Kenny verweist auf die kluge Einbindung und Analyse von Klassenunterschieden und schließt damit, dass er den Film noch einmal sehen müsse, um ihn wirklich beurteilen zu können. Lee Marshall von Screen International unterstreicht die offensichtliche Begabung der Regisseurin, wenngleich auch er an der Geschichte nur wenig Gutes finden kann: „Wenn es einen Preis gäbe für die Diskrepanz zwischen der Qualität eines Regisseurs und der eines Films, hätte La Mujer sin Cabeza diesen verdient.“ Und weiter heißt es dort, dass die zahlreichen Buhrufe und aus der Vorstellung strömenden Journalisten beschämend seien, denn der Filme beweise, dass „Martel eine der originellsten Regisseurinnen ist, die wir haben.“ Unter dem Strich aber sieht Lee Marshall wenig Chancen auf eine erfolgreiche kommerzielle Auswertung in den Kinos.

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Nach Promi-Schaulaufen und Indiana Jones-Hysterie ist Cannes natürlich auch ein Hort der hehren Filmkunst – mit Betonung auf Kunst. Daran wurde die versammelte Pressemeute am achten Tag des Festivals erinnert.
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