Starry Eyes

Eine Filmkritik von Martin Beck

Augen auf bei der Berufswahl

Wer bislang noch Zweifel hatte, bekommt mit Starry Eyes absolute Gewissheit: Hollywood ist böse und frisst Träume zum Frühstück. Entweder muss man menschliche Verfehlungen, wie zum Beispiel Neid, Missgunst oder Ausbeutung ertragen, oder aber gleich seine Seele an den Teufel verkaufen – sofern es denn irgendwann doch mal klappen soll, das mit der großen Chance. In jedem Produzenten scheint ein Mephisto zu wohnen, der nicht einmal einen ordentlichen Pakt anbietet: Die drastischen Konsequenzen kommen hier vor, nicht nach den scheinbaren Annehmlichkeiten.
Schwere Zeiten also für Sarah (Alex Essoe), die Protagonistin von Starry Eyes, die unbedingt Schauspielerin werden möchte und einfach keinen Fuß in die Tür bekommt – bis ihr auf einmal die Hauptrolle in einem Horrorfilm namens Silver Scream angeboten wird. Der Haken dabei: Der Produzent des Films erwartet sexuelle Gegenleistungen…und die Rolle erfordert eine physische Transformation, die wesentlich mehr mit „body horror“ zu tun hat als der Frau lieb sein kann. Erfolg um jeden Preis, selbst wenn man sich dafür total aufgeben muss.

Starry Eyes krankt ein wenig an seinem Mantra, das schon fast ein eigenes Klischees ist und aktuell ja auch bei David Cronenbergs Maps to the Stars thematisiert wird. Hollywood ist Babylon, Produzenten sind diabolische Schweine und der Horror vor der Kamera geht hinter ihr gleich weiter. So richtig neu ist das alles leider nicht, auch wenn das Regie- und Drehbuch-Duo Kevin Kolsch und Dennis Widmyer angenehm konsequent bleibt, was die Umsetzung der Prämisse angeht. Ein Schelm, wer hier vermutet, dass die beiden selbst den Frust von Tinseltown erlebt haben und sich nun, ein Baustein ihrer langjährigen Gruppentherapie, die Rückschläge von der verbitterten Seele schreiben.

Der Zugang zu Starry Eyes ist zunächst nicht ganz einfach, auch weil es lange Zeit vor allem darum geht, den deprimierenden bis langweiligen Alltag der Protagonistin zu schildern. Die Frau arbeitet in einem schmierigen Diner, hat planlose Freunde und erhält nur Absagen. Die gedachte Satire auf Hollywood kämpft mit einer gewissen Ereignislosigkeit, nur um ab dem Rollenangebot dann das Genre Richtung Okkult-Horror und schließlich Splatterfilm zu wechseln. Langsam nehmen die dunklen Farbtöne zu, der synthielastige Retro-Score von Jonathan Snipes gemahnt unter anderem an Tenebrae und dazu passend tritt immer mehr Blut aus. Auch wenn die Basis des Films Klischees sind, zumindest bekommen sie Daumenschrauben angelegt und dürfen laut schreien.

Was bei Irreversible ein Feuerlöscher war, ist hier eine Hantel. Und was bei vielen ähnlichen Filmen eine schwierige, weil zu sehr Adjektiven wie karrieregeil, zynisch oder dumm verbundene Hauptrolle ist, ist hier Alex Essoe – die eine großartige Vorstellung abliefert und mit vollem Einsatz eine spektakuläre Wandlung durchmacht. Von frustriert über manisch bis zu „body horror“: Die wahrscheinlich anvisierte Meta-Ebene einer weitgehend unbekannten Schauspielerin dürfte sich mit diesem Film erledigt haben. Sarah bleibt vor allem deswegen dem Publikum nahe, weil sie authentisch und ungemein direkt wirkt.

Und damit einen der besten Gründe liefert, warum Starry Eyes doch zu einem Erfolg wird. Der Anlass des Films mag bereits abgewirtschaftet sein, doch die unbedingte Energie, mit der hier der Horroraspekt der Ausgangsidee einen Tacken weiter als eigentlich zu erwarten durchgezogen wird, kann auf jeden Fall fesseln. Dass das Publikum des Fantasy Filmfestes (speziell in Berlin) eher reserviert reagierte, darf gerne auch als Anreiz verstanden werden.

Starry Eyes

Wer bislang noch Zweifel hatte, bekommt mit „Starry Eyes“ absolute Gewissheit: Hollywood ist böse und frisst Träume zum Frühstück. Entweder muss man menschliche Verfehlungen, wie zum Beispiel Neid, Missgunst oder Ausbeutung ertragen, oder aber gleich seine Seele an den Teufel verkaufen – sofern es denn irgendwann doch mal klappen soll, das mit der großen Chance.
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