Spielverderber

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Die "Pfeifen der Nation"

Ohne sie könnte kein offizielles Fußballspiel stattfinden, müssten all die Profi- und Amateurkicker rund um den Globus den Spielbetrieb mit sofortiger Wirkung einstellen, hätten die Fans keinen Grund mehr, scharenweise ins Stadion zu gehen. Sie trotzen Wind und Wetter, sorgen für einen regulären Verlauf des Spiels und brauchen neben genauer Kenntnis der Regeln, einer guten Kondition, scharfem Auge und viel Fingerspitzengefühl vor allem eines – eine ziemlich dicke Haut. „Wer den Schiedsrichter beschimpft oder beleidigt, muss mit der Verweisung vom Sportplatz rechnen“, heißt es auf einem Schild, das im Kabinengang eines Fußballplatzes hängt. Es gehört nicht allzu viel Phantasie dazu sich vorzustellen, dass genau das auf deutschen Fußballplätzen an jedem Wochenende mehrmals vorkommen dürfte.
80.000 dieser Spielverderber gibt es allein in Deutschland. Und man fragt sich schon gelegentlich, was Menschen eigentlich dazu bringt, sich all dem Spott, der Verachtung oder gar dem Hass auszusetzen, der ihnen entgegenschlägt. In Spielverderber versuchen die beiden Filmemacher Georg Nonnenmacher und Henning Drechsler dem Geheimnis von so viel Masochismus auf den Grund zu gehen, indem sie drei Schiedsrichter begleiten. Der bekannteste von ihnen ist der aus der Eifel stammende Herbert Fandel, der seit 1996 mehr als 200 Spiele der Ersten Bundesliga gepfiffen hat und der sich auch auf dem internationalen Parkett bewegt, der WM- und EM-Spiele ebenso leitet wie das Finale der Champions League 2007 zwischen dem FC Liverpool und dem AC Mailand. Was kaum jemand weiß: Fandel, der selbst im Zivilleben ein schwarzes Polohemd trägt, mit dem er jederzeit auf den Platz stürmen und die Karte zücken könnte, ist eigentlich Konzertpianist und gab seine Karriere auf den Konzertbühnen zugunsten des Schiedsrichterdaseins auf. Wobei er auch als Unparteiischer auf die Erfahrungen zurückgreifen kann, die er als Pianist gemacht hat: Der Umgang mit dem Lampenfieber vor großen Auftritten etwa ist durchaus etwas, das man auch in den großen Stadien der Welt brauchen kann.

Neben Fandel, der gerade in diesen Tagen offiziell seine Tätigkeit als Schiri beendet hat, widmet sich Spielverderber auch dem aus Essen stammenden gebürtige Schweizer Oreste Steiner, der seit 50 Jahren als Schiedsrichter arbeitet, und dem 14-jährigen, immer etwas schüchtern wirkenden Kevin Prösdorf, der gerade erst am Anfang seiner Laufbahn als Unparteiischer steht und auf seine Schiedsrichterprüfung büffelt. Abseits der großen Stadien pfeifen sie auf den Hartplätzen und den unzähligen kleinen Fußballfeldern Deutschlands und erfahren dabei immer wieder, dass es gerade in den unteren Ligen mitunter wesentlich härter zugeht als bei den Profis.

Wenn man es sich recht überlegt, war ein Film über Schiedsrichter sowieso längst überfällig. Vielleicht schafft der Film ja das, was alle Schilder und alle Bemühungen seitens der Verbände und Vereine bislang nicht vermocht haben – Respekt und Achtung vor jenen Männern zu schaffen, ohne die es kein Fußballspiel gäbe. Trotz mancher Längen fasziniert Spielverderber durch seine ungewöhnlichen Einblicke in das Innenleben seiner drei Protagonisten und durch manche neue Perspektive auf das Spiel der Spiele.

Spielverderber

Ohne sie könnte kein offizielles Fußballspiel stattfinden, müssten all die Profi- und Amateurkicker rund um den Globus den Spielbetrieb mit sofortiger Wirkung einstellen, hätten die Fans keinen Grund mehr, scharenweise ins Stadion zu gehen. Sie trotzen Wind und Wetter, sorgen für einen regulären Verlauf des Spiels und brauchen neben genauer Kenntnis der Regeln, einer guten Kondition, scharfem Auge und viel Fingerspitzengefühl vor allem eines – eine ziemlich dicke Haut.
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