Rosen für den Staatsanwalt

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Donnerstag, 5. Oktober 2006, ARTE, 20:40 Uhr

Deutschland im Jahr 1945: Kurz vor Kriegsende wird der Soldat Rudi Kleimschmidt (Walter Giller) vom zuständigen Kriegsgerichtsrat Dr. Wilhelm Schramm (Martin Held) zum Tode verurteilt. Kleinschmidts Vergehen: Er soll zwei Dosen SCHO-KA-KOLA geklaut haben, worauf nach Meinung Schramms nur die Höchststrafe stehen kann. Dem anschließenden Vollzug des Todesurteils kann Kleinschmidt nur entgehen, weil ein Fliegerangriff ihm die Flucht ermöglicht.

Rund zehn Jahre später hat Kleinschmidt es nicht weit gebracht, das Wirtschaftswunder ist an ihm beinahe spurlos vorbeigegangen und er hält sich mit dem Verkauf von Trickspielkarten mehr schlecht als recht über Wasser. Als es ihn in eine beschauliche Kleinstadt irgendwo in der Provinz verschlägt, begegnet er unversehens Dr. Schramm wieder, der es in der Zwischenzeit zum Oberstaatsanwalt gebracht hat. Der Ex-Nazi gibt sich durch und durch demokratisch, doch unter der gutbürgerlichen Fassade von Wohlanständigkeit und Rechtschaffenheit schlummert immer noch das gleiche stockkonservative und nationalistische Gedankengut. Mit allen Mitteln versucht Schramm nun, Kleinschmidt aus der Stadt vertreiben lassen, weil er befürchtet, dass jener Ärger machen und seine politische Vergangenheit auffliegen lassen könnte. Kleinschmidts Spielkarten werden beschlagnahmt und seine Arbeitserlaubnis wird eingezogen – fast scheint es so, als sitze der mächtige Oberstaatsanwalt am längeren Hebel Doch dann kommt Kleinschmidt die rettende Idee, wie er sich für Schramms Urteil rächen kann…

Intelligent, treffsicher und kritisch setzt sich Regisseur Wolfgang Staudte (Der Untertan) in Rosen für den Staatsanwalt mit der Entnazifizierung und den ungebrochenen Karrieren auseinander, die zahlreiche Juristen, Ärzte, Lehrer und andere Stützten der Gesellschaft nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs machten. Seine hellsichtige Diagnose, dass in vielen Bereichen der damals noch jungen Bundesrepublik nach wie vor verdiente Nazi-Anhänger und Mitläufer sitzen, erwies sich mit der Zeit leider als zutreffend und wurde teilweise noch von der Wirklichkeit locker überholt, wie etwa im Falle eines baden-württembergischen Ministerpräsidenten, der erst in der Siebziger Jahren seinen Hut nehmen musste.

Rosen für den Staatsanwalt ist ein Glücksfall für das deutsche Kino der Nachkriegszeit, einer von nur ganz wenigen Filmen, die ebenso unterhalten wie sie aufklären und klar politisch Stellung beziehen – in den Hochzeiten des Heimatfilms eine absolute Ausnahme.
 

Rosen für den Staatsanwalt

Deutschland im Jahr 1945: Kurz vor Kriegsende wird der Soldat Rudi Kleimschmidt (Walter Giller) vom zuständigen Kriegsgerichtsrat Dr. Wilhelm Schramm (Martin Held) zum Tode verurteilt.

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