Project-M - Das Ende der Menschheit

Eine Filmkritik von Thorsten Hanisch

Toll gemacht und lieb gemeint

Das Science-Fiction-Genre ist in den letzten Jahren leider vorrangig dem reinen Eskapismus geopfert worden, was ein wenig schade ist, denn gerade hier ist soviel mehr möglich, wie vor allem zahlreiche Filme aus den 1970er-Jahren (zum Beispiel: Expedition in die Zukunft, Flucht ins 23. Jahrhundert, 2001: Odyssee im Weltraum) immer wieder aufs Neue bewiesen haben. Ob Technikträumereien, die Vertiefung existenzphilosophische Fragen oder auch einfach nur das Malen fieberhafter Visionen – gute Science Fiction transzendiert im Optimalfall das eigene Genre, schaut über den Tellerrand hinaus, erweitert den Horizont.
An diese Tradition versucht die kanadische Independent-Produktion Project-M anzuknüpfen, die hierzulande den etwas obskuren Zusatztitel Das Ende der Menschheit — eigentlich vermittelt der Film eher das Gegenteil — bekommen hat.

Wir befinden uns in naher Zukunft: Quebec ist mittlerweile unabhängig von Kanada und, dank großem Wasservorrat, zur reichen Nation aufgestiegen. Doch jeder Vorrat geht einmal zu Ende und so werden vier Astronauten ausgewählt um im All auf Europa, einem der Monde des Jupiters, neue Wasser-Vorkommen zu erschließen. Das ist aber nicht ganz so einfach, schließlich müssen sich die vier für drei Jahre von allem lieb gewonnenen auf der Erde verabschieden und auf recht engem Raum hausen (wie der Film so schön erläutert: Wenn jemand auf der Erde Luft schnappen will, geht man nach draußen, im All geht das nicht.) — dafür winkt bei erfolgreichem Abschluss natürlich ewiger Ruhm.

Die Mission läuft auch 900 Tage lang — abgesehen von kleineren Reibereien — durchaus zur Zufriedenheit aller. Doch plötzlich empfangen die vier Entdecker Bilder von der Erde: Offenbar wurden auf der ganzen Welt Nuklearbomben gezündet. Die Verbindung bricht ab und die Ungewissheit und Verunsicherung wird immer größer, zumal die Vorräte zur Neige gehen.

Was an Project-M erstmal auffällt und vielleicht auch etwas abschreckend wirkt, sind die aalglatten, digitalen Bilder, die TV-Atmosphäre versprühen und in der Tat, vor allem in der zweiten Hälfte, wähnt man sich dann auch ein bisschen in einer Reality-Show. Das ist aber in diesem Fall nichts Schlechtes, denn Regisseur Eric Piccoli ging es vor allem um Realismus, um einen Science-Fiction-Film, der in jeder Minute glaubwürdig wirkt. Dass sich das Ergebnis etwas nach „Live-Übertragung“ anfühlt, ist da zumeist nur zuträglich, denn Project-M baut so, in Kombination mit den absolut überzeugenden (hierzulande völlig unbekannten) Schauspielern, eine Unmittelbarkeit auf, die einen schnell vergessen lässt, dass sich das ganze Geschehen größtenteils eigentlich nur in einer handvoll toll gebauter Settings abspielt und man wider Erwarten auch nur recht wenige, allerdings absolut herausragend umgesetzte Effektszenen (es ist unfassbar, dass der Film gerade mal schlappe $ 260.000 gekostet haben soll – eat this, Hollywood!) sieht.

Das Herzstück ist ganz klar das Drehbuch, und das ist gut durchdacht, allerdings auch lange nicht so raffiniert, wie es gerne wäre. Anfänglich werden die vier Figuren in Form von Fernsehinterviews eingeführt, man erfährt, dass natürlich alle die tollsten der Tollsten sind. Im All wird diese mediale Inszenierung der Figuren dann aufgebrochen. Problematisch ist allerdings, dass die Exposition etwas zu viel Zeit wegnimmt und sich die anschließende Figurenvertiefung mittels Rückblenden etwas arg gedrängt und damit auch oberflächlich und zudem wenig originell anfühlt: So schleppt jede Figur genau eine Altlast herum (dank Karriere vernachlässigter Sohn, verdrängte Schuld am Unglücksfall etc.).

Das ist für einen Film, der sich sehr auf seine Charaktere verlässt, etwas dürftig. Die, wie erwähnt, hervorragenden Schauspieler fangen dieses Manko aber halbwegs wieder auf.

Ebenso schlicht wie die Charakterzeichnungen mutet auch das Ende des Films an: Allerdings kann man dem finalen Appell zur Völkerverständigung und dem generellen Plädoyer für einen Glauben an die, manchmal doch recht komplizierte, Menschheit trotz des holprigen Vorbaus nicht wirklich böse sein. Es wirkt ehrlich gemeint, auch weil man sich manipulative Inszenierungstechniken à la Hollywood weitgehend spart.

Vielleicht sollte sich Piccoli das nächste Mal aber trotzdem nicht ganz so viel vornehmen — ein absolut beeindruckender Handwerker ist der Mann allemal, jetzt fällt nur noch der Feinschliff.

Project-M - Das Ende der Menschheit

Das Science-Fiction-Genre ist in den letzten Jahren leider vorrangig dem reinen Eskapismus geopfert worden, was ein wenig schade ist, denn gerade hier ist soviel mehr möglich, wie vor allem zahlreiche Filme aus den 1970er-Jahren (zum Beispiel: „Expedition in die Zukunft“, „Flucht ins 23. Jahrhundert“, „2001: Odyssee im Weltraum“) immer wieder aufs Neue bewiesen haben. Ob Technikträumereien, die Vertiefung existenzphilosophische Fragen oder auch einfach nur das Malen fieberhafter Visionen – gute Science Fiction transzendiert im Optimalfall das eigene Genre, schaut über den Tellerrand hinaus, erweitert den Horizont.
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