Police, Adjective

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Ein Anti-Krimi

Der Begriff „Politist“ (rumänisch für „Polizist“)kann auch als Adjektiv verwendet werden, dann bezeichnet er eine Gattung und meint das Krimi-Genre – wie das spanische policial oder das französische policier. Als Polizist Cristi (Dragos Bucur) bei seinem Vorgesetzten Anghelache (Vlad Ivanov) im Büro sitzt und das Lexikon nach Termini wie „Polizei“ und „Moral“ durchblättert, muss er sich einmal mehr fragen, ob er den richtigen Beruf gewählt hat. In politist wird ein Fall durch einen geschickten Ermittler gelöst, doch genau dagegen – gegen die Überführung des Täters – weigert sich Cristi. Seit Tagen recherchiert er in einem Fall, in dem ein Jugendlicher wegen der Weitergabe von Haschisch angeklagt werden soll. Der Junge, Victor (Radu Costin), hat damit gegen das Gesetz des Landes verstoßen, doch Cristi ist sich sicher, dass man das Gesetz ohnehin bald liberalisieren würde. Und er lehnt es ab, Victor – wegen „nichts“, wie er immer wieder betont – das junge Leben zu zerstören.
Police, Adjective von Corneliu Porumboiu erzählt einen Anti-Krimi. Hier geht es nicht darum, den Täter zu entlarven und ein Verbrechen aufzudecken. Cristi versucht vielmehr, die Unschuld des Jungen nachzuweisen und darüber hinaus Begriffe wie „Recht“, „Gesetz“ und „Gewissen“ zu definieren. Während Porumboius Spielfilmdebüt, 12:08 East of Bucharest (Rumänien 2006), sich mit der jüngsten Geschichte des Landes auseinandersetzt, präsentiert sein neuer Film eine Geschichte über Idealismus und Systemzwänge – unabhängig vom rumänischen Fallbeispiel.

Darüber hinaus ist Police, Adjective ebenso ein Film über Sprache und Semantik. Dies wird nicht nur in der Schlüsselszene am Ende deutlich, als Cristi von Anghelache dazu gezwungen wird, bestimmte Bedeutungen zu akzeptieren und andere abzulehnen, wenn er weiterhin als Polizist arbeiten will. Besonders schön zeigen dies auch die Szenen, in der er mit seiner Freundin über die Arbeit der Rumänischen Akademie, die Änderungen der letzten Rechtschreibreform und den Text eines Schlagersongs diskutiert: „Was wäre das Meer ohne die Sonne, was das Feld ohne die Blume?“ Es sind diese Szenen, in denen der Humor des Films steckt. Police, Adjective ist damit nicht nur das ernsthafte Portrait eines Idealisten.

Der Film folgt fast ausschließlich der Erlebensperspektive seines Protagonisten. Und dies ist auch, was ihn häufig als langsam und langatmig erscheinen lässt. Police, Adjective fühlt sich in den Alltag von Cristi ein, der vor allem von Beobachten und Warten geprägt ist. Besonders quälend ist die Szene im Büro des Polizeichefs, die an die langen Einstellungen aus 12:08 East of Bucharest erinnert, welche die Fernsehshow zeigen, und die einen mit den Figuren mitleiden lässt. Hier spielt Porumboiu mit einer ganz besonderen Art der Spannung, die letztendlich auch den Film trägt.

Corneliu Porumboiu gehört zu den Vertretern der „Neuen Rumänischen Welle“, die seit einigen Jahren vor allem auf Filmfestivals wie Cannes und Venedig für Schlagzeilen sorgt: Mindestens ein Film wird pro Jahr in Cannes mit einem Preis ausgezeichnet. Die jungen Rumänen, die fast alle der Hochschule für Theater und Film in Bukarest entstammen, kreieren zwar keinen neuen, aber doch einen eigenen Stil, indem sie die Mechanismen des internationalen Autorenkinos neu umsetzen und sich intensiv mit dem Rumänien seit der Diktatur Ceauşescus auseinandersetzt. Mit seinen langen und statischen Einstellungen und der Distanz der Kamera zu den Figuren trägt Police, Adjective zwar deutlich Porumboius Handschrift, doch setzt er sich dahingehend vom Filmschaffen der jungen Rumänen ab, dass er eine universelle Geschichte erzählt. Wohl auch deshalb ist Police, Adjective leider nur eine der noch wenigen Produktionen des „rumänischen Filmwunders“, die in den deutschen Kinos zu sehen sind.

Police, Adjective

Der Begriff „Politist“ (rumänisch für Polizist) kann auch als Adjektiv verwendet werden, dann bezeichnet er eine Gattung und meint das Krimi-Genre – wie das spanische policial oder das französische policier. Als Polizist Cristi (Dragos Bucur) bei seinem Vorgesetzten Anghelache (Vlad Ivanov) im Büro sitzt und das Lexikon nach Termini wie „Polizei“ und „Moral“ durchblättert, muss er sich einmal mehr fragen, ob er den richtigen Beruf gewählt hat.
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