Moon (2009)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Der Mann im Mond

Seit annähernd drei Jahren befindet sich Sam Bell (Sam Rockwell) in Diensten von Lunar Industries Ltd. auf der Mondbasis Selene und überwacht dort den maschinellen Abbau des Gases Helium-3, mit dessen Hilfe rund siebzig Prozent des Energiebedarfs der Erde gedeckt werden. Viel ist nicht zu tun, vollautomatische Erntemaschinen pflügen den Mondboden um und gewinnen so den wertvollen Energieträger, der dann mit Hilfe eines Transportshuttles auf die Erde geschossen wird. Für Sam ist das Ganze ein langweiliger Routinejob, vom Glamour der Raumfahrt ist hier kaum etwas übrig geblieben, was man schon am Raumanzug des Weltraumarbeiters sieht. Statt strahlendem Weiß finden sich hier überall Flecken und sichtbare Spuren von unzähligen Wartungs- und Reparatureinsätzen. Die Einsamkeit, die allein von gelegentlichen Kontakten zur Erde und Gesprächen mit dem Computer Gerty (Gesprochen von Kevin Spacey) durchbrochen wird, nagt an der Psyche von Sam, der zu Beginn des Films ziemlich verwahrlost wirkt.

Nun neigt sich Sams Zeit auf dem Mond langsam zu Ende, in zwei Wochen soll er zur Erde zurückkehren, wo seine Frau und seine Tochter, mit denen er nur gelegentlich Sicht- und Sprechkontakt hat, bereits sehnsüchtig auf ihn warten. Doch kurz vor der Rückreise beginnen sich merkwürdige Vorkommnisse zu häufen. Und dann hat Sam bei einem Außeneinsatz einen merkwürdigen Unfall, infolgedessen sich seine Ahnungen, dass auf Selene etwas falsch läuft, immer mehr zu einer schrecklichen Gewissheit verdichten. Denn sein Leben hat längst einen ganz anderen Verlauf genommen, als er dies empfindet, er ist zu einem Spielball geworden, der nicht viel mehr ist als ein Sklave in den undurchsichtigen Machenschaften von Lunar Industries…

Während derzeit futuristische Ballerorgien wie Transformers – Die Rache die Leinwände beherrschen, bildet Moon den wohl größtmöglichen Gegenpol innerhalb des Genres Science Fiction. Mit einer Minimalbesetzung, der treibenden Musik von Clint Mansell und einer ausgeklügelten Geschichte, die ihren Schwerpunkt auf die psychologischen Aspekte der Einsamkeit und Isolation sowie auf einen teuflischen Twist legt, der dem Ganzen eine zutiefst philosophische Dimension gibt, treibt Duncan Jones seinen Film behutsam voran und bleibt doch spannend bis zuletzt. Die sterilen, gleißend hellen Räumlichkeiten der Mondstation, die Stimme des Computers, der einen mobilen Greifarm steuern kann, der sich Sam mehrmals schnell von hinten nähert, die Smilies auf dem Bildschirm von Gerty, die die „Gefühle“ des Computers ausdrücken sollen und immer einen Zweifel hinterlassen, ob er es „ehrlich“ meint (zu gut sind die subtilen Spielchen im Gedächtnis, die einst HAL 9000 in Stanley Kubricks 2001 mit den Astronauten spielte) – all das schafft eine subtile Atmosphäre der Bedrohung, die man eher spürt als genau benennen kann, die sich auf unheimliche Weise materialisiert und ein subtiles Verwirrspiel treibt. Schließlich sieht sich Sam im wortwörtlichen Sinne mit sich selbst konfrontiert und all das, was ihm bislang Gewissheit über sich selbst war, wird zunehmend brüchig, bis er schließlich die ganze Wahrheit über seine eigene Existenz erkennen muss.

Wer bin ich? Was macht mich als Mensch aus? Kann ich mich auf all das verlassen, was mir als selbstverständlich erscheint? Was ist der Sinn meines Lebens? Es sind Grundfragen und Ungewissheiten wie diese, die Moon nicht nur zu einem außergewöhnlichen Science Fiction Film, sondern auch zu einer tiefsinnigen Reflektion über Schein und (Da)sein, Identität und Reproduzierbarkeit werden lassen. Und zugleich geht der Film noch weiter, analysiert quasi nebenbei und im Vorübergehen die verhängnisvolle Mechanik des ökonomischen Denkens, das den Menschen allenfalls noch als Humankapital begreift. Das wahrhaft Erschreckende daran: Die Wurzeln für eine solch inhumane Arbeitswelt sind bereits im Hier und Heute fest verankert, die Geschichte, die Moon erzählt ist also somit nur eine konsequente Weiterführung dessen, war wir heute bereits beobachten können.

Duncan Jones’ Spielfilmdebüt ist ein erstaunliches reifes Werk, das trotz seiner spärlichen Besetzung auf intelligente Weise unterhält und nachwirkt. Lange, viel zu lange sah man im Science-Fiction Genre nichts auch nur annähernd Vergleichbares. Vielleicht – und das wäre längst überfällig – gelingt es Moon ja auch, all jene Science Fiction Fans wieder in die Kinos zu locken, die aus Frust über die sinnlosen Materialschlachten und Effektorgien der letzten Jahre dem Kino den Rücken zugekehrt haben.
 

Moon (2009)

Seit annähernd drei Jahren befindet sich Sam Bell (Sam Rockwell) in Diensten von Lunar Industries Ltd. auf der Mondbasis Selene und überwacht dort den maschinellen Abbau des Gases Helium-3, mit dessen Hilfe rund siebzig Prozent des Energiebedarfs der Erde gedeckt werden. Viel ist nicht zu tun, vollautomatische Erntemaschinen pflügen den Mondboden um und gewinnen so den wertvollen Energieträger, der dann mit Hilfe eines Transportshuttles auf die Erde geschossen wird.

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Meinungen

R2D2 · 19.03.2021

Ein Roboter der jede Frage mit einer Gegenfrage beantwortet....

Martin Zopick · 15.06.2019

Um diesen Film wurde viel Aufhabens gemacht. Vielleicht lag es am berühmten Vater des Regisseurs. Der Steifen selber entlehnt aus diversen berühmten Vorlagen Teilelemente und baut sie dann zu einem spannungslosen allseits bekannten Konglomerat zusammen. Die Liste der Ideengeber reicht von Kubricks legendärer Space Odyssee über Lautlos im Weltall bis zu Solaris. Nur dass diese drei zur Spitzenklasse gehören, während dieser Ein-Mann Streifen an ausgesprochenem Handlungsskorbut leidet. Außer den zwei Schmuseszenen von Astronaut Sam (Rockwell) aus der Retrokiste mit seiner Frau Tess (Dominique McElligott) sind nur noch die schönen Mondlandschaften erwähnenswert. Atmosphärisch bringt das aber auch nicht viel. Die Klonerei ist kryptisch inszeniert, sodass man erst beim dritten Anlauf die Absicht des Drehbuches erkennen kann. (Vollbart hin, Vollbart her!)
Hinzu kommt, dass Sam einer aus der Kategorie ‘Arme Sau‘ ist, mit dem man aber kein Mitleid haben muss. Von den Bossen gelinkt geht es Sam wie den Zuschauern: er langweilt sich buchstäblich zu Tode. Zu groß ist die Diskrepanz zwischen einer möglichen Zukunft des Antihelden und einem der sich wie die geklonten Kollegen mit seinem Schicksal abgefunden hat.
Aber bevor man noch lange darüber nachdenke kann, läuft der Abspann. In der Boxersprache würde man sagen: ‘Vom Gong gerettet!‘ Man atmet erleichtert auf, wenn man’s hinter sich hat.

wignanek-hp · 27.05.2011

Sam Rockwell at it's best. Es schafft den Spagat zwischen seinen beiden Figuren mühelos. Endlich einmal ein Film, der seinem Talent den nötigen Spielraum gibt! Den Schluss hätte ich mir allerdings etwas komplexer gewünscht. Hatte denn Lunar Industries keinen Notfallplan für solche Fälle?

timo · 31.10.2010

boah ist der traurig .(

Sabine · 19.10.2010

Ich liebe diesen Film und finde ihn unter keinen Umständen langweilig! Der Hauptdarsteller ist einfach genial und die Story ist tiefgründig und komplex. In dem Film geht es weniger um Action, als um die Psyche der Menschen. Und dazu sieht der Film optisch auch super aus, obwohl dem Team nur $5 mio. zur Verfügung stand. Als krasses Gegenbeispiel: Avatar hatte $500 mio. zur Verfügung. 5/5 Sternen.

Stefan · 03.10.2010

Kann dem Kommentar von Chris nicht zustimmen. Sehr guter Film, anhaltende Spannung und sehr gut inszeniert für ein knappes budget von gerademal 5.000.000$

Chris · 08.09.2010

Netter Film, der leider sehr vorhersehbare Wendungen enthält. Bitte nur in ausgeruhtem zustand ansehen, sonst "Einschlafgefahr".