Monsters

Eine Filmkritik von Tomasz Kurianowicz

Aliens in Mexico

Wenn man die Schauspielerliste des neuen Fantasy-Films Monsters betrachtet, dann fällt schnell ins Auge, dass nur zwei Namen, und dann noch nicht mal besonders bekannte, das Besetzungsblatt zieren: Scoot McNairy und Whitney Able. Das lässt schon die Vermutung zu, dass dieses Fantasieprodukt des britischen Regisseurs Gareth Edwards trotz des thematischen Schwerpunkts — die Invasion krakeliger Alien auf ein fiktives Amerika — viel intimer und vielleicht sogar dramaturgisch feiner timbriert daherkommt als alles andere, was wir aus der Fantasy-Ecke kennen.
Dabei wirkt der Plot recht altbekannt und gruslig: Samantha und Andrew stoßen in Mexiko aufeinander. Sie ist Touristin und er Fotojournalist. Beide vereinigen sich angesichts einer ausweglosen Lage, denn Mexiko wird von Monstern auf einem anarchischen Territorium beherrscht, von oktopus-artigen Riesenkreaturen, die von der NASA einst im Weltall entdeckt und auf der Erde hochgezüchtet worden sind, um die eigenen Staatsgrenzen von illegalen Immigranten zu befreien. Doch der Plan misslang kräftig, die Fremdlinge zeigten sich undressierbar und begannen, das südamerikanische Land mit Gewalt und Terror zu überziehen. Die beiden Amerikaner bilden also eine Gemeinschaft, dem Zweck geschuldet, endlich diesem dantesken Hölleninferno zu entkommen.

Dummerweise verliert ausgerechnet Andrew, der Einzelgänger, der jede noch so skurrile Situation mit dem Klacken seines Fotoapparats beantwortet, beide amerikanischen Pässe, die notwendig sind, um auf die rettende Fähre zu gelangen, welche letztmalig US-Bürger in den sicheren Hafen Nordamerikas verschiffen soll. Eine dramatische Situation: Mexiko steht unter Quarantäne, die Bewohner sollen den Monstern überlassen werden und die letzte Fähre legt gerade ab. Den Zweck-Partnern bleibt also nichts anderes übrig, als von einem geldgeilen Ticket-Verkäufer (brillant von einem Mann ohne Namen gespielt) eine 10.000 Dollar teure Expedition zu buchen — durch den Urwald Mexikos in Richtung der USA, eine Expedition, die – man muss es gar nicht mehr erwähnen – riskant und gefährlich ist und mitten durch das Land der „Monster“ führt. Auf dieser Reise kommt sich das ungleiche Paar näher, trotz der Gefahr, trotz der Gewalt und der immer präsenten Angriffe durch die außerirdischen Wesen. Im Hintergrund verbirgt sich fortwährend die Frage: Was passiert hier? Was wollen diese Tiere? Wozu der ganze Terror?

Es liegt auf der Hand, Vergleiche mit dem überraschenden Fantasy-Erfolg District 9 zu ziehen. Denn auch hier lässt sich eine allegorische Tiefe entdecken. So wie die von der Gesellschaft abgeschirmten Kreaturen in Neill Bloomkamps Film die Unterdrückten Südafrikas repräsentierten, spielt Gareth Edwards in Monsters mit Analogien zum Afghanistan- bzw. Irak-Krieg. Die hilflose Armee, die sich mit einem unidentifizierbaren, nicht zu kontrollierenden, in seinen Intentionen undurchschaubaren Feind, eben mit „Monstern“, herumschlagen muss, erinnert an das reale Militär Amerikas, das zwar über Kampfhubschrauber, Spürpanzer und Drohnen verfügt, sich aber unfähig zeigt, auf diskursiver Ebene die terroristischen Motive des arabischen Untergrunds einerseits zu verstehen und andererseits folgerichtig mit argumentativen Strategien zu bekämpfen. Gewalt, die Gegengewalt erzeugt, zeigt sich bei Gareth Edwards als desillusionierende Falle, als panischer Rettungsversuch, der in der absoluten und unentrinnbaren Katastrophe mündet. Für beide Seiten.

Gareth Edwards war Visual-Effect-Designer für die BBC, doch er hatte die Nase voll von stumpfsinniger Effekthascherei, so dass er das Handtuch warf und sich dazu entschloss, einen eigenen, das Banale actionreichen Bombasts zu umgehenden Film zu drehen. Das ist ihm gelungen. Neben den subtilen Angriffen der computeranimierten Aliens geht es vor allem um die emotionale Entwicklung der beiden Protagonisten, um die Annäherung zweier Menschen an einem kriegerischen Ort. Und natürlich kommt man nicht herum, die politischen Implikationen zu lesen, die zum Schluss eine ungeheure reflexive Kraft entfalten, die man in diesem Genre wohl kaum vermutet. Und daher ist Monsters ein kluger, ein subtiler und überraschender Film bar konventioneller Plattheit.

Monsters

Wenn man die Schauspielerliste des neuen Fantasy-Films „Monsters“ betrachtet, dann fällt schnell ins Auge, dass nur zwei Namen, und dann noch nicht mal besonders bekannte, das Besetzungsblatt zieren: Scoot McNairy und Whitney Able.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen