Marry Me (2014)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Die indische Oma lässt heiraten

Die junge Deutsch-Inderin Kissy (Maryam Zaree) lebt in Berlin als überzeugte Singlefrau. Sie betreibt das von ihrer verstorbenen Mutter übernommene Café in dem Haus, in dem sich auch ihre Wohnung und die WG ihrer jüngeren Schwester Sonal (Mira Kandathil) befindet. Das Gebäude gehört ihrer im fernen Indien lebenden Großmutter und bietet unter anderem auch Robert (Steffen Groth), dem Vater von Kissys kleiner Tochter, sowie seiner Freundin eine günstige Bleibe. In diese zurückgelehnte, leicht heruntergekommene Kreuzberg-Idylle platzt nun die resolute Großmutter Sujata (Bharti Jaffrey). Sie ist entsetzt, weil sie glaubt, dass Kissy in wilder Ehe lebt und beschließt, ihre Enkelin auf den Pfad der Tugend zurückzuholen. Wenn Kishori, so lautet Kissys richtiger Name, Robert nicht umgehend heiratet, und zwar in Form einer traditionellen indischen Hochzeit mit vielen Gästen, dann will die Großmutter das Haus samt Café verkaufen.

Den Hausbewohnern ist klar, was auf dem Spiel steht. Robert willigt ein, sich auf eine vorgetäuschte Liebesheirat einzulassen und die anderen Mieter machen bereitwillig bei den umfangreichen Festvorbereitungen mit. Der Film der in Berlin aufgewachsenen deutsch-indischen Regisseurin und Drehbuchautorin Neelesha Barthel lässt das Selbstverständnis einer traditionsbewussten Inderin vergnüglich mit den modernen Ansichten ihrer in Deutschland beheimateten Enkelin kollidieren. Die emanzipierte Ich-Erzählerin Kissy regt nicht nur Omas Überzeugung auf, dass eine Frau ihren Mann mit Kamasutra-Kenntnissen und Kochkünsten bei Laune halten müsse. Vor allem hat das Schicksal ihrer Mutter das Verhältnis zur Oma getrübt. Weil es sich aber um eine Komödie handelt, steht über weite Strecken nur das Theaterspiel rund um die Hochzeit und ihre Planung im Mittelpunkt.

Schon der erste Auftritt der indischen Dame wirkt allerdings ziemlich klischeehaft und übertrieben. Die Geschichte verlässt sich außerdem stark auf bewährte Erzählmuster und Szenarien. Weil Roberts Eltern in Südamerika weilen, muss das von Wolfgang Stumph und Renate Krößner gespielte, finanziell klamme Mieterpaar als Ersatz herhalten. Ein solches Possenspiel weckt aufgrund gelungener Vorbilder gewisse Erwartungen, wird hier dann aber lediglich eingeführt und schnell wieder vernachlässigt. Die Figurenzeichnung bleibt allgemein eher flüchtig. Dass Robert ein arbeitsloser Pilot mit Burnout-Syndrom ist, hat aufgrund der Germanwings-Tragödie vom März 2015 nun zufällig einen ernsten Beigeschmack. Dabei ist er ein charmanter Hängematten-Typ, bis auf den Schönheitsfehler, dass sich seine Dialogzeilen zu oft auf vorgeschützte Müdigkeit beschränken.

In einer Komödie, die von einer Hochzeit erzählt, darf auch die Romantik nicht fehlen: Also hinterlässt Karim (Fahri Yardim), der neue Koch, den Oma einstellt, bei Kissy nicht nur wegen seiner schön geformten Roti-Brote einen nachhaltigen Eindruck. Eine weitere Standardzutat sind die Gesangs- und Tanzeinlagen im Bollywoodstil: Hier werden sie eher satirisch zitiert, indem sie Kissy in Form von Angstträumen auf die „bombastische Traumhochzeit“ einstimmen. Neelesha Barthel stellt mit gut getroffenen Details eine Beobachtungsgabe unter Beweis, die sie wiederholt in flotten Witz zu übersetzen vermag. Nur retten diese vielen hübschen Momente die Spannung nicht vor ebenfalls zahlreichen Hängern. Vielleicht hat sich die Regisseurin nicht so ganz getraut, ein bisschen kräftiger auf den Putz zu hauen. So wird zwar für eine an der Realität orientierte Geschichte ein bisschen zu viel chargiert, für richtig bissfesten Komödienspaß aber wiederum ein allzu moderater Kurs gefahren.
 

Marry Me (2014)

Die junge Deutsch-Inderin Kissy (Maryam Zaree) lebt in Berlin als überzeugte Singlefrau. Sie betreibt das von ihrer verstorbenen Mutter übernommene Café in dem Haus, in dem sich auch ihre Wohnung und die WG ihrer jüngeren Schwester Sonal (Mira Kandathil) befindet.

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