Manuscripts Don’t Burn

Eine Filmkritik von Festivalkritik von Beatrice Behn, Cannes 2013

Vorsichtig kadrierte Unausweichlichkeit

Dies ist nicht nur ein Film, dies ist ein Politikum. Manuscripts Don’t Burn ist ein Film von Mohammad Rasoulof, der genau wie sein Kollege Jafar Panahi in seinem Heimatland Iran zu zwanzig Jahren Arbeitsverbot verurteilt wurde, weil er sich gegen das Regime aufgelehnt und künstlerische Freiheit gefordert hatte.
Der Film wurde unter strengster Geheimhaltung im Iran gedreht. Ein gefährliches Unterfangen, aber Rasoulof ist eindeutig gewillt, den Kampf weiterzuführen – komme, was da wolle. Bei seiner Premiere 2013 in Cannes in der Sektion „Un Certain Regard“ hielt der Regisseur im Kinosaal eine kleine Rede, in welcher er sich an die iranischen Filmkritiker und Korrespondenten richtete: Er wisse, dass sie keine andere Wahl haben, als in ihrem Heimatland zu berichten, der Film sei schlecht und diffamierend. Dies sei ihm jedoch egal und er verzeihe ihnen – immerhin wisse er nur zu gut, unter welchem Druck sie stünden, und dass sie für ihre Sicherheit sorgen müssen. Und tatsächlich gibt Rasoulof den iranischen Journalisten hier einiges zu tun: Manuscripts Don’t Burn ist eine direkte Provokation gegen die Zensurstrategien der Regierung Mahmud Ahmadinedschads. Es ist unmöglich, diesen Film in irgendeiner Weise schönzureden.

Die Geschichte basiert auf wahren Begebenheiten – mutmaßlich auf einer Reihe von Massenmorden an iranischen Intellektuellen und politischen Aktivisten zwischen 1989 und 1998. Es beginnt allerdings mit zwei Handlangern der Regierung, die die Drecksarbeit erledigen: Morteza und Khosrow. Die beiden helfen bei der Suche nach zwei Manuskriptkopien, die ein Schriftsteller bei zwei Freunden versteckt hat. Das Buch enthält detaillierte Beschreibungen zu einem Mordanschlag auf 21 Intellektuelle, die alle zusammen in einem Bus saßen und vom Fahrer in einen Abgrund gestürzt werden sollten. Der Anschlag gelang nicht. Die heiklen Informationen will der Autor nun nutzen, um eine Ausreise zu seiner Tochter nach Frankreich genehmigt zu bekommen. Viel Zeit bleibt ihm nicht, da er todkrank ist. Ein ebenfalls persönlich in die Affäre verwickelter Geheimpolizist verspricht dem Schriftsteller, auf seine Forderungen einzugehen – schickt aber stattdessen seine Schergen auf die Suche nach den zwei Kopien.

Die Inhaltsbeschreibung mag wie die Handlung eines Hollywood-Thrillers klingen – doch die Umsetzung heischt nicht nach Effekten, sondern zeigt die Banalität des Bösen: Die Torturen sind langsam und qualvoll, die Unausweichlichkeit der Situation wird in vorsichtig kadrierten Bildern eingefangen. So ist Manuscripts Don’t Burn letztlich kein typischer Thriller, sondern ein schmerzhafter, fast dokumentarisch anmutender Spielfilm, der mit seiner Schwere und Grausamkeit ein wirklich deprimierendes, aber doch nicht komplett hoffnungsloses Bild der iranischen Zeitgeschichte zeichnet. Nach der Weltpremiere in Cannes gab es reichlich Beifall – allein schon für den Mut, den Rasoulof und sein Team bewiesen haben.

(Festivalkritik von Beatrice Behn, Cannes 2013)

Manuscripts Don’t Burn

Dies ist nicht nur ein Film, dies ist ein Politikum. „Manuscripts Don’t Burn“ ist ein Film von Mohammad Rasoulof, der genau wie sein Kollege Jafar Panahi in seinem Heimatland Iran zu zwanzig Jahren Arbeitsverbot verurteilt wurde, weil er sich gegen das Regime aufgelehnt und künstlerische Freiheit gefordert hatte.
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