La French

Eine Filmkritik von Gregor Ries

Die Rückkehr eines verlorenen Sohnes

Fast wie die Rückkehr eines verlorenen Sohns feierte die nationale Presse Jean Dujardins ersten französischen Kinofilm seit seinem internationalen Durchbruch mit The Artist. Zum Start des auf realen Ereignissen basierenden Polizeidramas La French strahlte sein Porträt von zahlreichen Zeitschriften und Plakaten herab. Für den Komödianten stellt der Thriller über den schwierigen Kampf gegen den von Marseille aus gesteuerten Drogenhandel in den 1970ern aber kein völliges Neuland dar. Schon in Counter Investigations – Kein Mord bleibt ungesühnt (2007) wechselte der zuvor auf schräge Parodien und überdrehten Klamauk festgelegte Darsteller als rachsüchtiger Cop ins ernste Fach. Resignierter und geerdeter verkörpert Dujardin in La French den ehrgeizigen Richter Michel, der beim Versuch, das organisierte Verbrechen einzudämmen, häufig gegen Wände läuft.
Allerdings konzentriert sich der junge Regisseur Cédric Jimenez in seinem zweiten Spielfilm nicht allein auf den ermittelnden Magistrat. Parallel konzentriert er sich auf die kriminellen Geschäfte des korsischen Bandenchefs Gaëtan „Tany“ Zampa, verkörpert von dem ebenfalls im komödiantischen Fach geschulten Gilles Lellouche. Jimenez besetzte die beiden Freunde Durjardin und Lellouche, die schon häufiger zusammen vor der Kamera standen (u.a. Männer und die Frauen), gegen ihren Typ ein, was sich letztlich bewährt. Richter und Pate charakterisiert er als zwei Seiten einer Medaille: Beide erweisen sich als treusorgende Familienväter, zupackende Männer der Tat und Zielscheiben von Intrigen aus den eigenen Reihen.

1975 wird Pierre Michel von der Abteilung für Jugendkriminalität in Metz zur Anti-Drogenbehörde in Marseille versetzt, wobei er zunächst desolate Zustände vorfindet. Mit seiner Frau und den Kindern etabliert sich Michel am neuen Wohnort, während er ein eigenes Antidrogenteam aufbaut. Mit den jugendlichen Opfern des weißen Pulvers wird der Neuling ständig konfrontiert. Aufgrund seiner unkonventionellen Methoden nennt man ihn bald den „Cowboy“. Damit kommt er dem Clanchef Zampa in die Quere, der die internationalen Märkte mit seinen illegalen Waren überschwemmt, während er im eigenen Umfeld keine Süchtigen duldet. Nach ersten Erfolgen sieht sich Michel bald mit Korruption und der Paragraphenreiterei seiner Vorgesetzen konfrontiert.

Während man sich zunächst wundern mag, dass Benoît Magimel als kaltblütiger Gangster „Le Fou“ lediglich wie Lellouchs Stichwortgeber auftritt, erhält er im Mittelteil doch noch einen nachhaltigeren Einsatz. Viele weitere Nebenrollen wurden mit prominenten Darstellern besetzt, wobei allerdings die Frauenrollen recht unterentwickelt wirken. Im Interview bestritt Regisseur Jimenez, dass es sich bei La French um reines Männerkino handele, doch als vernachlässigte Polizistengattin und verwöhnte Gangsterbraut ergänzen die Damen lediglich die Zeichnung der beiden Gegner. Vermutlich ist Mélanie Doutey (ebenfalls in Männer und die Frauen zu sehen) als Zampas Ehefrau nur deshalb mit von der Partie, weil sie zuvor in Jimenez’ Politthriller Aux yeux de tous die Hauptrolle inne hatte. Etwas besser kommt Celine Sallette als Michels enttäuschte Gattin zur Geltung.

Verbindet man den französischen Titel La French und den US-Titel The Connection, erhält man William Friedkins Klassiker mit gleicher Thematik, der häufig als Referenz heran gezogen wurde. Stärker erinnert diese stilisierte Neuauflage des Siebziger-Genrekinos zur unheilvollen Verstrickung von Politik, Justiz und Verbrechen an die Politthriller eines Henri Verneuil oder an Yves Boissetts Der Richter, den sie Sheriff nannten. Ebenso erweckt die Struktur Parallelen zu Michael Manns Heat, denn wie dort stellen sich die beiden Opponenten genau im Mittelteil gegenseitig zur Rede, um versteckte und offene Drohungen auszustoßen. In Wahrheit sind sich Michel und Zampa nie begegnet. Aber laut Jimenez hätte der Film ohne die beiden Konfrontationen (es gibt noch ein zweites wortloses Treffen) nicht funktioniert.

Mehr interessiert sich der Marseiller Filmemacher für die Atmosphäre seiner Heimatstadt, die Mechanismen einer verschworenen, machistischen Gesellschaft und den Weg des Geldes als für Action. Seine düstere Studie unter gleißender Sonne ergänzt er durch Anspielungen vom einstigen Logo des Gaumont-Verleihs über Belmondo-Einspielungen im TV bis Zampas punkvollem Nachtclub namens „Krypton“. Manchmal verhebt er sich jedoch, wie in einer pathetischen Parallelmontage im Finale. Doch seine bemerkenswerte Hommage an das zupackende Mafiakino erweist sich konsequent bis in die Fotografie hinein. Wie seine Vorbilder drehte Cédric Jimenez auf Zelluloid und ließ zum französischen Kinostart 35-mm-Kopien ausliefern. Selbst die digitalen Projektionen weisen einen kraftvolleren, dichteren Look auf, als es bei vielen aktuellen Filmen der Fall ist.

La French

Fast wie die Rückkehr eines verlorenen Sohns feierte die nationale Presse Jean Dujardins ersten französischen Kinofilm seit seinem internationalen Durchbruch mit „The Artist“. Zum Start des auf realen Ereignissen basierenden Polizeidramas „La French“ strahlte sein Porträt von zahlreichen Zeitschriften und Plakaten herab. Für den Komödianten stellt der Thriller über den schwierigen Kampf gegen den von Marseille aus gesteuerten Drogenhandel in den Siebzigern aber kein völliges Neuland dar.
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