Kundschafter des Friedens

Eine Filmkritik von Maria Wiesner

Drei Zonen-James-Bonds retten die Welt

Man hat bei Komödien über die DDR ja immer ein bisschen Angst, dass es peinlich werden kann. Groß ist die Gefahr, in Ostalgie-Kitsch zu verfallen. Filme wie Sonnenallee oder Good Bye, Lenin! haben sich da zwar immer noch irgendwie gerettet. Allein, das Potenzial ist groß. Und wenn man den Plot von Robert Thalheims Kundschafter des Friedens anschaut, dann kann man es schon ein wenig mit der Angst bekommen.
Der BND steckt in der Klemme. In Bonn ist eine Friedenskonferenz anberaumt, an deren Ende die fiktive geteilte Ex-Sowjetrepublik Katschekistan wiedervereint werden soll. Der Übergangspräsident wird auf dem Weg zur Konferenz entführt und mit ihm ein BND-Agent. Die letzte Hoffnung ist der ehemalige DDR-Auslandsagent Jochen Falk (Heinrich Hübchen), der war schon früher in der Gegend unterwegs und kennt die Entführer noch aus seiner aktiven Zeit. Also holt er sein altes Team zurück und begibt sich unter Aufsicht einer jungen Agentin (Antje Traue) in sein ehemaliges Einsatzgebiet, um den Präsidenten und den Agenten herauszuboxen. Mit letzterem hat er nämlich auch noch eine alte Rechnung offen.

Thalheim weiß um die Ostalgie-Falle und spielt ordentlich mit ihr: Wenn Falk an der Currywurst-Bude vom BND zum Gespräch abgeholt wird, entwischt er den Agenten fast, wenn die Hüfte nur mitspielen würde. Später dann erzählt er den Agenten, was sie bei diesem Einsatz alles verkehrt gemacht haben („…und sowas hat den Kalten Krieg gewonnen.“). Wenn Falk den Techniker seines Teams (Michael Gwisdek) aufsucht und sie sich mit alten Codes am nächsten Springbrunnen treffen („Da kann man nicht abgehört werden.“). Oder wenn die drei alten Herren sich mit DDR-Dopingmittelchen durch den Fitnesstest schmuggeln („Die haben Werte wie russische Hammerwerfer.“). Allerdings überspannt er den Witz von den fitten Ex-Kundschaftern des Friedens, die den Westen jetzt retten müssen, nicht.

Thalheim gibt seinen Figuren im richtigen Moment etwas Tiefgang und sieht niemals von oben auf sie herab. Auch verlässt sich der Film nicht auf den Ostalgie-Humor oder den Witz, der sich aus einer „Der alte Analog-Haudegen vs. die technikaffine Jungagentin“-Situation entspinnen kann. Von denen gibt es zwar immer noch genug, doch ab der Ankunft der Mission in Katschekistan baut sich eine lockere Agentenkomödie auf, inklusive Heist-Elementen, Geiselnahme und Bombenentschärfung.

Auch die filmischen Mittel wie etwa die weichen Blenden zeugen davon, dass man hier nicht irgendeine Agentenkomödie drehen wollte, sondern sich vor den Spionagefilmen der 70er Jahre verbeugt. So werden beispielsweise alle ehemaligen DDR-Kundschafter in retro-bunten Splitscreens eingeführt. Und auch hier ist wieder der Blick auf die aufregende Agentenzeit in den 70er Jahren, die — harter Schnitt nach den Splitscreens — auf die gealterte Realität des Jahres 2016 trifft. War früher wirklich alles besser? Für einige der Agenten schon, aber das ist ja das Schöne an der Vergangenheit: Man kann sie beliebig bunt einfärben und alle schlimmen Momente vergessen.

Mit diesen aufgespaltenen Bildschirm-Sequenzen zitiert der Film nicht nur die alten Spionagefilme, er übernimmt auch gleich deren Selbstironie. So wird beispielsweise der ehemalige „Romeo“-Agent Harry (Winfried Glatzeder, Die Legende von Paul und Paula) mit kleinen Quadern bunter Frauengesichter eingeführt. Ein leichtes Augenzwinkern auf den Sexismus jener Zeit, der nochmal einen Seitenhieb bekommt, weil es dann ausgerechnet Harry ist, der beim Anbaggern versagt und von einer starken Frau eingefangen wird.

Neben den Schnitttechniken spielt auch die Musik mit dem Andenken an alte Spionagefilme. Cool swingende Agententhemen wechseln sich mit vorpreschender Actionuntermalung ab. Alte James Bond-Filme hatten mal solche Musik und Austin Powers hat sie dann ins Parodistische überdreht. Kundschafter des Friedens bleibt kurz davor stehen, karikiert nicht, sondern zitiert — und lässt seine Hauptdarsteller damit unglaublich lässig über Rollfelder laufen und in Jeeps durch die Gegend fahren.

Die Angst vor dem Ostalgie-Kitsch ist in diesem Falle also unberechtigt. Denn unterm Strich ist Kundschafter des Friedens weniger DDR-Vehikel als viel mehr eine unterhaltsame Agentenkomödie.

Kundschafter des Friedens

Man hat bei Komödien über die DDR ja immer ein bisschen Angst, dass es peinlich werden kann. Groß ist die Gefahr, in Ostalgie-Kitsch zu verfallen. Filme wie „Sonnenallee“ oder „Good Bye, Lenin!“ haben sich da zwar immer noch irgendwie gerettet. Allein, das Potenzial ist groß.
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Meinungen

Connie · 02.03.2020

In der ersten Hälfte ist der Film lustig und hätte es noch mehr sein können. Es ist gelegentlich etwas viel Ostalgie drin und einige Witze wirken nur, wenn man einige DDR Eigenheiten und den DDR Sprech noch kennt. Für Leute unter 30 sind also viele Anspielungen vermutlich gar nicht verständlich. Schade, dass der Film gegen Ende doch merklich nachlässt.

Melo Dram · 19.12.2019

Die Grundidee ist ganz nett, aber ab etwa der ersten Hälfte des Films verliert der Film an Schwung und driftet auf B-Niveau (Vorabendprogramm) ab. Regie und Drehbuch hatten wirklich exzellente Schauspieler zur Verfügung (Prochnow, Hübchen, Traue) aber deren Potential bleibt größtenteils ungenutzt. Schon eine Leistung, mit so gutem Personal auf GZSZ Niveau runterzufahren.

Rita Constantin · 27.12.2018

Etwa die erste halbe Stunde des Films ist gut und teilweise wirklich witzig, was besonders an dem guten Spiel von Henry Hübchen liegt. Danach verflacht die Handlung aber sehr und der Film wird zu einer unglaubwürdigen Klamotte. Ist nicht spannend und wenig witzig. DDR Olstalgies, die immer schon wußten, dass auch die ostdeutschen Agenten Weltspitzenleistungen erbringen, werden dem Film vermutlich mehr abgewinnen können als das allgemeine Publikum. Eigentlich schade, dass die durchaus fähigen Schauspieler hier einem leider nicht überzeugendem Drehbuch ausgeliefert sind, sie bemühen sich so gut sie können, aber es kommt in der Summe leider kein guter Film heraus. Der Regisseur hat das Drehbuch selbst über einige Jahre entwickelt. Das sagt einiges über die Standards für Drehbücher in der deutschen Filmlandschaft.