Ixcanul - Träume am Fuße des Vulkans

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Leben am Rande des Vulkans

Ixcanul erzählt aus der indigenen Lebenswelt der Maya, die am Rande eines Vulkans leben, indem das Debüt des Guatemalteken Jayro Bustamante den Alltag der Kakchiquel-Maya beleuchtet, ihre spirituellen Rituale, ihren die Realität bisweilen verklärenden Glauben und das doch ganz realistische Wissen um das Funktionieren der Natur. Der tiefe Einblick, den der Film gewährt, macht einmal wieder deutlich, wie Kino ein Fenster in die Welt sein kann. Ixcanul ist bestes Weltkino, und ein gefälliges noch dazu.
Zunächst lernen wir den Alltag dieser einfachen, armen Menschen auf dem Land kennen, die sich nicht mit den Behörden verständigen können, abhängig sind von denjenigen, die Spanisch und Kakchiquel sprechen. Die Arbeit auf dem Feld wird von der Kamera ebenso eingefangen wie das einfache Essen und seine Zubereitung oder der Trost, den die Bauern und Landarbeiter im Aguardiente finden, billigstem Schnaps, für den sie oftmals ihren kompletten Lohn eintauschen. Ein Schwein wird geschlachtet – und hierbei ist Ixcanul fast ein klein wenig zu klischeehaft.

Im Mittelpunkt steht eine kleine Kakchiquel-Maya-Bauernfamilie mit heiratsfähiger Tochter. Diese soll den früh verwitweten Vorarbeiter heiraten. Doch María (María Mercedes Coroy) ist zurückhaltend, denn sie hat ihre eigenen Pläne: mit dem Kaffeepflücker Pepe (Marvon Coroy) wegzugehen, die Welt auf der anderen Seite des Vulkans kennenzulernen, sich mit ihm auf den Weg in die USA zu machen. Um Pepe zu gefallen, gibt María Pepes Drängen nach – und wird schwanger.

Was als eine recht konventionelle Geschichte daherkommt, ist letztendlich vor allem ein Portrait starker, mutiger, liebender Frauen. María präsentiert sich als „moderne“ Frau, die sich nicht den althergebrachten Traditionen beugen, sondern ihren eigenen Weg gehen will. Das spielt María Mercedes Croy sehr überzeugend in einer Mischung aus Starrheit und Willenskraft und gleichzeitiger Schüchtern- und Unwissenheit. Noch eindrucksvoller aber ist die Rolle der Mutter (María Telon), die ihre Tochter auch dann unterstützt, als sie von der ungewollten Schwangerschaft und der damit zusammenhängenden existenziellen Bedrohung erfährt. Die Sequenz, in der sie ihre Tochter wäscht, gehört zu den schönsten im Film, weil sie – auch wenn sie sehr konventionell, eben fast klischeehaft ist – eine eigenartige Reinheit und etwas von der Magie vermittelt, mit der die Frauen das Austragen eines Kindes betrachten.

Schnell wird aber auch klar, dass dieses Beschwören von Wundern und des Magischen vor allem etwas Traditionelles ist. Als María von einer Schlange gebissen wird, macht sich die Mutter große Vorwürfe: Schließlich war sie es, die ihrer Tochter von der Wirkung schwangerer Frauen, welche auch Schlangen vertreiben kann, erzählt hat. Dass es aber nicht wirklich funktioniert, weiß sie ebenso, wie sie frühzeitig die Schwangerschaft ihrer Tochter erkannt hat. Regisseur Bustamante zeigt hier deutlich, dass dieses so natürliche Wissen über die Natur und den Menschen den Frauen dieser Kultur wie eingeschrieben ist.

Für den Film ist der Regisseur in die abgelegenen Regionen seines Landes gereist und hat vorab mit den Laiendarstellern gearbeitet. Ihr Alltag und ihre Geschichten haben direkten Eingang in den Film gefunden, und diese Authentizität merkt man Ixcanul an, sie tut ihm gut und macht den Film zu einem wertvollen Kino-Dokument über ein Leben, das für uns so weit weg erscheint.

Ixcanul - Träume am Fuße des Vulkans

„Ixcanul“ erzählt aus der indigenen Lebenswelt der Maya, die am Rande eines Vulkans leben, indem das Debüt des Guatemalteken Jayro Bustamante den Alltag der Kakchiquel-Maya beleuchtet, ihre spirituellen Rituale, ihren die Realität bisweilen verklärenden Glauben und das doch ganz realistische Wissen um das Funktionieren der Natur.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen