Itty Bitty Titty Committee (2007)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Pop and politics

Chancengleichheit für Frauen in den USA? Über dieses hehre Ziel kann Anna (Melonie Diaz) nur lachen. Am liebsten würde sie ja an der Uni Gender Studies belegen, doch derzeit arbeitet sie noch in einer Schönheitsklinik – ausgerechnet. Dass sie dort mit ihrer Körbchengröße A fehl am Platz ist, bekommt die junge Frau von ihrem Chef und ihren Kolleginnen deutlich zu spüren. Und dass sie sich nicht dem erdrückenden Modediktat unterwerfen will, dass Brüste in der Größe von ausgewachsenen Wassermelonen als allein seligmachendes körperliches Accessoire vorschreibt, macht ihr Leben nicht gerade leichter. Bis sie eines Tages auf die attraktive Sadie (Nicole Vicius) trifft, die die Mauern der Schönheitsklinik mit feministischen Graffitis verziert. Anna, gerade von ihrer Freundin sitzen gelassen, kommt die quirlige Sadie gerade recht, zumal die sie zu einem Treffen der radikalen Frauengruppe „Clits in Action“ (abgekürzt C.I.A.) einlädt. Bei den „Clits“ lernt Anna schnell dazu, dass der Weg zur Brechung der männlichen Dominanz noch weit und steinig ist. Und sie merkt schon bald, dass es nicht allein die politische Seite der Treffen ist, die eine magische Anziehungskraft auf sie ausübt, sondern auch und vor allem Sadie…

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Itty Bitty Titty Committee ist eine Art Gemeinschaftsprojekt des Netzwerks POWER UP, das in den USA für eine stärkere Sichtbarkeit lesbischer Künstlerinnen in der Unterhaltungsbranche und der Medienindustrie eintritt. Bislang entstanden durch das Engagement von POWER UP (Der Namen steht für „Professional Organization of Women in Entertainment Reaching UP“) mehrere Kurzfilme, doch erst mit diesem Film konnte erstmals ein Langfilm realisiert werden.

Den Geist der riot Grrrls Bewegung einzufangen ist eines der erklärten Ziele des Films, der demnach folgerichtig mit Sleater-Kinney, Le Tigre, Bikini Kill und Peaches auch gleich eingei Protagonistinnen dieser Bewegung aufzuweisen hat. Die riot grrrls waren zu Beginn der Neunziger als radikalfeministische Bewegung in den USA entstanden und nutzen die Schnittstellen zu popmusikalischen Phänomenen bewusst und geschickt aus, um das Bewusstsein für feministische Anliegen zu schärfen und diesen einen Weg in die Öffentlichkeit und in die Medien zu bahnen.

Doch die Macherinnen von Itty Bitty Titty Committee wären schlecht beraten gewesen, sich allein auf die Zugkraft des bald auch von den Medien entdeckten „Labels“ riot grrrls zu verlassen. Stattdessen ist der komplett selbst produzierte Film ein radikales Update und Statement des kämpferischen Feminismus für die Jetztzeit und als solcher durchaus mit Lizzy Bordens bahnbrechendem feminstischen Werk Born in Flames (1983) zu vergleichen.

Bewusst lehnten Jamie Babbitt und ihre beiden Drehbuch-Autorinnen Tina Mabry und Abigail Shafran den Plot an den Erzählmustern des klassischen Hollywood-Kino an und bürsteten die Geschichte um das politische Erwachen einer jungen Frau in Gestalt einer lesbischen Love Story subversiv gegen den Strich. Das Ergebnis ist ein ziemlich lustiger Film mit jeder Menge guter Musik, bei dem die Spiel- und Gestaltungsfreude aller beteiligten Aktivistinnen leicht vergessen lässt, dass es sich hierbei um ein absolutes Low Budget Projekt handelt. Nicht nur für Frauenrechtlerinnen und lesbische Aktivistinnen könnte Itty Bitty Titty Committee eine Art Erweckungserlebnis sein, der Film ist vielmehr ein Musterbeispiel dafür, wie frech, respektlos und zugleich unterhaltend neues politisches Kino unserer Tage sein kann.
 

Itty Bitty Titty Committee (2007)

Chancengleichheit für Frauen in den USA? Über dieses hehre Ziel kann Anna (Melonie Diaz) nur lachen. Am liebsten würde sie ja an der Uni Gender Studies belegen, doch derzeit arbeitet sie noch in einer Schönheitsklinik – ausgerechnet.

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