Herz des Himmels, Herz der Erde

Eine Filmkritik von Peter Gutting

Alte Weisheit, neues Denken

Die Kultur der Maya rückt derzeit verstärkt in den Fokus des Interesses, vor allem bei Anhängern von Weltuntergangsfantasien. Denn der Kalender des mittelamerikanischen Urvolkes läuft nächstes Jahr aus, genauer gesagt am 21. Dezember 2012. Manche Esoteriker befürchten, dass dann ein Planet X auf die Erde prallt und sie zerstört. Aber man kann das Denken und das Zeitempfinden der Maya auch ganz anders deuten, wie Frauke Sandig und Eric Black in ihrer bildstarken Dokumentation zeigen. Nämlich als Chance, in ein neues, ein ökologisches Zeitalter aufzubrechen.
Vielen sind die Maya als bemerkenswerte Hochkultur bekannt — und die Reste ihrer Tempel ein beliebtes Ziel einer Reise nach Mittelamerika. Weniger verbreitet ist das Wissen, dass es auch heute noch rund sechs Millionen Mayas gibt, die unter anderem in Mexiko leben. In Guatemala stellen sie sogar rund 40 Prozent der Gesamtbevölkerung. Wie leben die Maya heute, woran glauben sie, wie ist ihr Verhältnis zur Natur und zur herrschenden politischen Klasse? Das wollte das Regisseursduo Frauke Sandig und Eric Black (Frozen Angels) am Beispiel von Einzelschicksalen wissen. Sie trafen Menschen, deren ganzheitliches Fühlen sie dem westlichen Zuschauer in faszinierenden Naturbildern vor Augen stellen.

Sicher kann man die Selbstwerdung des europäischen Menschen, die auch an die Emanzipation von den Gewalten der Natur gekoppelt ist, nicht rückgängig machen. Aber man kann sich einfühlen in ein Denken, das die Trennung des Individuums von den ihn umgebenden Mächten nicht in dieser Form kennt. In eine Weltsicht, die das Einssein betont, das Beseelte der Natur, den Kontakt mit den Göttern. In ein intuitives Einfühlen also, das nie auf die Idee käme, einen Berg abzutragen, um nach Gold zu suchen. Ganz einfach, weil der Berg ein Mitwesen ist, das man nicht verletzen darf.

Dieses andere Verhältnis zur Natur beschreibt man mit Bildern besser als mit Worten. Genau das tut Herz des Himmels, Herz der Erde. Etwa mit Wolken, die von innen leuchten, Flüssen, die ihre Kraft spüren lassen, oder Bergen, die uns eine innere Ruhe schenken. Eric Black, der auch für die Kamera verantwortlich zeichnet, kreiert Einstellungen, die wie beseelt sind von der Faszination einer bislang unbekannten, gerade erst entdeckten Welt.

Besonders eindrücklich geschieht dies in den Passagen, in denen ein Sprecher aus dem Popol Vuh vorliest, dem heiligen Buch der Maya, das von der Erschaffung der Welt und dem Verhältnis der Götter zu den Menschen erzählt. Immer wieder kehrt der Film zu diesen bildgewaltigen Episoden zurück – eine Gliederung, die den dazwischen geschnittenen Porträts und Interviews den spirituellen Rahmen verleiht. Denn auch die meisten der sechs interviewten Protagonisten haben einen religiös-mythischen Hintergrund: Sie wollen andere mit tradierten Pflanzenkenntnissen heilen, wollen Lehrer sein, die über die Alphabetisierung hinaus die Herzen der Menschen öffnen – für ein besseres Verständnis ihrer selbst und der anderen, aber vor allem für eine ganzheitliche Erfahrung der Natur.

Ebenso wie seine Protagonisten steht der Film zugleich auf dem Boden der politischen Realität. Obwohl sie ohne Kommentar auskommen, lassen die Filmemacher keinen Zweifel daran, dass ihre Sympathien den unterdrückten Indios gelten – und dem Aufstand der so genannten „Zapatisten“ gegen die politische und ökonomische Benachteiligung. Da weht dann eine kräftige Brise Sozialromantik über die Leinwand und das Alltagsleben, der reale Konflikt zwischen tradierten Werten und modernem Leben, kommt entsprechend zu kurz. Andererseits schmälert das nicht das große Verdienst dieses Films. Nämlich den Einblick in eine Kultur zu ermöglichen, die etwas zur Zukunft dieses Planeten beizutragen hat. Und nicht zu seiner Vernichtung.

Herz des Himmels, Herz der Erde

Die Kultur der Maya rückt derzeit verstärkt in den Fokus des Interesses, vor allem bei Anhängern von Weltuntergangsfantasien. Denn der Kalender des mittelamerikanischen Urvolkes läuft nächstes Jahr aus, genauer gesagt am 21. Dezember 2012. Manche Esoteriker befürchten, dass dann ein Planet X auf die Erde prallt und sie zerstört. Aber man kann das Denken und das Zeitempfinden der Maya auch ganz anders deuten, wie Frauke Sandig und Eric Black in ihrer bildstarken Dokumentation zeigen.
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