Ghost Dog – Der Weg des Samurai

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Mittwochnacht, 4. Juli 2013, WDR, 00:40 Uhr

Diese massige schwarze Gestalt mit dem Koffer, die sich zu klagend apokalyptischen Klängen beinahe unsichtbar durch die Nacht bewegt, um ihren Job als Auftragskiller der Mafia mit technisch versierter Präzision zu erledigen, ist beseelt vom Ehrenkodex der Samurai. Ghost Dog (Forest Whitaker), der wie ein bäriger Rapper erscheint und mit seinen Brieftauben auf dem Dach eines Abbruchhauses lebt, hat sich das berühmte Hagakure von Tsunetomo Yamamoto zur Lebensmaxime erhoben: „Live by the code. Die by the code.“ In seiner Nachbarschaft in Jersey wird das Schattenwesen als schweigsamer Einzelgänger respektiert, und seine eingespielte Zusammenarbeit mit dem Mafioso Louie (John Tormey), der ihn vor langer Zeit aus einer verteufelten Klemme befreite, verläuft so unproblematisch und effektiv wie kurios: Der Kontakt besteht über eine Brieftaube, der Killer erhält seine Aufträge nach Bedarf und bezahlt wird er einmal im Jahr dafür.
Doch bei der Eliminierung von Handsome Frank (Richard Portnow), der durch eine Affäre mit Louise (Tricia Vessey), der Tochter des Clan-Chefs Mr. Vargo (Henry Silva) in Ungnade gefallen ist, treten Schwierigkeiten auf, denn die verschlossene junge Frau wird zufällig Zeugin des Mordes an ihrem Geliebten. Um die morschen Strukturen innerhalb der kriminellen Gesellschaft nicht überzustrapazieren, muss rasch ein Schuldiger für den nun beklagten Tod Handsome Franks über die Klinge springen, und das Todesurteil über den Killer selbst wird vom Clan verhängt. Doch Ghost Dog positioniert sich in erster Linie als Gefolgsmann von Louie, dem er in unverbrüchlicher Loyalität verbunden ist, und während die Mafiosi ihn aufzuspüren bemüht sind, macht der Killer im Geiste eines Samurai seinerseits Jagd auf den Clan, denn er muss befürchten, dass sein einstiger Retter ebenfalls ausgeschaltet werden soll …

Ghost Dog – Der Weg des Samurai von Jim Jarmusch aus dem Jahre 1999 stellt eine ganz wunderbare Parodie auf traditionelle soziale Systeme sowie moderne gesellschaftliche Subkulturen gleichermaßen dar. Die ebenso vergnügliche wie anrührende und spannende Geschichte voll ganz bezaubernd inszenierter Reminiszenzen an ein ganzes Universum filmisch-literarischer Bezüge wird von einem geradezu genialen Soundtrack des Wu-Tangers RZA flankiert, der mit melancholischem Gangsta-Rap atmosphärische Glanzlichter setzt, die ganz hervorragend mit der Handlung korrespondieren. Die Charakterzeichnungen der ansprechend ambivalenten, skurrilen Figuren und die Beziehungen unter den Protagonisten des phänomenal agierenden Ensembles bilden einen komischen Kosmos der Kongruenzen, der den Zuschauer unweigerlich in seinen charmanten Bann zieht – ein richtig cooler Kultfilm mit bewusst wirren Identifizierungskonfusionen, dessen saloppe Eleganz der menschlichen Grundkonstante der Würde auch und gerade im Angesicht des lauernden Todes eine abgefahrene Verbeugung erweist.

Ghost Dog – Der Weg des Samurai

Diese massige schwarze Gestalt mit dem Koffer, die sich zu klagend apokalyptischen Klängen beinahe unsichtbar durch die Nacht bewegt, um ihren Job als Auftragskiller der Mafia mit technisch versierter Präzision zu erledigen, ist beseelt vom Ehrenkodex der Samurai.
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