Zoran - Mein Neffe der Idiot

Eine Filmkritik von Melanie Hoffmann

Wein, Neffe, kein Gesang

Paolo lebt in der nordöstlichsten Ecke Italiens. Die echte, wahre Provinz – hier sagen sich Fuchs und Hase Gute Nacht. Und Paolo ist ein echter Tagedieb. Drückt sich vor jedem Job, schläft immer möglichst lange und sein Lebensmittelpunkt ist eine Bar in der er viel Wein konsumiert. Man möchte noch hoffen, dass er herzensgut ist, doch auch dieses Fünkchen Hoffnung verglimmt bald. Paolos einziger Antrieb im Leben ist es, seine Exfrau zurückzuerobern. Doch das scheint in meilenweiter Ferne. Als seine Tante, die in Slowenien gelebt hat, stirbt, ist seine Trauer nur von kurzer Dauer. Schnell rechnet er sich aus, was er alles erben könnte und macht sich auf, um der Beerdigung beizuwohnen. Doch alles, was er erbt, ist sein Neffe Zoran und naja, der wirkt auf Paolo ziemlich seltsam. Der 15jährige versteckt sich hinter einer dicken Brille und ist extrem schüchtern, beinahe apathisch. Er spricht zwar italienisch, aber auf eine merkwürdig geschwollene Art, da er die Sprache nur mittels alter Literatur gelernt hat.
Regie-Debütant Matteo Oleotto ist ein Film gelungen, der trotz des effekthascherischen Titels eine feine Arthaus-Komödie ist. Wo das Budget klein ist, setzt man auf andere Stärken. Die Charaktere sind liebevoll ausgearbeitet, selbst die Nebenfiguren in Paolos Kneipe kommen über die bloßen Klischees hinaus. Besonders skurril wird der Film in den Roadmovie-Momenten. Die Heimfahrt von Paolo mit seinem „neuen“ Neffen ist einfach köstlich.

Das altbekannte Thema „Vater werden ist nicht schwer …“ wurde hier interessant variiert. Da Paolo nicht der Vater, sondern der Onkel ist, lastet keine Schuld des Nicht-Kümmerns auf ihm. Es zeigt jedoch auch, dass Paolo im Leben einfach nichts auf die Reihe bekommt. Weder eine Beziehung, noch seinen Job und eben auch keinen Sohn. Um seinen Neffen kümmert er sich erst, als er in ihm einen Marktwert entdeckt. Dieser kann nämlich verteufelt gut Dart spielen. Und das will Paolo sich für ein Europäisches Turnier mit hohem Preisgeld zunutze machen.

Guiseppe Battiston trägt den Film auf seinen breiten Schultern. Ganz würdevoll und mit viel Mut zur Hässlichkeit gibt er den dicken, schmierigen, ungepflegten Unsympath. Dabei kennen wir ihn aus anderen italienischen Filmen von einer ganz anderen Seite. Wer Silvio Soldinis Brot und Tulpen gesehen hat, wird sich an den Klempner erinnern, der Rosalba hinterherspioniert. Und bereits vor diesem Erfolgsfilm gehörte er zur Stammbesetzung in Soldinis Filmen.

Zoran – Mein Neffe, der Idiot verströmt kein italienisches Fernweh. Der triste, graue Himmel lässt nicht an Urlaub denken. Die verschrobenen Figuren sind weit weg von Hollywoodschen Schönheitsidealen und die skurrile Handlung wirkt letztlich doch so, als könnte sie fast jedem von uns passieren. All das komponiert Oleotto zu einem gelungenen Erstling, der wohl (standesgemäß) am besten mit einem Glas italienischem Rotwein genossen wird. Salute!

Zoran - Mein Neffe der Idiot

Paolo lebt in der nordöstlichsten Ecke Italiens. Die echte, wahre Provinz – hier sagen sich Fuchs und Hase Gute Nacht. Und Paolo ist ein echter Tagedieb. Drückt sich vor jedem Job, schläft immer möglichst lange und sein Lebensmittelpunkt ist eine Bar, in der er viel Wein konsumiert.
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