Wish Upon (2017)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Schema T (wie Teenie-Horror)

Im Jahre 1996 entfachten Drehbuchautor Kevin Williamson und Regisseur Wes Craven mit dem postmodernen Slasher Movie Scream – Schrei! eine Renaissance des juvenilen Spannungskinos, indem sie eine allzu bekannte Genre-Erzählung für ein Spiel mit der Metaebene nutzten: Die Jugendlichen, die darin (wie so viele Jugendliche vor ihnen) in Gefahr gerieten, waren sich vollkommen im Klaren darüber, dass sie sich in klischeehaften Horrorfilm-Situationen befanden. Da aber auch clevere Selbstreferenzialität irgendwann müde und verbraucht erscheint, folgte nach etlichen Arbeiten im Fahrwasser von Scream die Postironie. Dass daraufhin seltsam aus der Zeit gefallene, herrlich perfide Werke wie It Follows (2014) entstanden, ist wunderbar. Wenn jedoch ideenlos gemachte Schauerstücke wie Wish Upon mit ihren töricht-unbedarften Figuren für permanentes Augenrollen statt für Gänsehaut sorgen, läuft zweifelsohne etwas schief beziehungsweise auf unangenehme Weise rückwärts in der Genre-Landschaft.

Im Zentrum von Wish Upon steht die junge Clare (Joey King), die mit ihrem Vater Jonathan (Ryan Phillippe) in der Vorstadt lebt. Als Kind musste sie mit ansehen, wie sich ihre Mutter Johanna (Elisabeth Röhm) auf dem Dachboden erhängte. In der Highschool leidet Clare mit ihren Freundinnen Meredith und June (Sydney Park und Shannon Purser) unter ihrer fiesen Mitschülerin Darcie (Josephine Langford) und schwärmt für den sportlichen Paul (Mitchell Slaggert). Als ihr Vater ihr eine weggeworfene chinesische Wunschbox mitbringt, die in einer Inschrift die Erfüllung von sieben Wünschen verspricht, wünscht sich Clare, dass Darcie „einfach verrotten“ soll – und prompt ist deren Schönheit durch einen üblen Virus dahin. Auch als Clare die Box nach dem überraschenden Tod des verschrobenen, reichen Onkels ihrer Mutter (Victor Sutton) darum bittet, dessen Besitz zu erben, wird Clares Wunsch Wirklichkeit. Wie sie jedoch bald mit ihrem Kumpel Ryan (Ki Hong Lee) herausfindet, fordert jeder Wunsch ein Todesopfer in Clares Umfeld.

In Bezug auf den Hintergrund der ominösen Box ist von der Legende einer rachsüchtigen Frau die Rede; das Drehbuch von Barbara Marshall (Viral), welches lose auf der Kurzgeschichte Die Affenpfote (1902) basiert, zeigt daran allerdings wenig Interesse. Nach abgedroschener Body-Count-Dramaturgie liefert es die Vorlage für eine tödliche Nummernrevue, die von John R. Leonetti (Annabelle) ohne jegliches Gespür für Spannung, Atmosphäre und Schocks als zahmere Variante von Final Destination (2000) präsentiert wird. Die unbeholfene Umsetzung, in der immer wieder Nebenfiguren in ihren Tod stolpern oder unerfreuliche Vorfälle mit Küchenabfallzerkleinerern, Fahrstühlen oder Kettensägen erleiden, ist nicht selten unfreiwillig komisch – entfaltet dabei aber keinen einnehmenden Trash-Reiz, da ihr die Kühnheit und Ausschweifung fehlen. Mit ethischen Fragen und mit Ambivalenzen will sich das Gruselwerk nicht näher befassen; wenn Clare plötzlich im Luxus schwelgt und mit ihren Freundinnen shoppen geht, ist das samt Pop-Soundtrack und „lustigen“ Sprüchen wie eine Fernsehkomödie mit den jungen Olsen-Twins inszeniert. Weder als Horror- beziehungsweise Fantasyfilm noch als Coming-of-Age-Story oder Familiendrama vermag Wish Upon zu überzeugen. Die Vater-Tochter-Beziehung, in der Jonathan Clare mit „Buddy“ anspricht und Clare sich dafür schämt, dass ihr Vater den lokalen (Sperr-)Müll nach Brauchbarem durchsucht, lässt zwischenmenschliches Potenzial erkennen, erfährt allerdings im Laufe der Handlung keine nennenswerte Vertiefung.

Hauptdarstellerin Joey King hat in James Wans Conjuring – Die Heimsuchung (2013) oder in Zach Braffs Wish I Was Here (2014) bereits bewiesen, dass sie auf der Leinwand durchaus über Intensität verfügen kann; in Wish Upon wirkt sie jedoch zu keiner Sekunde glaubhaft. Dies liegt einerseits gewiss daran, dass ihr Part extrem unsorgfältig geschrieben ist; andererseits sind Kings Mimik und Gestik nicht minder schwach: Clares Trauer und Wut, ihre wachsende Angst und ihre zunehmenden Schuldgefühle, ja sogar ihre Schwärmerei für Paul (dessen athletisches Erscheinungsbild als Grund für Clares Begeisterung ausreichen muss) muten stets nur wie Behauptungen an, die den Plot vorantreiben sollen. Ebenso tun sich Kings gleichaltrige Co-Stars mit ihren Darbietungen keinen großen Gefallen; lediglich die Comedy-erfahrene Sydney Park legt als Clares Freundin Meredith einen gewissen Spielwitz an den Tag, kann aber auch nicht verhindern, dass man als Zuschauer_in bei jedem Dialog die Seiten des mauen Skripts rascheln hört. Zwar fällt positiv auf, dass das Highschool-Personal ethnisch recht divers ist, dass zudem nicht alle aussehen, als würden sie nebenher für Abercrombie & Fitch jobben, und dass mindestens eine Figur queer ist, ohne dass deren Queerness zum (Konflikt-)Thema oder zur billigen Pointe wird – dennoch bleiben im Endeffekt ziemlich unoriginelle, schablonenhafte Zeichnungen von der blonden Zicke über den tumben Schönling bis hin zur sarkastischen Außenseiterin. Ryan Phillippe – der einst in Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast (1997) selbst als Teenager mit (eigenen) Abgründen konfrontiert wurde – ist als Clares verwitweter Vater der einzige Sympathieträger, der ansatzweise Empathie zu wecken vermag. Eine Genre-Renaissance wird Wish Upon somit ganz sicher nicht einläuten – eher katapultiert er uns in die Zeiten unterkomplexer Achtzigerjahre-Videotheken-Stoffe, in denen die düsteren Mächte einfach nur böse und die adoleszenten Figuren einfach nur dümmlich waren. Das wäre jetzt nicht unbedingt nötig gewesen – und gewünscht hat sich das vermutlich niemand, weder auf übersinnlichem noch auf normalem Wege.
 

Wish Upon (2017)

Im Jahre 1996 entfachten Drehbuchautor Kevin Williamson und Regisseur Wes Craven mit dem postmodernen Slasher Movie „Scream – Schrei!“ eine Renaissance des juvenilen Spannungskinos, indem sie eine allzu bekannte Genre-Erzählung für ein Spiel mit der Metaebene nutzten: Die Jugendlichen, die darin (wie so viele Jugendliche vor ihnen) in Gefahr gerieten, waren sich vollkommen im Klaren darüber, dass sie sich in klischeehaften Horrorfilm-Situationen befanden.

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