Where Is Rocky II? (2016)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Einfache Frage, komplexe Antwort

Im Jahr 2004 bekam der Künstler Pierre Bismuth einen Oscar für das Drehbuch zu Vergiß mein Nicht! — Eternal Sunshine of the Spotless Mind, der ihn und Co-Autor sowie Regisseur Michel Gondry in ganz neue Welten katapultierte. Zur gleichen Zeit geschah mit Bismuth aber etwas, dass ihn die nächsten zehn Jahre beschäftigen sollte. Er sah eine BBC-Dokumentation über den Künstler Ed Ruscha, der im Jahr 1979 einen Felsen baute, der absolut echt aussah, und den er in der Mojave Wüste irgendwo zwischen andere Felsen stellte, von denen der unechte Felsen nicht zu unterscheiden war. Dieses Projekt nannte Ruscha Rocky II.

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Bismuth war sofort fasziniert. Ist ein Kunstwerk noch ein Kunstwerk, wenn man es gar nicht erkennen kann? Aber es wird noch verwunderlicher: Ruscha hat nie jemandem von diesem Kunstwerk erzählt. Es taucht nicht in Sammlungen und Biografien auf, selbst seine engsten Vertrauten wissen davon nichts. Der einzige Hinweis: die inzwischen vergessene BBC-Doku. Daher gesellte sich für Bismuth noch eine weitere Frage hinzu: Was ist ein Kunstwerk für ein Kunstwerk, wenn niemand weiß, dass es existiert? Und nun nutzt er seine Obsession mit diesem eigenartigen Projekt, um selbst wieder ein Kunstwerk zu erstellen: seinen Film Where is Rocky II?, den er selbst als „fake fiction“ beschreibt.

Der Film ist teils dokumentarisch, teils gescriptet und in seiner Ganzheit ein genialer Hybrid aus allen filmischen Gewerken. Am Anfang des Filmes nutzt Bismuth selbst die Gelegenheit, bei einer Pressekonferenz Ed Ruscha nach Rocky II zu fragen. Dieser reagiert überrascht, etwas amüsiert, aber abweisend und wünscht ihm nur viel Glück bei der Suche. Bismuth gibt nicht auf und nähert sich dem Geheimnis auf verschiedene Arten. Er stellt Nachforschungen selbst an und filmt sich dabei dokumentarisch. Dann heuert er einen amerikanischen Privatdetektiv an, der ihn unterstützen soll. Ab hier sind Dokumentation und Fiktion schon nicht mehr auseinanderzuhalten. Aber das ist auch egal. Der Detektiv wird zum Protagonisten in Bismuths Mockumentary, in der er sich ebenfalls auf den Weg macht, den falschen Felsen zu finden. Dabei interviewt der Detektiv, stets begleitet von Bismuths Kamera, zahlreiche Freunde aus der Kunstszene, um diese zu befragen. Langsam kommt er dem Geheimnis näher, aber trotzdem bleibt es fast ein Ding der Unmöglichkeit, den Felsen zu lokalisieren.

Dann fügt Bismuth eine dritte Ebene hinzu. Er engagiert die Drehbuchautoren DV DeVincentis (High Fidelity, Grosse Point Blank) und Anthony Peckham (Invictus, Sherlock Holmes), damit sie aus der Geschichte um Ruscha, ihn und den Detektiv eine fiktionale Story machen. Auch diese Arbeiten filmt Bismuth. Die beiden Autoren haben sichtlich Spaß mit dieser verrückten Aufgabe, deren Resultate wiederum im Film selbst mit eingeflochten werden. Ein Fake-Trailer und „Ausschnitte“ aus dem Film mit Robert Knepper und Milo Ventimiglia, die Ruscha und den Detektiv spielen, die sich in der Mojave Wüste einen Showdown rund um den unechten Felsen geben, in dem man, dank der Ideen der Drehbuchautoren, inzwischen eine Leiche oder Ähnliches vermutet.

Klingt schräg? Ist es auch. Aber in so einer hervorragenden, klugen und charmanten Weise, dass man die Augen von diesem Film/Kunstwerk nicht lassen kann. So wird alsbald aus Ruschas Felsen der Ausgangspunkt für viele neue künstlerische Ideen. Dabei unterscheidet Bismuth nicht zwischen den Drehbuchautoren und dem Detektiv, da diese alle, um an ein befriedigendes Ende zu gelangen, aus dem Felsen ein größeres Projekt machen müssen, das sie kreativ mit Ideen befüllen. Everything is art. Everywhere is art. Und so ist dieser Film letztendlich auch ein Abarbeiten an den eingangs gestellten Fragen.

Nur eine weitere Frage bleibt: Findet er den ominösen „Felsen“?
 

Where Is Rocky II? (2016)

Im Jahr 2004 bekam der Künstler Pierre Bismuth einen Oscar für das Drehbuch zu „Vergiß mein Nicht! — Eternal Sunshine of the Spotless Mind“, der ihn und Co-Autor sowie Regisseur Michel Gondry in ganz neue Welten katapultierte. Zur gleichen Zeit geschah mit Bismuth aber etwas, dass ihn die nächsten zehn Jahre beschäftigen sollte. Er sah eine BBC-Dokumentation über den Künstler Ed Ruscha, der im Jahr 1979 einen Felsen baute, der absolut echt aussah, und den er in der Mojave Wüste irgendwo zwischen andere Felsen stellte, von denen der unechte Felsen nicht zu unterscheiden war. Dieses Projekt nannte Ruscha „Rocky II“.

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