Weak Heart Drop

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Urbane Einsamkeit

Etwa 7,284 Milliarden Menschen leben auf der Erde. Hiervon wohnen circa 81,1 Millionen in Deutschland, und davon wiederum mehr als 3,5 Millionen in Berlin. So viele Menschen – und doch fühlt man sich allein, wenn man nicht diesen einen ganz besonderen Menschen neben sich hat. Vom Suchen, Finden und Verlieren dieses Menschen in der pulsierenden deutschen Hauptstadt erzählt der britische Filmemacher Alex Ross in Weak Heart Drop.
Der Psychotherapeut David (Ian Dickinson) und die Galeristin Jane (Megan Gay) führen eine lieblose Ehe. Während er eine Affäre mit Janes junger Assistentin Mi-Nah (Kotti Yun) hat, macht sie unter anderem per Internet-Dating neue Bekanntschaften. Der arbeitslose Max (Stefan Lochau) hat seine Frau Edda (Meral Perin) und seinen Sohn Leo (Benno Lehmann) vor langer Zeit im Stich gelassen. Nach Eddas Tod möchte er nun seinen großen Fehler gutmachen – doch die Verletzungen sitzen tief. Als Leo in einem Plattenladen Mi-Nah begegnet, entwickelt sich zwischen den beiden eine zärtliche Beziehung. Immer häufiger kreuzen sich die Wege der Hauptfiguren – bis sich schließlich alle ihren persönlichen Lügen und Illusionen, Ängsten und Erschütterungen stellen müssen.

Weak Heart Drop ist ein unabhängig produziertes, finanziertes und vertriebenes Werk, das ab dem 08. März 2015 sechs Monate lang jeweils an einem Sonntag im Monat in den Berliner Kinos „Sputnik-Kino“, „Bundesplatz-Kino“, „ACUD“ und „ZUKUNFT“ laufen wird – stets in Anwesenheit des Regisseurs sowie Cast- und Crew-Mitgliedern. Das Team um den Writer-Director Alex Ross, den Kameramann Martin Parry und den Musiker Jakob Ilja schuf 2010 den Dokumentar- und Spielfilm-Mix Tom Atkins Blues – auch damals gänzlich ohne Fördermittel. Während jene Geschichte über einen „Spätkauf“ im Berliner Ortsteil Prenzlauer Berg an 11 Tagen gedreht werden konnte, entstand Weak Heart Drop im Verlauf von mehr als zwei Jahren. Das Ergebnis ist ein stilvoll bebildertes Indie-Movie mit interessanten Figuren und einfühlsam agierenden Schauspieler_innen.

Im Gegensatz zu vielen episodisch erzählten Filmen, die daran kranken, dass einzelne Episoden zu schwach ausgestaltet sind und daher den Gesamteindruck trüben, hat hier jeder Handlungsstrang die nötige emotionale Spannung. Jedes Paar, jeder einzelne Charakter hätte gar seinen eigenen Film verdient. So statten etwa Benno Lehmann und Kotti Yun die aufkeimende Liebe von Leo und Mi-Nah mit derart glühenden Blicken aus, dass man dem jungen Paar von Anbeginn Glück wünscht. Der trauernde, zornige Barbesitzer Leo und die koreanische Künstlerin Mi-Nah, die mit ihrer Familie gebrochen hat und nach Nähe sucht, sind Figuren, die zum Sympathisieren und Identifizieren einladen. Leos unzuverlässiger Vater Max ist eine deutlich diffizilere Figur, die Stefan Lochau jedoch nuancenreich interpretiert. Neben Max‘ Romanze mit der obsessiven Charlotte (wunderbar: Tessa Mittelstaedt) sind insbesondere die imaginierten Gespräche des fünfzigjährigen Taugenichts mit seiner verstorbenen Gattin Edda reizvolle Passagen: Pointiert kommentiert die von Meral Perin mal ernsthaft-eindringlich, mal schelmisch verkörperte Tote Max‘ Versuche, sein Leben in den Griff zu bekommen. Ian Dickinson und Megan Gay zeigen als entfremdetes Ehepaar indes sowohl die Frustration als auch den Wunsch nach Ausbruch und Neuanfang auf überzeugende Weise.

Weak Heart Drop ist kein getreues Abbild der städtischen Realität – dafür sind die Locations zu kunstvoll ausgeleuchtet, die handelnden Personen zu sorgfältig zurechtgemacht und die Dialoge zu geschliffen. Dennoch mutet der Film ganz und gar wahrhaftig an. Was Ross hier gelungen ist, ist äußerst bemerkenswert – nicht zuletzt deshalb, weil es im deutschen Kino allzu selten vorkommt: Mit Eleganz auf allen Gebieten der Filmkunst (vom Drehbuch über die Bildgestaltung bis hin zum Schauspiel) hat er mit seinem Team ein Werk hervorgebracht, das gefühlvoll und klug wirkt. Weak Heart Drop verfügt über ein ausgesprochen starkes Herz.

Weak Heart Drop

Etwa 7,284 Milliarden Menschen leben auf der Erde. Hiervon wohnen circa 81,1 Millionen in Deutschland, und davon wiederum mehr als 3,5 Millionen in Berlin. So viele Menschen – und doch fühlt man sich allein, wenn man nicht diesen einen ganz besonderen Menschen neben sich hat. Vom Suchen, Finden und Verlieren dieses Menschen in der pulsierenden deutschen Hauptstadt erzählt der britische Filmemacher Alex Ross in „Weak Heart Drop“.
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