Valerian - Die Stadt der tausend Planeten (2017)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Bombast im Nichts

Wenn man einen überbordend bunten, durchgeknallten Sci-Fi-Film haben will, dann ruft man Luc Besson an. Zumindest in Europa, denn seit Das fünfte Element ist er derjenige, der europäisches Genrekino weltweit überhaupt erstmal wieder an die Spitze gehievt hat und dabei mächtig Eindruck hinterließ. Nun hat man ihm die Möglichkeit gegeben, sich noch einmal im Bombastischen zu beweisen. Mit völliger kreativer Kontrolle und einem Budget von 180 Millionen Euro ist Valerian — Die Stadt der tausend Planeten der teuerste europäische Film aller Zeiten und gleichsam Bessons Erfüllung seines Kindheitstraumes: seine allerliebste Comicserie Valérian et Laureline für die Leinwand umzusetzen. Und genauso mutet der Film auch. Als hätte man ein Kind mit einem prall gefüllten Geldbeutel in den Süßwarenladen geschickt und ihm gesagt, es kann so viel haben, wie es will. Das Ergebnis ist überbordend, bunt und ruft Bauchweh hervor

Ganz selbstbewusst und ein wenig selbstironisch beginnt Valerian — Die Stadt der tausend Planeten mit David Bowies Space Oddity als musikalische Untermalung für eine jahrhundertelange Entwicklung des Menschen als Weltraumkreatur, die nach und nach auf immer mehr andere Kreaturen trifft. Sie alle werden mit einem Händedruck begrüßt, den sie erwidern, so sie Hände haben, und es ist sofort klar, wer hier das Sagen hat und die intergalaktische Leitkultur antreibt: der Mensch. An dessen Raumstation ISS docken sie alle nacheinander an, bis diese so groß ist, dass aus ihr die Stadt der tausend Planeten wird.

Doch all dies ist die Vergangenheit. In der Jetzt-Zeit liegt der coole Herzensbrecher Agent Valerian (Dane DeHaan) zusammen mit seiner flippigen Kollegin Laureline (Cara Delevingne) an einem Holo-Strand und genießt den Moment. Bis er plötzlich einen Blitz sieht und eine Vision hat. In ihr sieht man einen unbekannten Planeten und ein unbekanntes humanoides Volk, welches visuell extrem stark an Avatar angelegt ist, nur dass dieses hier eine helle Hautfarbe hat, glitzert und ansonsten friedlich auf seinem viel zu perfekten CGI-Planeten Perlen sammelt. Doch dann wird der Himmel von Raumschiffen durchbrochen, die zu Boden stürzen und fast alle Einwohner vernichten. Was die edlen, außerirdischen Wilden nicht wussten: über ihnen herrschte ein intergalaktischer Krieg und sie sind die Opfer. Doch lange kann Valerian nicht über diese Vision nachdenken, ein Einsatz wartet. Und eine weitere Runde im romantisch-sexuell aufgeladenen Verbalkrieg mit seiner Kollegin, die er liebt. Aber es gibt ein Problem. Sie ist zu schlau und kennt sein Spiel, denn Valerian ist kein Kind von Traurigkeit und nimmt in dieser und allen anderen Galaxien jede Frau oder ähnlich anmutende Kreatur mit, die er kriegen kann.

Und da haben wir auch schon das Hauptproblem des Filmes: seine beiden Hauptfiguren sind unfassbar öde Menschen, die noch dazu absolut gar keine Chemie miteinander haben, aber ein Paar mimen sollen, das auf dem Weg ist, sich für immer in Liebe und Heirat zu vereinen. Sie sind die Träger der Geschichte, vor allem in ihrem emotionalen Kern, und nichts lässt einen kälter, als die beiden bei ihren manchmal schon Fremdscham induzierenden Dialogen zu beobachten. Gäbe es eine Version von Valerian — Die Stadt der tausend Planeten ohne diese Beiden, ich würde sie gern schauen. Denn abgesehen von dem großen schwarzen Loch voller emotionaler Antimaterie ist der Film zumindest für Fans des Genres und Fanboys von Filmen von A wie Avatar bis Z wie Zardoz ein Genuss. Nicht weil hier ganz Neues geschaffen wird, sondern weil sich Besson einmal quer durch das Sci-Fi-Genre der vergangenen 50 Jahre arbeitet. Das liegt nicht zuletzt daran, dass seine Vorlage, der Comic Valérian et Laureline, der 1967 zum ersten Mal erschien, für viele große Filme des Genres, vor allem den Space Operas wie Star Wars, die wichtigste Vorlage war. Und so tischt Besson dem Genreherzen alles auf, was es begehrt. Riesige, detailgetreue Welten, unendlich verschiedene Lebensräume, die unterschiedlichsten Kreaturen von Unterwasser-Dinosauriern, Formwandlern bis hin zu kleinen putzigen Tieren, die alles, was sie essen, auf dem natürlichen Wege nicht nur verdauen, sondern dabei maximal multiplizieren. Das ist vor allem in seinem Überfluss ganz hervorragend und bietet viel Spektakel. Aber eben nichts Neues. Man darf sich gern streiten, ob Besson hier von allen andern klaut oder ob alle anderen von Bessons Vorlage gestohlen haben. Der Fakt ist und bleibt: Alles von Valerian — Die Stadt der tausend Planeten ist irgendwie schon einmal da gewesen. Das liegt aber eindeutig an Bessons Versessenheit für das Ästhetische und den Bau von Welten.

Da kommt der Rest, und mit Rest meine ich eine Geschichte mit tatsächlichen, dreidimensionalen Figuren, absolut zu kurz. So kurz, dass man konstatieren muss, dass nicht nur die Figuren so flach wie Han Solos Millennium Falke sind, sondern auch die Story an sich äußerst dünn und absolut vorhersehbar daherkommt. Es genügt eine knappe halbe Stunde, dann weiß man, wie der Hase läuft und muss müßig darauf warten, dass der Film dies dann auch abspult. Diese Unterforderung seitens der Erzählung wirkt sich umso negativer auf den Rest aus, hat man doch Zeit, sich neben dem Spektakel die anderen Bausteine des Filmes anzuschauen. Und da erkennt man zwei weitere, Augenzucken verursachende Dinge. Erstens verbrennt der Film all seine Nebenfiguren in absurden, sinnlosen Nebenhandlungen, so dass nicht einmal die formwandelnde Stripperin Bubble, gespielt von der Sängerin Rihanna, oder Ethan Hawke als ihr Lude auch nur einmal zur Entfaltung kommen. Viel schlimmer ist allerdings der Klischee-Reigen, den Besson hier abfährt. Von den edlen Wilden, die sich tanzend in der Sonne bewegen, zum Weiberhelden, von der Frau, die eigentlich nur übermannt werden will, bis hin zur Hure mit dem Herz aus Gold ist wirklich alles dabei. Vor allem in der Abteilung für Frauen-Vorurteile. Da hilft es auch nicht, dass die ab und zu selbstironisch gebrochen werden, denn der Film macht fröhlich weiter, ohne daraus Schlüsse zu ziehen.

Und so schießt sich Valerian — Die Stadt der tausend Planeten dann doch selbst ein bisschen ins Vakuum, in dem er vor sich hintrudelt und zu einem Film wird, der bombastisch ist, den man aber sofort vergessen haben wird. Oder wie mein Sitznachbar nach dem Film sagte: Unterhaltsam, solange man das Hirn auslässt.
 

Valerian - Die Stadt der tausend Planeten (2017)

Wenn man einen überbordend bunten, durchgeknallten Sci-Fi-Film haben will, dann ruft man Luc Besson an. Zumindest in Europa, denn seit „Das fünfte Element“ ist er derjenige, der europäisches Genrekino weltweit überhaupt erstmal wieder an die Spitze gehievt hat und dabei mächtig Eindruck hinterließ. Nun hat man ihm die Möglichkeit gegeben, sich noch einmal im Bombastischen zu beweisen.

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