Traum ohne Ende (Blu-ray)

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Großartige Geschichte(n) um seltsame Begebenheiten

Als der Architekt Walter Craig (Mervyn Johns) zu einem beruflichen Termin im Landhaus der Foleys eintrifft und vom Hausherrn Eliot Foley (Roland Culver) begrüßt wird, ist ihm bereits eine leichte Beklemmung ungeahnter Herkunft anzumerken, die sich bald kräftig auswächst. Denn als Craig die Räumlichkeiten sichtet und im Wohnzimmer der gerade dort versammelten, gut gelaunten kleinen Gesellschaft vorgestellt wird, schafft er es nicht einmal mehr, den freundlichen Empfang der Gäste zu erwidern, derart bestürzt erstarrt er.
Zögerlich erklärt er bald darauf den Anwesenden, er habe genau diese Situation mit ebendiesen Protagonisten bereits zuvor geträumt, und kleine Tests seines Wissens um den Verlauf der weiteren Ereignisse fallen erstaunlicherweise auch noch positiv aus. Hatte Craig tatsächlich so etwas wie einen hellsichtigen Traum mit zutreffender Zukunftsvision oder etwa ein Déjà-vu, das sich folgerichtig fortsetzt? Während das Grüppchen im Landhaus, darunter auch der skeptische Psychiater Dr. Van Straaten (Frederick Valk), über dieses seltsame Phänomen und andere dieser Art spekuliert, fällt den meisten dazu die eigene Erfahrung mit sonderbar-gruseligen Begebenheiten ein, so dass sich ein Reigen kurioser Geschichten mit Horrorfaktor entspinnt.

Auf der Basis derb-düsterer Kurzgeschichten von H. G. Wells, E. F. Benson, John Baines und Angus MacPhail, die auch am Drehbuch zum Film beteiligt waren, präsentiert sich Traum ohne Ende als schlüssig verknüpfter Episodenfilm in Sachen Horror mit einer eher heiter gestalteten Rahmenhandlung, die zum Schluss noch einmal trefflich über sich selbst hinausweist. Die frühe britische Nachkriegsproduktion, von vier verschiedenen Regisseuren in Szene gesetzt, entstammt den legendären Ealing Studios, die damals damit eine starke Interpunktionsmarke setzten und sich das Horror-Genre vornahmen, das während des Zweiten Weltkriegs überwiegend unberücksichtigt blieb. Umso mehr Aufsehen erregte dieser Gruselfilm der psychologischen Sorte, der ein knappes Jahr nach seiner Premiere in London im September 1945 auch in Deutschland in die Kinos kam und hier auf ein überraschtes und nachdenkliches Publikum stieß. Das geschickt ausgeklügelte Kammerspiel, dessen Rahmenhandlung sich auf engstem Raum ereignet, vermag nicht nur den Erlebnishorizont seiner eigenen Figuren zu erweitern. Effekte wie seltsam verschränkte Realitätsebenen und Grenzbereiche zwischen Wahn und so genannter Wirklichkeit sorgen für schwelende Beunruhigung.

Es ist der krasse Kontrast zwischen einer vordergründigen Fröhlichkeit und den gruseligen bis grauenhaften Geschichten voll psychologischer Abgründigkeiten, der diesen schlichten, doch höchst wirkungsvollen Horrorfilm ohne blutige und spezielle Effekte zu einem Prachtwerk des Genres werden lässt. Sonderbare Ereignisse kursieren hier in der scheinbaren Banalität einer Alltagswelt, die dadurch um ihre vermeintliche Harmlosigkeit beraubt wird und zum potenziellen Schauplatz von lauernden Bedrohungen mit krassen Konsequenzen in der kognitiven wie auch „realen“ Dimension avanciert. Imaginationen oder Erscheinungen verwirren und verstören den Blick des so genannten gesunden Menschenverstands und eröffnen die Sicht auf gefährliche Verschiebungen des als „wirklich“ Betrachteten. Ein Rennfahrer, der nach einem Unfall mysteriöse Begegnungen hat, ein verborgenes, durch Unheil belastetes Zimmer, ein Golfspieler mit Geisterscheinungen, ein Spiegel, der Mordabsichten suggeriert und ein Bauchredner, dessen Puppe sich verselbstständigt – in diesen dichten Geschichten ereignet sich das Grauen.

Traum ohne Ende, dessen deutscher Titel passend die geschickte Kreisläufigkeit seiner großartig verwobenen Dramaturgie beschreibt, wird in der restaurierten Fassung auf Blu-ray präsentiert, und der vorher/nachher-Vergleich mit seinen deutlichen Unterschieden lässt sich unter den Extras der Disc feststellen. Ebenfalls im Bonusmaterial findet sich als „Erinnerungen an Dead of Night“ – so der englische Originaltitel – eine ausführliche Besprechung des Films mit einigen nicht nur filmhistorischen Hintergrundinformationen, vorgetragen von einigen Experten aus dem englischsprachigen Raum mit deutschen Untertiteln. Neben seinen zahlreichen Qualitäten entströmt Traum ohne Ende auch eine feine Dosis therapeutischen Charmes: Da sitzt eine Gruppe von Menschen zusammen und erzählt sich, inspiriert von einem hinzutreffenden, verwirrten Fremden, mit einem Male die schrägsten Geschichten ihres Daseins, die an heimliche und unheimliche Ängste rühren und im Zuge ihrer Narration auch zu Vehikeln beklemmender psychischer Prozesse avancieren, die aus der Verborgenheit auftauchen.

Traum ohne Ende (Blu-ray)

Als der Architekt Walter Craig (Mervyn Johns) zu einem beruflichen Termin im Landhaus der Foleys eintrifft und vom Hausherrn Eliot Foley (Roland Culver) begrüßt wird, ist ihm bereits eine leichte Beklemmung ungeahnter Herkunft anzumerken, die sich bald kräftig auswächst. Denn als Craig die Räumlichkeiten sichtet und im Wohnzimmer der gerade dort versammelten, gut gelaunten kleinen Gesellschaft vorgestellt wird, schafft er es nicht einmal mehr, den freundlichen Empfang der Gäste zu erwidern, derart bestürzt erstarrt er.
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