The Light Between Oceans (2016)

Eine Filmkritik von Franziska Welzel

Wenn Liebe alles fordert

Derek Cianfrance scheint ein ganz besonderes Talent dafür zu haben, Emotionen sowie intimste Verhältnisse so pur und real auf der Leinwand zeigen zu können wie kein anderer Regisseur. Mit seinem innovativen Beziehungsdrama Blue Valentine, das vom Scheitern einer Ehe handelt, oder der bewegenden Vater-Sohn-Geschichte The Place Beyond The Pines hat er bereits bewiesen, dass er sensible Themen in ausdrucksstarke und bewegende Bilder wiedergeben kann. Sein neuester Film The Light Between Oceans grenzt sich jedoch deutlich ab und fühlt sich weniger spontan an als seine früheren Werke, was daran liegen mag, dass es sich um seinen ersten Major-Studio-Film und eine Romanverfilmung handelt. Wenn man den gleichnamigen Bestseller von M.L. Stedman gelesen hat, wird einem klar, warum Cianfrance sich in diese Geschichte verliebt hat. Wie das wahre Leben, so erweist sich auch die emotionsgeladene Story komplexer als sie zunächst scheint und regt einen zum Nachdenken an.

Tom Sherbourne (Michael Fassbender) ist gerade aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrt, als er eine Stelle als Leuchttumwärter auf der kleinen Insel Janus Rock annimmt, um Ruhe zu finden. Als er jedoch der jungen lebensfrohen Isabel Graysmark (Alicia Vikander) begegnet, findet seine Einsamkeit ein Ende. The Light between Oceans beginnt als schöne Liebesgeschichte an einem malerischen Ort, doch das tosende Meer und die Winde lassen bereits zu Beginn erahnen, dass stürmische Zeiten auf die beiden zukommen werden. Dies bewahrheitet sich, als Isabel nach ihrer Hochzeit zwei Fehlgeburten erleidet. Trotz Toms Liebe und Unterstützung kämpft die einst so lebhafte Isabel mit Trauer und Selbstzweifel. Als eines Tages ein Ruderboot angetrieben wird und die beiden darin ein neugeborenes Mädchen sowie dessen toten Vater vorfinden, treffen Isabel und Tom die verhängnisvolle Entscheidung, das Kind zu behalten. Vier unbeschwerte Jahre verbringt die neue Familie zusammen, bis sie eines Tages der leiblichen Mutter Hannah Roennfeldt (Rachel Weisz) begegnen. Geplagt von seinem Gewissen, muss Tom die schwerste Entscheidung seines Lebens treffen.

The Light Between Oceans bietet schauspielerische Leistung auf höchstem Niveau. Alle drei Hauptdarsteller überzeugen auf ganzer Linie. Für Fassbender (Macbeth, Steve Jobs, Frank) mag wohl die Rolle des prinzipientreuen Leuchtturmwärters vielleicht nicht seine stärkste Leistung sein, doch zeigte keine seiner bisherigen Figuren so viel Loyalität, Herz und Verletzlichkeit wie die des Tom Sherbourne. Auch wenn man als Zuschauer mit seiner inneren Zerrissenheit kontinuierlich konfrontiert ist und mitfühlt, sind es jedoch die Oscar-Preisträgerinnen Alicia Vikander (The Danish Girl, Ex Machina) und Rachel Weisz (The Lobster, Ewige Jugend), die ihm wirklich durch ihre facettenreichen Charaktere die Schau stehlen. Isabel mag zwar jung und impulsiv sein, zeigt sich aber auch als eine willensstarke und vor allem im Verlauf des Films als sehr verletzliche Frau. Vikander bietet eine ihrer besten und kraftvollsten Leistungen, die sicherlich mit einer zweiten Oscar-Nominierung belohnt wird. Ebenso brilliert Weisz als Hannah, die Verzweiflung, Kummer und Leid seit dem Verschwinden ihres deutschen Mannes und ihrer Tochter durchlebt.

Derek Cianfrance schafft zwar mit seiner perfekten Besetzung ganz großes emotionales Kino, legt dabei den Fokus aber so sehr auf die Emotionen, dass die Geschichte letztlich etwas darunter leidet. Und wenn man sich gerade auf die Emotionen der Schauspieler eingelassen hat, erfolgt teilweise der Szenenwechsel so abrupt, dass man zu schnell in die nächste Gefühlslage geworfen wird. Zu loben ist indes vor allem die einzigartige Kinematographie (Kamera: Adam Arkapaw). Schönste Landschaftsbilder mit Sonnenauf- und untergängen sowie die begleitende Musik von Alexandre Desplat und das Rauschen des Meeres entführen den Zuschauer in eine atemberaubende Filmkulisse mit einer ganz besonderen Atmosphäre.

Letztlich erweist sich The Light Between Oceans als eine zeitlose Liebesgeschichte, die moralische Fragen aufwirft. Manchmal sind schwere Entscheidungen im Leben zu fällen, bei denen es nicht eindeutig richtig oder falsch gibt. So mag das auch in diesem Film sein, weshalb man für alle Hauptcharaktere sehr starkes Mitgefühl aufbringt – und ist das nicht einmal etwas Ungewöhnliches an einem Film?
 

The Light Between Oceans (2016)

Derek Cianfrance scheint ein ganz besonderes Talent dafür zu haben, Emotionen sowie intimste Verhältnisse so pur und real auf der Leinwand zeigen zu können wie kein anderer Regisseur. Mit seinem innovativen Beziehungsdrama „Blue Valentine“, das vom Scheitern einer Ehe handelt, oder der bewegenden Vater-Sohn-Geschichte „The Place Beyond The Pines“ hat er bereits bewiesen, dass er sensible Themen in ausdrucksstarke und bewegende Bilder wiedergeben kann.

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