The Founder

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Erfolg und seine Schattenseiten

John Lee Hancocks Biopic The Founder, das den Mann vorstellt, der McDonald’s in einen Fast-Food-Giganten verwandelte, beginnt und endet mit Vorträgen, die die Hauptfigur direkt in die Kamera spricht. Dazwischen liegt nicht nur eine erstaunliche Entwicklung. Auch das Verhältnis des Zuschauers zum Protagonisten dürfte sich auf dem Weg zum Finale nachhaltig verändern. Blickt uns anfangs ein umtriebiger, wortgewandter Mixer-Vertreter entgegen, dessen ausbleibender Erfolg Mitleid erregt, schaut in der letzten Szene ein Haifischkapitalist mit einem arrogant-selbstsicheren Lächeln in den Spiegel, was eine Journalistin während der Kölner Pressevorführung zu einem deutlich vernehmbaren ‚Arschloch‘-Ausruf animierte. Ein ungewöhnlich harsches, aber interessantes Urteil über den ‚Helden‘ eines Films, der vordergründig eine amerikanische Sieger-Geschichte erzählt.

Anfang der 1950er Jahre tourt der Vollblutverkäufer Ray Kroc (Michael Keaton) mit seinen Milchshake-Mixern quer durch die USA und lässt nichts unversucht, um Restaurantbesitzern seine klobigen Maschinen schmackhaft zu machen. Über große Abschlüsse kann er sich jedoch nur selten freuen, weshalb es ihn umso mehr verwundert, als ein Schnellimbiss aus Kalifornien gleich mehrere Exemplare bestellt. Interessiert macht sich Kroc auf den Weg nach San Bernardino und staunt nicht schlecht über den Andrang, der vor dem Lokal der Brüder Dick (Nick Offerman) und Mac McDonald (John Carroll Lynch) herrscht. Nach einer Einführung in die genau durchgeplanten Arbeitsabläufe des Burgerbraters – die Rede ist von einem „Ballett der Effizienz“ – reift in Ray der Plan heran, das bestens funktionierende System als Franchise-Agent im ganzen Land zu verbreiten. Dick und Mac sind zunächst skeptisch, da ein eigener Expansionsversuch keine Früchte getragen hat, lassen sich dann aber doch auf den Vorschlag ein.

Musste man im Vorfeld ein luftig-lockeres Werbefilmchen über den Fast-Food-Riesen McDonald’s befürchten, erweist sich Hancocks Aufarbeitung der Konzernanfänge und seine Beschreibung von Krocs Persönlichkeit als biografisches Drama mit Ecken und Kanten, das sich außerdem zu einem packenden Wirtschaftskrimi ausweitet. Sicherlich wird dem Publikum eine im Kern klassische Aufsteiger-Narration aufgetischt. Spannend und angenehm irritierend ist allerdings die Art und Weise, wie Regie und Drehbuch (verantwortlich: Robert D. Siegel) ihren eingangs noch recht sympathisch wirkenden Protagonisten sukzessive entzaubern und damit einen durchaus kritischen Blick auf den viel beschworenen ‚Amerikanischen Traum‘ werfen.

Krocs Entschlossenheit und sein Glaube an Beharrlichkeit zeichnen sich dank Michael Keatons charismatischem Spiel schon in den ersten Szenen ab. Angesichts des mäßigen Erfolgs drückt man dem Mixer-Vertreter zu diesem Zeitpunkt noch die Daumen, endlich einen richtigen Verkaufscoup zu landen. Die Begegnung mit den McDonald-Brüdern und die Einweisung in ihr clever durchstrukturiertes Schnellimbiss-Konzept ändern an der Haltung des Zuschauers erst einmal nichts, da sich Ray glaubhaft staunend und bewundernd zeigt. Hat er den Zuschlag als Franchise-Nehmer allerdings in der Tasche, legt The Founder sein skrupelloses Geschäftsgebaren schrittweise offen. Unter der Oberfläche des selbstbewussten, visionären Machers schlummern Egozentrik und ein gehöriges Maß an betrügerischer Energie. Wirtschaftsimperien – das zeigt der bewusst ironisch betitelte Film unmissverständlich – werden nicht durch Loyalität errichtet. Während Dick und Mac trotz quasi-industrieller Fertigungsmethode auf hohe Qualität und natürliche Produkte setzen, führt Ray irgendwann ohne ihre Erlaubnis Instant-Angebote ein, um profitabler zu werden. Eines von vielen Manövern, mit denen er die Entscheidungsgewalt der idealistischen McDonald’s-Gründer aushöhlt.

„Die Geschichte wird immer vom Sieger geschrieben“, heißt es auf dem Deckblatt des Presseheftes. Ein Statement, dessen düstere Note Hancock deutlich ins Licht zerrt. Dass enormes Durchsetzungsvermögen unabdingbar ist, um eine weltumspannende Kette wie die McDonald’s Corporation aufzubauen, dürfte nicht sonderlich überraschen. The Founder führt uns allerdings sehr anschaulich vor Augen, dass großer Erfolg, die Verwirklichung des ‚Amerikanischen Traums‘, oftmals zu Lasten Schwächerer geht. In diesem Fall der beiden Brüder, die sogar das Recht an ihrem Namen abtreten mussten.

Bei aller Freude über die abgründig-ambivalente Hauptfigur und Michael Keatons brillant-pointierte Darbietung fällt auf, dass der Film an manchen Stellen etwas mehr dramaturgischen Feinschliff vertragen könnte und es leider nicht fertigbringt, Krocs zunehmend kriselndes Privatleben überzeugend in die Haupthandlung einzubinden. Die von Laura Dern gespielte Ehefrau ist eine eher blasse Randfigur, die sicherlich etwas mehr Raum verdient gehabt hätte. Trotz dieser kleinen Mängel bleibt The Founder aber eine mitreißende Charakter- und Business-Studie, die nicht zuletzt mit einigen dynamischen und visuell reizvollen Szenen aufwarten kann. Etwa dann, wenn Dick und Mac dem interessierten Kroc in einem gelungen montierten Wechselspiel die Ursprungsgeschichte ihres Lokals beschreiben.
 

The Founder

John Lee Hancocks Biopic „The Founder“, das den Mann vorstellt, der McDonald’s in einen Fast-Food-Giganten verwandelte, beginnt und endet mit Vorträgen, die die Hauptfigur direkt in die Kamera spricht. Dazwischen liegt nicht nur eine erstaunliche Entwicklung. Auch das Verhältnis des Zuschauers zum Protagonisten dürfte sich auf dem Weg zum Finale nachhaltig verändern.

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