Swans

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Körperbetont

Viele Filme im diesjährigen Forum des jungen Films der Berlinale sind sprachgestört. Sprich die Figuren haben die Fähigkeit verloren oder nie gehabt mit einander verbal zu kommunizieren. Auch Swans ist ein Film, in dem das Verbale keine große Rolle spielt. Vielmehr legt Regisseur Hugo Vieira da Silva die Kommunikationsebene auf das Körperliche.
Die deutsch-portugiesische Koproduktion spielt in Berlin Gropiusstadt, zumeist im Krankenhaus und in einer Wohnung. Ein Vater und sein halbwüchsiger Sohn reisen aus Portugal nach Berlin, denn die Mutter und Ex-Frau der beiden liegt im Koma. Sie kommen in Gropiusstadt in der Wohnung der Mutter und ihrer Mitbewohnerin Kim unter. Die Geschichte pendelt zwischen Krankenhaus und Wohnbereich und begleitet die verunsicherten Angehörigen, die dabei sind sich mit der neuen Situation und dem leblosen mütterlichen Körper abzufinden. Dabei kommt der Ex-Mann seiner Frau wieder körperlich nahe, Der Sohn, der seine Mutter eigentlich gar nicht kennt, beginnt mit ihr eine fetischisierte und ebenfalls stark körperbetonte Beziehung auszubauen.

Swans ist großen Teils improvisiert und kümmert sich mit Ausführlichkeit um die performativen Körper. Das Atmen der Komapatientin, ihr verkrampften Hände, der unruhige und schlaflose Körper des Vaters, im Gegensatz dazu der agile, junge Körper des Sohnes — jede Figur nimmt eine eigene Rolle ein, die die gesamte Bandbreite zwischen Leben und Tod absteckt. Der erste Teil des Filmes kümmert sich ausschließlich um die (Neu)-Verortung, das Einziehen in die Wohnung, der Versorgung der Patientin. Die Szenen sind lang und still, zeigen Alltägliches, Langweiliges, Stilles. Mal versucht der Vater ein Gespräch anzufangen, mal steht der Sohn im Badezimmer. Dazwischen assoziative Aufnahmen der Umgebung, der Urbanität der städtischen Landschaft. Das stapaziert nach einer Weile stark die Nerven des Zuschauers, so dass nach etwa einer Stunde die Hälfte der Sitze im Saal schon leer waren. Wer blieb, konnte dann mit zusehen, wie vor allem die Beziehung des Sohnes zu seiner Mutter mehr und mehr fetischistischen und sexuellen Charakter annimmt und die aufkeimende, diffuse Sexualität des Jungen die uneindeutigen oder sterbenden Körper übermannt. Auf kontemplative Langeweile folgt Sexualisierung, die ihren verstörenden Höhepunkt darin findet, dass der Sohn seine komatöse Mutter sexuell berührt. Und irgendwann ist der Film zu Ende.

Was bleibt sind verwunderte Zuschauer, die Frage warum der Film Swans heißt und was das alles sollte. Das Thema des Sterbens von Angehörigen und der Folgen für die Menschen, die zurückbleiben, der Umgang mit Menschen im Koma, die unverortbar sind, all das konnte nicht wirklich auf den Zuschauer übergehen. Zu langatmig und abstrakt ist der Film, zu kalt die Inszenierung der Figuren, die eben hauptsächlich auf ihren Körper reduziert sind, es damit aber schwer machen sich in sie als Menschen hineinzuversetzen.

Eine Randbemerkung sei noch gestattet: Das eigenartige Product Placement zwischendurch ärgert schon sehr. Da wird mal so nebenbei ein neues MacBook gekauft und ihm eine ganze Szene gewidmet oder es steht „wie zufällig“ ein Kaffeebecher mit dem Logo direkt in die Kamera am Rand der Kadrage.

Swans

Viele Filme im diesjährigen Forum des jungen Films der Berlinale sind sprachgestört. Sprich die Figuren haben die Fähigkeit verloren oder nie gehabt mit einander verbal zu kommunizieren. Auch „Swans“ ist ein Film, in dem das Verbale keine große Rolle spielt. Vielmehr legt Regisseur Hugo Vieira da Silva die Kommunikationsebene auf das Körperliche.
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Meinungen

@Tina · 14.02.2011

Der Film läuft momentan auf der Berlinale. Wann und ob er ins Kino kommt, steht noch nicht fest. Grüsse, Mike

Tina · 14.02.2011

Wo und wann kann man den Film sehen?