Still the Water

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Kreisläufe des Entstehens und Vergehens

Weit vorgewagt hatte sich Naomi Kawase in einem Interview, das kurz vor dem letztjährigen Festival von Cannes veröffentlicht wurde. In diesem Gespräch bezeichnete sie ihren neuen Film Still the Water als ihr Meisterwerk und sagte, dass sie sich nach dem Gewinn der Camera d’Or für ihr Langfilmdebüt Suzaku (1997) und dem Grand Prix der Jury 2007 für The Mourning Forest nichts sehnlicher wünsche als die Goldene Palme für den besten Film des Festivals. Daraus wurde zwar bekanntlich nichts, aber dennoch sollte man diesen Film, der nun nach langer Wartezeit doch noch den Weg auf die deutschen Kinoleinwände findet, nicht verpassen.
Der Film erzählt vom Leben auf einer kleinen japanischen Insel, in der sich das Mädchen Kyoko und der Junge Kaito begegnen. Beide befinden sich in einer ähnlichen Lage: Kyoko muss sich damit auseinandersetzen, dass ihre Mutter bald sterben wird, Kaito ist verstört vom Verhalten seiner alleinerziehenden Mutter, die verschiedene Liebhaber hat — gleichzeitig versucht der Junge, Kontakt mit seinem in Tokio lebenden Vater aufzunehmen, um herauszufinden, warum die Ehe seiner Eltern scheiterte.

Ausgelöst wird das Aufeinandertreffen der beiden Jugendlichen durch einen Leichnam, der an Land angespült wird und in dem Kaito einen der Liebhaber seiner Mutter zu erkennen glaubt. Danach begegnen sich die beiden immer wieder im Laufe des Sommers, bis der erste Taifun den herannahenden Herbst ankündigt. In der Zwischenzeit ist Kyokos Mutter gestorben, haben sich Kaito und seine Mutter versöhnt — und aus den beiden Jugendlichen sind auf verschiedene Weise und durch die Erfahrung ihrer ersten Liebe Erwachsene geworden.

Die Natur und ihre Kreisläufe, die Naturgewalten, das Entstehen und Vergehen, die Beseeltheit der Elemente, der Tod und die Liebe — in Still the Water geht es um die ganz großen universellen Themen. Auf dieser Ebene könnte man Kawases Film in gewisser Weise mit Terrence Malicks The Tree of Life vergleichen, wenngleich die Japanerin das überschäumende animistische Pathos des Amerikaners vermeidet und stattdessen sehr konzentriert und mit ihrem ganz eigenen ruhigen Rhythmus ihre Weltsicht auf die Leinwand malt.

Das Ergebnis ist ein ruhiger und unbestreitbar philosophischer Film, der im Gewand einer Coming-of-Age-Geschichte eine Sicht auf das Leben präsentiert, deren Gelassenheit und Akzeptanz der Wechselfälle und Schicksalsschläge des Daseins und Sterbens beeindruckt und zum Nachdenken anregt.

Still the Water

Weit vorgewagt hatte sich Naomi Kawase in einem Interview, das kurz vor dem letztjährigen Festival von Cannes veröffentlicht wurde. In diesem Gespräch bezeichnete sie ihren neuen Film „Still the Water“ als ihr Meisterwerk und sagte, dass sie sich nach dem Gewinn der Camera d’Or für ihr Langfilmdebüt „Suzaku“ (1997) und dem Grand Prix der Jury 2007 für „The Mourning Forest“ nichts sehnlicher wünsche als die Goldene Palme für den besten Film des Festivals.
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