Steven Spielbergs Das Haus des Bösen

Eine Filmkritik von Martin Beck

Im Bann der Oktagramme

Es verwundert immer wieder, welche Lücken selbst bei den größten Regisseuren erst heute geschlossen werden. Beweisstück A: Das Haus des Bösen, ein 1972 gedrehter Fernsehfilm von niemand Geringerem als Steven Spielberg. Vor etlichen Jahren lief das Werk mal im Nachtprogramm von Tele 5, doch ansonsten war der Film in Deutschland nicht anwesend. Was schon etwas seltsam ist, weil er doch von STEVEN SPIELBERG ist – einem der bekanntesten Regisseure überhaupt, der zudem mit Duell bewiesen hat, dass auch seine frühen Fernseharbeiten von überaus ansehnlicher Qualität sind.
Aber gut, besser eine DVD-Premiere 2016 als gar nichts. Hinter dem generischen Cover, das tragischerweise auch noch auf Poltergeist verweist, verbirgt sich ein klassischer Haunted-House-Film. Mit einer nur anfangs optimistischen amerikanischen Familie, ihrem Traum vom überraschend billigen Farmhaus in Pennsylvania und einer Richtung Exorzismus eskalierenden Spannungsschraube, die alle zu erwartenden Gruselstopps treu abhakt: Ein zu Tode stürzender Zausel im Prolog; der Gärtner wedelt frisch geschlachtete Hühner über den Acker; im Schuppen weint ein nicht anwesendes Kind; Einmachgläser beinhalten seltsame Substanzen; Es heißt, „die Böden hier sind schlecht“ — und ständig werden Oktagramme als böse Pentagramme identifiziert.

Das Haus des Bösen ist klassisch im guten wie im schlechten Sinn. Steven Spielberg schafft eine dezente Horroratmosphäre, deren Wirkung im TV-Rahmen bleibt und trotzdem eine deutliche Liebe zum Genre zeigt. Selbst unter diesen kargen Bedingungen ist gutes Handwerk anwesend, das zum Beispiel fähige Schauspieler, einen stimmigen Aufbau der Geschichte und den aufbrausenden, an Teufelskreis Alpha erinnenden Showdown möglich macht. Ja, auch Poltergeist mag irgendwann in den Sinn kommen, aber viel näher sind hier alle bewährten Ingredienzen der Haunted-House-Schublade.

Der schlechte Sinn ist dann genau auch jene Schublade, die spätestens seit der Spukhaus-Renaissance der letzten Jahre bis in die staubigsten Ecken ausgeleuchtet wurde. Das Haus des Bösen beschreitet den Pfad dieser Filme ohne jede Überraschung, der Ablauf der Handlung ist so konventionell wie behäbig. Über die verfluchten Oktagramme kann man ja noch lachen, doch ansonsten läuft eigentlich alles nach Lehrbuch – bis dann in den letzten paar Minuten noch schnell geschwebt und exorziert wird. Wer Haunted House bisher gar nicht kennt, könnte vielleicht ein paar Schauer verspüren, doch ansonsten wandert der Blick irgendwann zur Uhr. Weil hier keine Weiterführung des Genres angestrebt wird, sondern „nur“ eine Erfüllung der Anforderungen.

Zu tun hat das vor allem mit dem TV-Format und dem Alter des Films, so dass denn das einzig wahre Zugpferd der Name des Regisseurs bleibt. Das Haus des Bösen ist ein Fall für Komplettisten, die aus dem Geschehen hoffentlich eine historische Bedeutung ziehen können … und sich dann auch nicht an der erwartungsgemäß schlichten Präsentation stören. 4:3-Format, rumpeliger Ton, verwaschenes Bild – Bridge of Spies sieht schon etwas anders aus. Ein Schelm, wer hier so ketzerisch ist, dem Werk ohne Steven Spielberg einen ewigen Ruheplatz auf dem Friedhof filmischer Mitläufer zu prophezeien.

Steven Spielbergs Das Haus des Bösen

Es verwundert immer wieder, welche Lücken selbst bei den größten Regisseuren erst heute geschlossen werden. Beweisstück A: „Das Haus des Bösen“, ein 1972 gedrehter Fernsehfilm von niemand Geringerem als Steven Spielberg. Vor etlichen Jahren lief das Werk mal im Nachtprogramm von Tele 5, doch ansonsten war der Film in Deutschland nicht anwesend.
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