Steve Jobs

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

iPerformance

Seit Steve Jobs im Oktober 2011 gestorben ist, haben Dokumentar- und Spielfilme versucht, sich dem Mann anzunähern, der die Presse mied und schon zu Lebzeiten eine Kultfigur war, dessen Nimbus seit seinem Tod nur noch gewachsen ist. Einen erneuten Versuch stellt nun der Film Steve Jobs dar, in dem sich Regisseur Danny Boyle und Drehbuchautor Aaron Sorkin — basierend auf der autorisierten Biographie von Walter Isaacson — den Mann in Jeans und schwarzem Rollkragenpulli vornehmen.
Es waren insbesondere die Produktpräsentationen, die das öffentliche Bild von Steve Jobs prägten und in denen sich seine Kunst zur (Selbst-)Performance sowie Inszenierung von technischen Gerätschaften manifestierte. Drei Präsentationen gliedern nun auch den Film: des Macintosh im Jahre 1984, des Cube von Jobs Firma NeXT 1988 und des iMac im Jahre 1998. Sie sind jeweils ungefähr 40 Minuten lang, finden in großen Hallen statt – also geschlossenen Räumen mit einer Bühne, einem Zuschauerraum und einem Backstage-Bereich – und die technischen Entwicklungen werden vom wechselnden Filmmaterial widergespiegelt: die erste Episode ist auf 16mm-Material, die zweite auf 35mm-Material und die dritte digital gedreht.

In diesen drei Akten wird Steve Jobs (Michael Fassbender) von wiederkehrenden Personen aufgesucht, die mit ihm sprechen wollen: seine Marketing Managerin Joanna Hoffman (Kate Winslet), der Computeringenieur Steve Wozniak (Seth Rogen), Software-Designer Andy Hertzfeld (Michael Stuhlbarg), (Ex-)CEO John Sculley (Jeff Daniels) sowie seine Tochter Lisa (erst Makenzie Moss, später Ripley Sobo und Perla Haney-Jardine) und deren Mutter Chrisann (Katherine Waterston). In diesen Gesprächen werden verschiedene Seiten von Jobs deutlich, sie zeigen ihn als fordernden, arroganten und selbstbezogenen Menschen, der seine Mitarbeiter unter Druck setzt, nicht akzeptiert, wenn etwas nicht funktioniert, und der seine Tochter nicht anerkennen will. Dadurch gelingt es Boyle und Sorkin, in komprimierter Form viele und durchaus kritische Seiten der Persönlichkeit Jobs zu beleuchten; zugleich lassen sie aber auch erkennen, worin viele sein „Genie“ sehen: gerade in seiner Kompromisslosigkeit, in seinen Designideen, die Techniker herausforderten, und in seiner Unnahbarkeit.

Michael Fassbender fügt seinem Portfolio mit Steve Jobs einen weiteren manischen Charakter hinzu. Und dabei ist das Bemühen um Ähnlichkeit insbesondere im letzten Drittel offensichtlich. Der größte Pluspunkt des Films ist indes Kate Winslet – ihre Figur erinnert bisweilen an Allison Janneys C.J. Cregg in The West Wing: Ohne jeden Zweifel loyal gegenüber Jobs, ist sie seine Sparringpartnerin, sie liefert sich mit ihm witzig-intelligente Dialoge, bringt Cleverness und Klugheit zu seinem Ego. Dagegen verblassen die anderen Besucher.

In seiner strengen, dreigeteilten Struktur korrespondiert der Film mit dem Konzept einer Produktpräsentation. Steve Jobs war sich der Bedeutung dieser Vorstellungen bewusst, deshalb ließ er sie in großen Sälen mit Bühnen stattfinden. Von Anfang an wirken sie theatralisch und inszeniert – und abgesehen von der Ähnlichkeit mit historischen Personen und den offiziellen Teilen der Produktpräsentationen strebt auch der Film Steve Jobs keine Natürlichkeit hat. Vielmehr scheint der Auftritt, die Performance im Mittelpunkt zu stehen, deshalb wird Jobs in orchestrierte Gespräche verwickelt, überschneiden sich Wege und suchen ihn dieselben Figuren heim.

Dieser Weg der Annäherung ist mutig, zugleich spielt er der großen Stärke Sorkins in die Hände: Schon in The West Wing gehörten die Gespräche auf den Gängen und Wegen der sich kreuzenden Mitarbeiter, mit beweglichen Kameras gefilmt, zu den besten Szenen. Doch Steve Jobs ist eine Biographie im Theaterkorsett, das mit der Laufzeit an Elastizität verliert: Es gibt zu viele Wiederholungen, zu viele Theatertricks, zu viele Dialoge, die besonders clever sein wollen. Vor allem aber gibt es noch einen zweiten Handlungsstrang, in dem die Beziehung von Steve Jobs zu seiner Tochter behandelt wird und der aus dem ambivalent gezeichneten Helden letztlich eine geläuterte Vaterfigur macht. Hier wird ein Film, der sich seiner eigenen Künstlichkeit bewusst ist, sie sogar herausstellt und damit der Widersprüchlichkeit der Titelfigur entspricht, zu weich.

Insgesamt fehlt daher der letzte Funke, wird zu viel Emotion mit der ständig die Dialoge untermalenden Musik erstickt. Hier dreht sich – wie schon der Titel suggeriert – alles um Steve Jobs, es ist die One-Man-Show eines Marketinggenies, das wusste, wie wichtig die perfekte Performance ist. Nur der Film verfehlt knapp die wichtigsten Töne.

Steve Jobs

Seit Steve Jobs im Oktober 2011 gestorben ist, haben Dokumentar- und Spielfilme versucht, sich dem Mann anzunähern, der die Presse mied und schon zu Lebzeiten eine Kultfigur war, dessen Nimbus seit seinem Tod nur noch gewachsen ist. Einen erneuten Versuch stellt nun der Film „Steve Jobs“ dar, in dem sich Regisseur Danny Boyle und Drehbuchautor Aaron Sorkin — basierend auf der autorisierten Biographie von Walter Isaacson — den Mann in Jeans und schwarzem Rollkragenpulli vornehmen.
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Meinungen

Sonja · 20.11.2015

"...eine Biographie im Theaterkorsett.." das entspricht genau dem Gefühl, das ich während und nach dem Film hatte.

Danke für diese exzellente Filmkritik