Spring

Eine Filmkritik von Gregor Ries

In ihrem zweiten Langfilm nach dem Mumblecore-Horror Resolution verknüpfen Justin Benson und Aaron Moorhead, die zugleich wieder für Produktion, Schnitt, Kamera (Moorhead) und Drehbuch (Benson) verantwortlich sind, Coming-of-Age-Drama, Reiseskizze und Romanze mit übersinnlichen Elementen. Dabei erinnert ihr Werk stärker an Richard Linklaters Sunrise/Sunset/Midnight-Trilogie über die schwierige Phase des Kennenlernens und vorsichtigen Abtastens in einer neuen Beziehung als an einen Gruselschocker, in dem ein unbedarfter Protagonist einer Femme Fatale verfällt. Neben Hauptdarsteller Lou Taylor Pucci können sie sich besonders auf die überzeugende Leistung der Deutschen Nadja Hilker verlassen, die im Original als Beweis ihrer Multilingualität das „Pippi Langstrumpf“-Lied in ihrer Muttersprache intoniert.
Zunächst steht jedoch Slacker Evan im Fokus, dem in Kalifornien langsam der Boden unter den Füßen wegbricht. Man erfährt, dass sein Vater kürzlich an einem Herzinfarkt starb. Nach dem Krebstod seiner Mutter verliert der frustrierte junge Mann beim Streit mit einem aggressiven Barbesucher seinen Job als Koch. Während die Polizei aufgrund dieses Zwischenfalls die Fahndung nach ihm aufnimmt, geht seine Freundin zunehmend auf Distanz. Aus einer Laune heraus entscheidet sich Evan spontan für die Flucht nach Italien, obwohl er die Sprache kaum beherrscht.

In einem Fischerstädtchen nahe Sorrent begegnet er der mysteriösen Louise, die ihn zwar zunächst zu einem spontanen tête-à-tête einlädt, von einem späteren Date aber nichts wissen will. Immer wieder laufen sich die beiden Einzelgänger über den Weg, weshalb Evan als Aushilfe bei einem Bauern anheuert. Dass seine neue Bekannte mit den geschwungenen Augenbrauen und dem durchdringenden Blick wenig von sich preis geben will, erscheint dem Amerikaner zunächst ein wenig suspekt. Genau wie einige weibliche Figuren auf den Gemälden des örtlichen Museums besitzt seine Angebetete zwei unterschiedlich farbige Pupillen. Gleichzeitig häufen sich in der Küstenregion die rätselhaften Todesfälle.

Bewusst bauen Benson und Moorhead ihre ungewöhnliche Geschichte langsam auf, wobei sie die wahre Natur der geheimnisvollen Wissenschaftlerin lange in der Schwebe lassen. Es dauert rund ein Drittel des Films, bevor sich das Grauen allmählich manifestiert. Jedoch bereitet das Regieduo diese Entwicklung seit Evans Eintreffen in Italien konsequent vor. Wiederholt nimmt die Kamera wie ein Raubtier auf der Suche nach Beute die Vogelperspektive ein. Wie in Terrence Malicks frühen Arbeiten setzt sie die Natur als Spiegel der Protagonisten ein. Bilder lebender Tiere und Kadaver durchziehen den ganzen Film. Von Echsen, Skorpionen, Tausendfüßlern über Schlangen und Mücken im Spinnennetz zielen die Einstellungen auf eine schleichende Bedrohung ab. Zudem rücken sie die Werkzeuge von Evans knorrigem, weißhaarigem Arbeitgeber und die versteinerten Körper in Pompejis Ruinen ins Blickfeld.

Verstärkt wird die surreale Atmosphäre durch ein ausgeklügeltes Sounddesign, Sprünge und Zeitlupeneinsatz. Stärker als am Horrorplot zeigen sich Benson und Moorhead an der unmöglichen Beziehung des illegalen Immigranten und der verstörenden Sirene zwischen Anziehung und steter Abstoßung interessiert, wobei beide als glaubwürdige Charaktere an Tiefe gewinnen. Da Spring perfekt als poetisch-enigmatische Beziehungschronik mit etwas Humor funktioniert, leidet auf der anderen Seite mitunter die Spannung. Vor allem wirkt das Ende, das den vorhergehenden Enthüllungen wenig hinzuzufügen hat, sehr in die Länge gezogen. Doch mit Spring etablieren sich Benson und Moorhead als vielversprechende Independent-Regisseure, was nach ihrem missratenen Beitrag zum Episodenfilm V/H/S: Viral als echte Überraschung erscheint.

Spring

In ihrem zweiten Langfilm nach dem Mumblecore-Horror „Resolution“ verknüpfen Justin Benson und Aaron Moorhead, die zugleich wieder für Produktion, Schnitt, Kamera (Moorhead) und Drehbuch (Benson) verantwortlich sind, Coming-of-Age-Drama, Reiseskizze und Romanze mit übersinnlichen Elementen. Dabei erinnert ihr Werk stärker an Richard Linklaters „Sunrise/Sunset/Midnight“-Trilogie über die schwierige Phase des Kennenlernens und vorsichtigen Abtastens in einer neuen Beziehung als an einen Gruselschocker, in dem ein unbedarfter Protagonist einer Femme Fatale verfällt.
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