Schatz, nimm du sie!

Eine Filmkritik von Falk Straub

Uninspiriertes Déjà-vu

Sven Unterwaldt hat die Schlagzahl erhöht. Nur ein halbes Jahr nach Antonio, ihm schmeckt’s nicht! brachte der Regisseur schon seine nächste Komödie ins Kino. Tempo und Gagdichte sind hoch. Alles andere in Schatz, nimm du sie!, einem Remake des französischen Films Mama gegen Papa, ist hingegen ziemlich lahm.
Der deutsche Humor ist weiterhin mit Vorsicht zu genießen. Während Maren Ades Komödie Toni Erdmann, was Kreativität und vor allem Originalität anbelangt, im vergangenen Jahr ihresgleichen suchte, könnte Sven Unterwaldts Schatz, nimm du sie! kaum einfallsloser sein. Originär ist an diesem Remake nicht einmal die Form, was bereits während der Eröffnungssequenz ein unangenehmes Déjà-vu hervorruft. Jagten sich 2015 Marina Foïs und Laurent Lafitte als Florence und Vincent über die Leinwand, sind es nun Toni (Carolin Kebekus) und Marc (Maxim Mehmet), mit denen das Publikum an Silvester 1999 in nur einer einzigen Einstellung durch das Objektiv einer entfesselten Kamera über die Flure eines Universitätsgebäudes rast, bevor der Film in die Gegenwart spult.

Vom Schwung aus Studententagen ist nicht mehr viel geblieben. Längst ist ihre Ehe in Alltagsroutine erstarrt. Eine Scheidung scheint nur konsequent. Doch zwei Stellenangebote gefährden die traute Einigkeit. Toni möchte künftig auf Malta arbeiten, Marc auf Haiti. Das künftige Inselleben wollen die beiden gefälligst ohne Kinder genießen. Da keiner zurückstecken will, entwickelt sich ein Sorgerechtsstreit der etwas anderen Art. Statt um die Gunst der lieben Kleinen zu buhlen, setzt das Noch-Ehepaar fortan alles daran, es sich bei Tochter Emma (Arina Prokofyeva) und Sohn Tobias (Arsseni Bultmann) zu verscherzen. Und unversehens kommt wieder Bewegung in die festgefahrene Beziehung.

Wie die Vorlage lebt auch das Remake von der Umkehrung der klassischen Rollenbilder. In Schatz, nimm du sie! sind die Kinder stets ein wenig erwachsener als ihre Eltern, die im Zuge ihres infantilen Streits das Wohl ihres Nachwuchses völlig aus den Augen verlieren. Das führt auch bei Unterwaldt zu herrlich verrückten Aktionen, wenn sich Toni etwa vor den Freunden ihrer Tochter auf einer Party hemmungslos betrinkt oder Marc seine beiden Sprößlinge zu einer Geburt ins Krankenhaus mitnimmt. Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière, die Drehbuchautoren des Originals, scheinen damit einen Nerv getroffen zu haben. In Frankreich war bereits die Fortsetzung der Komödie zu sehen. Und neben dem deutschen gibt es auch ein italienisches Remake des ersten Teils.

Über Sinn und Unsinn dieser Remakes lässt sich allerdings trefflich streiten. Während es Mama gegen Papa in Italien nicht in die Kinos schaffte, die neue Fassung dort für die meisten Zuschauer auch die erstgesehene sein wird, dürfte die Entscheidung hinter dem deutschen Remake eine rein marktwirtschaftliche sein. Das zeigt schon der lieblose Umgang mit der Vorlage. Statt die Grundidee des Originals auf deutsche Verhältnisse zu übertragen, weiterzuentwickeln oder gar noch stärker zuzuspitzen, kann man ob der Dreistigkeit, mit der Drehbuch und Regie beinahe jede Szene einfach eins zu eins kopiert haben, nur irritiert den Kopf schütteln. Nicht einmal neue Berufe haben sich die Autoren Jens-Frederik Otto und Claudius Pläging für ihre Hauptfiguren ausgedacht, stattdessen ein Kind und einige der witzigsten Szenen – vom gemeinsamen Paintballspiel mit dem Vater bis zu Mutters Frisier- und Kochkünsten – aus der Vorlage gestrichen. Warum es dafür gleich zweier Autoren bedurfte und nicht lediglich eines Übersetzers, bleibt ein Rätsel.

Wer Mama gegen Papa nicht gesehen hat, kann sich dennoch am Remake erfreuen, weil es viel vom anarchischen Humor des Originals bewahrt. Wer das Original kennt, wird hingegen wenig Spaß mit der Neuauflage haben. An das völlig überdrehte Tempo, das perfekte Timing, die Lust und Bösartigkeit und vor allem an die erstklassigen, angesichts ihrer widerlichen Charaktere stets sympathischen Schauspieler reicht Schatz, nimm du sie! nicht annähernd heran. (Aber dafür müsste Regisseur Sven Unterwaldt vielleicht endlich einmal gestandene Schauspieler und nicht ständig Stand-up-KomikerInnen für seine Komödien casten.)

Schatz, nimm du sie!

Sven Unterwaldt hat die Schlagzahl erhöht. Nur ein halbes Jahr nach „Antonio, ihm schmeckt’s nicht!“ bringt der Regisseur seine nächste Komödie ins Kino. Tempo und Gagdichte sind hoch. Alles andere in „Schatz, nimm du sie!“, einem Remake des französischen Films „Mama gegen Papa“, ist hingegen ziemlich lahm.
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