Pause (2014)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Kommt Zeit, kommt Rat

Junge trifft Mädchen, verliert es und gewinnt es wieder. Im Grunde erzählt Regisseur und Drehbuchautor Mathieu Urfer in seinem Langfilmdebüt Pause nichts Neues. Für einen Schweizer Film kommt die Geschichte um den antriebslosen Musiker Sami (Baptiste Gilliéron) und die ambitionierte Julia (Julia Faure) jedoch ungewohnt lakonisch daher. Im Jahr 2015 gab es dafür eine Nominierung als bester Spielfilm beim Schweizer Filmpreis. Nun schafft es Pause doch noch in die deutschen Kinos.

Sami (Baptiste Gilliéron) als ambitionslos zu beschreiben, wäre eine Untertreibung. Der Gitarrist, Sänger und Songschreiber lebt für die und von der Musik. Das allerdings mehr schlecht als recht. Seit ihn seine Freundin nach vier Jahren Beziehung vor die Tür gesetzt hat, wohnt Sami in seinem Auto. Gemeinsam mit seinem trinkfreudigen Partner Fernand (André Wilms) tourt er als Country-Duo durch die Bars. Und selbst hier ist nicht Sami, sondern Fernand die treibende Kraft. Der ist allerdings schon hochbetagt und wohnt im Altenheim. Den Schluffi mit dem schwarzen halblangen Haar scheint es nicht zu kümmern. Gelassen, ja geradezu stoisch nimmt Sami sein Schicksal zur Kenntnis und blickt durch seine verträumten Augen auf die Welt.

Noch während des Prologs sieht Julia (Julia Faure) in diese Augen. Auf dem Weg zu einer Party ist ihr das Benzin ausgegangen. Doch die nächste Tankstelle hat nur den falschen Sprit. Als Sami dort hält, um Zigaretten zu ziehen, treffen sich ihre Blicke. Ein kurzer Dialog, doch der leise Musiker scheint schwer von Begriff. Die Szene ist eigentlich schon vorüber, Julias Flirt gescheitert, Sami so gut wie auf der Weiterfahrt, als er sie doch noch fragt, ob sie nicht zusammen auf die Party wollen. Aus einem gemeinsamen Tanz wird eine gemeinsame Übernachtung in Samis blauer Rostlaube und schließlich ein gemeinsames Bad in Julias Wohnung. Vier Jahre später sind sie genau dort angelangt, wo Sami zu Beginn des Films stand: vor der Trennung.

Mathieu Urfer, Jahrgang 1978, hat in Lausanne erst Psychologie, dann Drehbuch studiert und nebenher Musik gemacht. Sein Langfilmdebüt als Regisseur hat Urfer hier angesiedelt, die Songs zum Film beigesteuert. Die Stadt spielt zwar keine Hauptrolle, doch ab und an spiegeln die dunklen Regenwolken über dem Genfersee auch Samis und Julias Beziehung. Die Musik nimmt hingegen einen tragenden Part ein, mehr sei hier nicht verraten. Nach dem knappen Prolog hat sich bei Sami nicht viel verändert. Nicht einmal ein neues Auto hat er. Julia hingegen hat eine kleine Karriere hingelegt. Und während sie mehr vom Leben will, gibt er sich immer noch mit einer Zigarette zu einer guten Platte in der heißen Badewanne zufrieden oder jammt mit Fernand bei einem Gläschen Hochprozentigen im Altenheim. Kein Wunder also, dass Julia eine Beziehungspause fordert.

Mathieu Urfer erzählt von dieser Pause, von Julias langsamem Verzweifeln an Sami und von Samis kleinen Eifersüchteleien nach der Trennung auf Zeit in fein durchkomponierten Tableaus. Die Kamera bewegt er nur selten und wenn, dann um einen Gegenstand oder einen Gesichtsausdruck hervorzuheben. Urfer passt sein Erzähltempo der Geschwindigkeit seines Protagonisten an. Sami ist nicht der Schnellste – weder im Kopf noch auf den Beinen. Mehr als einmal möchte man ihn rütteln, ihn aufwecken. Auf Samis sehr gemächlichen Rhythmus muss sich das Publikum erst einmal einlassen, wird dafür am Ende aber mit einer leisen Komödie belohnt, die mehr als einmal an die Filme des großen Finnen Aki Kaurismäki erinnern. (Vermutlich engagierte Urfer deshalb Kaurismäkis Stammkameramann Timo Salminen.)

Etwas mehr von Kaurismäkis stimmungsvollen pastellfarbenen Interieurs hätte es auch bei Pause gern sein dürfen. Urfers Bildsprache ist durchaus ausbaufähig. Seine Komik, die sich nicht selten erst auf den zweiten Blick erschließt – etwa wenn Sami als einzig Junger auch visuell wie ein Fremdkörper aus all den Greisen des Altenheims heraussticht oder wenn Fernand mit seinen wohlgemeinten Ratschlägen ein ums andere Mal gehörig daneben liegt –, ist leise und fein. Das macht Pause zu einer kleinen Perle des lakonischen Humors, die man sich nach Möglichkeit im Original ansehen sollte. Die deutsche Synchronisation ist zwar solide, dennoch geht dabei einiges des spröden Charmes verloren. Am Ende kann das Publikum viel von Sami lernen. Dessen Lethargie ist eigentlich gar nicht so schlecht. So wie der Protagonist ohne eigenes Zutun in eine Beziehung stolpert, fällt er auch wieder heraus, um am Ende mit etwas Zutun wieder hineinzustolpern.
 

Pause (2014)

Junge trifft Mädchen, verliert es und gewinnt es wieder. Im Grunde erzählt Regisseur und Drehbuchautor Mathieu Urfer in seinem Langfilmdebüt „Pause“ nichts Neues. Für einen Schweizer Film kommt die Geschichte um den antriebslosen Musiker Sami (Baptiste Gilliéron) und die ambitionierte Julia (Julia Faure) jedoch ungewohnt lakonisch daher. Im Jahr 2015 gab es dafür eine Nominierung als bester Spielfilm beim Schweizer Filmpreis. Nun schafft es „Pause“ doch noch in die deutschen Kinos.

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