Magie der Moore

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Im Banne des rundblättrigen Sonnentaus

Jan Haft ist ohne Zweifel ein Naturfilmer mit einem begnadeten Händchen für die ganz besonderen Regionen der Welt. Widmete er sich vor einigen Jahren noch in Das grüne Wunder – Unser Wald dem Sehnsuchtsort aller Deutschen, begibt er sich in seinem neuen Film Magie der Moore in eine ähnlich mythologisch und historisch aufgeladene Topographie, die gleichwohl wesentlich weniger präsent ist als das Raunen der Wälder. Es geht um die vor allem nordeuropäischen Moorlandschaften und deren reichhaltige und ganz einzigartige Flora und Fauna, deren Zauber er in einem opulenten Bilderbogen von erlesener Schönheit nachzeichnet.
Solche Bilder, das ahnt man schnell, entstehen nicht von alleine, sie sind das Ergebnis von akribischer Planung, technischer Versiertheit und vor allem von viel Geduld. Insgesamt 5 Jahre und 500 Drehtage hat der Regisseur, Autor und Kameramann in verschiedenen Ländern verbracht – und die Bilder, die er gefunden hat, sind der Lohn für diese Mühen. Technisch auf höchstem Niveau gelingen dem Film Aufnahmen, die man so nur selten oder nie zuvor zu sehen bekam. Zeitraffer und extreme Zeitlupen, immer exakt und farbenprächtig ausgeleuchtet, verdeutlichen die Kreisläufe des Entstehens und Vergehens und verstehen es, dass man sich als Zuschauer für das Liebesleben der Doppelschnepfe ebenso interessiert wie für die Beutestrategien des rundblättrigen Sonnentaus. Bären tauchen ebenso selbstverständlich auf wie Wölfe, mikroskopische kleine Rädertierchen und anderes bizarr anmutendes Getier, das man sonst allenfalls aus Biologie-Lehrbüchern oder Atlanten zur Naturgeschichte kennt.

Die Vielfalt, die Magie der Moore präsentiert, entsteht auch daraus, dass Hafts Ansatz ein quasi universeller ist: In seiner Bestandsaufnahme geht es nicht um ein einzelnes Moor, eine einzige Landschaft, vielmehr sind die Bilder länderübergreifend komponiert. Die Zusammenschau verschiedener europäischer Moore befähigt den Zuschauer dazu, Tieren und Pflanzen zu begegnen, die man sonst niemals in der freien Natur zu Gesicht bekommt. Wenn man so will, ist Hafts Blick auf die Sumpflandschaften ein idealisierter, komponierender, der weit Auseinanderliegendes mit leichter Hand miteinander verknüpft.

Trotz der Fülle an Informationen und dem fast schon enzyklopädischen Ansatz aber ist Magie der Moore weit davon entfernt, ein dröger Naturfilm für den Biologie- und Geographieunterricht der gymnasialen Oberstufe zu sein. Zwar ist der Informationsgehalt streckenweise gewaltig, doch dann kommt schon das nächste durchkomponierte Bild oder die nächste eindrücklich in Szene gesetzte Atmosphäre auf die Leinwand und lädt zum lustvollen Verweilen des Auges ein. Kontemplation und Wissensvermittlung gehen hier ganz unangestrengt Hand in Hand.

Einen großen Anteil an der Wirksamkeit des Films haben nicht nur die großartigen Aufnahmen, sondern vor allem auch Axel Milbergs eindrücklich gesprochener Kommentar, der variantenreich modulierend auch die emotionalen Aspekte des Inhalts wiedergibt. Denn natürlich ist das Moor nicht allein eine Landschaft mit einer unglaublichen Artenvielfalt, in der Flora und Fauna ganz eigene Spezifika für das Überleben ausbilden mussten, sondern auch ein Ort, der voller Geheimnisse, Sagen und Legenden sowie sanftem Grusel steckt.

Die zentrale Aussage des Films ist aber vor allem eine ökologische Botschaft, die das eindrückliche Werk immer wieder sanft, aber nachdrücklich vorträgt: Denn die Moore, die zudem eine wichtige Funktion als CO2- und Wasserspeicher haben, sind gefährdet. Magie der Moore will ausdrücklich auch verstanden werden als Bewusstmachung des gefährdeten Status der europäischen Sumpf-Biotope. Eine Mission, die manchmal fast ein wenig untergeht in der Erlesenheit der Bilder. Vielleicht aber erinnert sich ja manch einer mittels der Bilder daran, wie fragil die darin gezeigte Schönheit in Wirklichkeit ist.

Magie der Moore

Jan Haft ist ohne Zweifel ein Naturfilmer mit einem begnadeten Händchen für die ganz besonderen Regionen der Welt. Widmete er sich vor einigen Jahren noch in „Das grüne Wunder – Unser Wald“ dem Sehnsuchtsort aller Deutschen, begibt er sich in seinem neuen Film „Magie der Moore“ in eine ähnlich mythologisch und historisch aufgeladene Topographie, die gleichwohl wesentlich weniger präsent ist als das Raunen der Wälder.
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