Landraub

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Widersinn in der Landwirtschaft

In Sierra Leone wird Zuckerrohr angebaut, aus dem Ethanol gewonnen und nach Europa geflogen wird, um Benzin beigemischt zu werden, so dass mit dem sogenannten Biosprit die Emission von Treibhausgasen gemindert werden kann. Das ist ein Geschäftsmodell, das in dem Dokumentarfilm Landraub von Kurt Langbein vorgestellt wird – und das einem schon bei den Grundzügen die Sprache verschlägt. Hinzu kommt aber noch, dass eine Firma Land von Kleinbauern pachtet, um – unterstützt von mehreren hundert Millionen Dollar Fördergeldern – Zuckerrohr anzubauen, aus dem Ethanol für Sprit gewonnen wird, während die Menschen, die einstmals dieses Land bewirtschafteten, kaum genug zu essen haben.
Dieses Vorgehen in Sierra Leone ist kein Einzelfall: In Kambodscha wurde den Khmer Land weggenommen, damit dort Palmöl produziert werden kann, in Äthiopien wird in Gewächshäusern Gemüse für die Vereinigten Arabischen Emirate angebaut und in Rumänien nutzen Konzerne die Felder für den Anbau von Mais. Vordergründig geht es dabei um die Versorgung des wachsenden Bedarfs an Nahrungsmittel für die steigende Weltbevölkerung, tatsächlich aber gründen diese Geschäftsmodelle auf Investitionsinteressen und Renditeberechnungen. Denn es ist ein Geschäft, mit dem man reich werden kann: Das Land wird mit mehr oder weniger Unterstützung der jeweiligen Regierungen den Kleinbauern weggenommen, die keine oder nur eine geringe Entschädigung bzw. Pacht erhalten. Fortan können sie sich nicht mehr selbst versorgen, sondern sind auf Arbeitsplätze angewiesen, die die „Glücklichen“ von ihnen bei eben jenen Konzernen finden, die ihnen das Land weggenommen haben. Niedrige Löhne, verzweifelte Arbeitssuchende, geringe Kosten – das alles bringt hohe Profite, die teilweise noch durch EU-Förderprogramme und Subventionen erhöht werden.

Immer wieder lässt Landraub einen wütend und sprachlos zurück, zumal es hier nicht um die üblichen bekannten global player wie Nestlé geht, sondern um weniger bekannte, oftmals europäische Unternehmen, die EU-Förderregelungen ausnutzen. Dabei wird in dem Film deutlich, dass Kurt Langbein dieses Vorgehen für falsch hält und ablehnt, land grabbing wird als Neo-Kolonialismus gesehen, die industrielle Landwirtschaft als Bedrohung von Umwelt und Gesellschaft. Jedoch klagt er nicht an, sondern hinterfragt Beweggründe, Mechanismen und die Sinnhaftigkeit mancher Regelungen und Förderungen. Daher kommen nicht nur Betroffene zu Wort, sondern auch Unternehmens- und Branchenvertreter. Diese Interviews werden in der Inszenierung mit informativen Texteinblendungen und Landschaftsaufnahmen verbunden, so dass ausreichend Raum bleibt, über das Gezeigte nachzudenken. Denn die Verantwortung für dieses Vorgehen liegt nicht nur bei Konzernen, Anlageberatern, Lobbyisten und Politikern, sondern auch bei den Konsumenten, die nach immer billigeren Produkten verlangen und sich keine Gedanken machen, wie diese Preise entstehen. Eine einfache Lösung – das macht Landraub sehr deutlich – gibt es nicht. Aber ein Anfang könnte jeder von uns machen, indem er sein Konsumverhalten hinterfragt.

Landraub

In Sierra Leone wird Zuckerrohr angebaut, aus dem Ethanol gewonnen und nach Europa geflogen wird, um Benzin beigemischt zu werden, so dass mit dem sogenannten Biosprit die Emission von Treibhausgasen gemindert werden kann. Das ist ein Geschäftsmodell, das in dem Dokumentarfilm „Landraub“ von Kurt Langbein vorgestellt wird – und das einem schon bei den Grundzügen die Sprache verschlägt.
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Meinungen

Gisela Uhl · 15.04.2016

Vorführung und Diskussion dieses Films sollte Pflicht werden in unseren Schulen !