Hugo Koblet - Pédaleur de charme

Eine Filmkritik von Iskander Kachcharov

"Die Lokomotive mit dem Schweizer Kreuz"

Hugo Koblet ist eine schweizerische Radsport-Legende. In den 1950er Jahren war er, zusammen mit seinem Rivalen und Landsmann Ferdy Kübler, für die Radsport-Begeisterung Helvetias verantwortlich. Vor allem seine Eleganz als Radfahrer und seine Galanterie als Lebemann faszinierte die Massen – und insbesondere den weiblichen Teil der Bevölkerung. Der französische Chansonnier Jacques Grello verpasste ihm aufgrund dieser ungeheuren Anziehungskraft auf die Damenwelt den Beinamen „Pédaleur de charme“. Das gleichnamige dokumentarische Portrait von Daniel von Aarburg geht dem Leben des erfolgreichen Radsportlers nach – bis zum tragischen Schluss.
Hugo Koblet kommt aus einfachen Verhältnissen. Seine Mutter, die ihn und seinen Bruder allein erzieht, führt einen kleinen Bäckereibetrieb. Bereits als Kind ist er auf seinem „Vélo“ schneller als alle anderen, 1950 gewinnt er den Giro d’Italia. Mit dieser Überraschung, die völlig unvermutet quasi aus dem Nichts kommt, wird der Pedalritter mit einem Schlag weltberühmt. Nachdem er auch auf der Tour de France ‚51 der Konkurrenz gnadenlos wegfährt, ist sein glorreicher Triumphzug nicht mehr aufzuhalten. Dabei ist Koblet keinesfalls so fokussiert auf seinen Sport, wie man vielleicht annehmen könnte, der Radfahrer schätzt zudem auch das schöne Leben und frönt leidenschaftlich dem vor allem amourösen Genuss. Als eitler Schönling und begehrter Schwarm etlicher Frauenherzen leistet er sich einige Eskapaden, die von der Presse dankend aufgenommen werden. Dennoch scheint dieser hedonistische Lebensstil die Leistungen des eleganten Radsportlers in keinster Weise zu beeinträchtigen.

Als er jedoch vor dem Duell gegen seinen Dauerrivalen Ferdy Kübler ausgerechnet bei der Tour de Suisse erkrankt, bekommt er von seinem Tour-Chef eine dubiose Spritze mit „Vitaminen“ verabreicht, die Koblet körperlich stark schädigt. Den zermürbenden Etappenrennen ist er nun nicht mehr gewachsen. Zwar erlebt er nochmalig einige Erfolge in Sechstagerennen, doch auch diese hinterlassen ihre Spuren. 1958 beendet er seine Karriere, und startet als geachteter und erfolgreicher Lebemann, mit dem schönen Mannequin Sonja Buehl an seiner Seite, in das Leben nach dem Radsport. Mit seiner legendären Glückssträhne ist es nun vorbei. Nach einigen gescheiterten Unternehmungen und der Scheidung von seiner seiner Ehefrau stirbt Hugo Koblet 1964 bei einem mysteriösen Autounfall, um den sich zahlreiche Gerüchte ranken.

Hugo Koblet – Pédaleur de charme ist eine biographische Dokumentation, die in Originalaufnahmen, Interviews mit Zeitzeugen und engen Vertrauten sowie vor allem in nachgestellten Schlüsselszenen das Leben des legendären Schweizer Radrennprofis zu rekonstruieren versucht.

Im romantischen Erzählton werden die Glanzstunden des Radsports von Hugo Koblet rekapituliert. Immerhin ansatzweise widmet sich der Film auch dem nach wie vor aktuellen Thema Doping im Radsport, ohne sich dabei jedoch zu einer Anklage aufzuschwingen. Überhaupt beschränkt sich der Film vor allem darauf, den Menschen Hugo Koblet mit all seinen Liebschaften, seinem Genussstreben und seinem charmanten Hang zum Savoir-vivre zu charakterisieren, über den Sport selbst und dessen Rahmenbedingungen erfährt man hingegen vergleichsweise wenig.

Eine wichtige Rolle kommt den Reenactments zu, die zumindest auf den ersten Block so gehalten sind, dass sie mit dem Archivmaterial aus den 1950er Jahren gut harmonieren. Dennoch fehlt es gerade diesen Szenen an der letzten Überzeugungskraft. Zwar bestechen sie durch sichtbare Sorgfalt bei der Wahl der Schauplätze, sowie des Kostüm- und Szenenbilds – umso mehr fällt aber ins Gewicht, dass gerade in diesen Schlüsselszenen die Umsetzung die nötige Originalität und Begeisterung vermissen lässt. Und gerade die wäre erforderlich, um dem Film den nötigen Schwung zu verleihen, um eine größere Zielgruppe zu erreichen.

So aber dürfte Hugo Koblet – Pédaleur de charme im Wesentlichen ausgewiesene Radrennsport-Fans aus der Schweiz erreichen können. Allen anderen Zuschauern fehlt vermutlich genau das, was den schillernden Radprofi aus den Bergen zu einer echten Kultfigur machte – der nötige Schwung, der Drive, der Widerständen trotzende Wille.

Hugo Koblet - Pédaleur de charme

Hugo Koblet ist eine schweizerische Radsport-Legende. In den 1950er Jahren war er, zusammen mit seinem Rivalen und Landsmann Ferdy Kübler, für die Radsport-Begeisterung Helvetias verantwortlich. Vor allem seine Eleganz als Radfahrer und seine Galanterie als Lebemann faszinierte die Massen – und insbesondere den weiblichen Teil der Bevölkerung. Der französische Chansonnier Jacques Grello verpasste ihm aufgrund dieser ungeheuren Anziehungskraft auf die Damenwelt den Beinamen „Pédaleur de charme“.
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