Happy Welcome

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Der Dokumentarfilm zur deutschen Willkommenskultur

Fällt in diesen Tagen hierzulande in den Medien der Begriff „Flüchtlinge“ als Schlagwort des brisanten sozialen und politischen Themas, geht es in der Regel weniger um die Situation und Ängste dieser subsumierend so bezeichneten Menschen, sondern vielmehr um die lokalen Erfordernisse, Befürchtungen und Sorgen, die angesichts der aktuell verstärkt eintreffenden Kinder, Frauen und Männer auf der Flucht bei der ansässigen Bevölkerung entstehen. Neben einer deutlich wahrnehmbaren Stimmung der Ablehnung und Überforderung mehren sich jedoch zunehmend Berichte über unterschiedlichste Einzelpersonen und Initiativen, die sich ehrenamtlich im Sinne eines selbstverständlichen, schlichten Humanismus unmittelbar für die Menschen in dieser desolaten Lebenslage engagieren. Eine ganz besondere Ausprägung dieser Willkommenskultur, die beharrlich der ansteigenden Rate der fremdenfeindlichen Gewalt in Deutschland entgegenwirkt, stellt der Filmemacher Walter Steffen in seinem Dokumentarfilm Happy Welcome vor.
Vor der Kamera verwandeln sich Georgia „Kuki“ Huber, Miriam „Mädmoisel“ Brenner, Andreas „Duda“ Schantz und Stefan „Waschli“ Knoll von Clowns ohne Grenzen in jene Figuren, die antreten, um zuvorderst Kindern in stark belasteten Lebenssituationen eine kleine humoristische Auszeit anzubieten. Mit ein wenig Schminke, ihren Kostümen und Requisiten sind sie nun nicht wie gewöhnlich in ausländischen Krisen- und Kriegsregionen, sondern in Aufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete unterwegs, um diesen mit ihrer komischen Präsenz und einer kleinen Show ein „Welcome to Germany“ darzubieten. Dass dabei und darüber hinaus auch angenehme zwischenmenschliche Kontakte und Interaktionen entstehen, zeigt sich rasch, und für eine kleine Weile des sanften Staunens bis zur ausgelassenen Selbstvergessenheit rückt die Freude in den Fokus von Kindern und anderen Menschen mit meist traumatisiertem Hintergrund und ungewisser Zukunft. Dabei zeigt der Dokumentarfilm unumwunden, dass sich dies recht unspektakulär ausnimmt, nicht immer klappt und vor einem marginalisierten Publikum ereignet.

Neben den bewegten und bewegenden Impressionen der Clowns im Einsatz, die von eindrucksvollen Kurzporträts weiterer professioneller wie privater Flüchtlingshelfer flankiert werden, positioniert sich der Dokumentarfilm mit zwischendurch eingeblendeten Textfeldern deutlich für eine informative, das Schicksal der Menschen fokussierende Perspektive der aktuellen Situation in Deutschland. Auf diese Weise wird die vorherrschende Darstellung von nicht zu bewältigenden „Flüchtlingsströmen“ hierzulande entkräftet, ohne dass den gängigen Plattitüden der direkte Einzug in die Argumentation des Films gewährt wird. Demgegenüber werden als eindringlicher Ausdruck von Kinderseelen in Not von geflüchteten Kindern gemalte Bilder, die das Elend ihrer frühen Erfahrungen visualisieren, als animierte Kurzgeschichten dynamisiert und von ihren kleinen Erzählungen der Verunsicherung und des Grauens begleitet.

Der Vorteil der Clowns, die gern auch mal umarmen und sich umarmen lassen, liegt sichtbar in den non-verbalen Aspekten ihrer distanzarmen Sprache, die dort zugewandte Kommunikationen eröffnet, wo Worte fehlen. Die Leichtigkeit, mit der sich im Verlauf der Dramaturgie fröhliche Interaktionen ergeben, steigert sich zu freudvollen Geselligkeiten, und am Ende verleiht Walter Steffen seinem Dokumentarfilm einen gnadenlos optimistischen Fest-Charakter, der Tragik des Themas mit Momenten eines entspannenden Vergnügens tapfer trotzend. Sein Plädoyer für die Notwendigkeit und Effektivität heiterer Moratorien selbst angesichts unsagbar schrecklicher Erfahrungen und ungewisser existenzieller Entwicklungen versteht sich auch als Motivation für noch Zaudernde, im Hinblick auf eine für alle förderliche Integration von geflüchteten Menschen in Deutschland eine ganz persönliche Form der Willkommenskultur zu entdecken und zu praktizieren. Dass dazu auch tiefgreifende politische Entscheidungen erforderlich, ja, überfällig sind, gerade in einem Deutschland mit gar nicht so weit zurückliegender eigener Flüchtlingsgeschichte, transportiert Happy Welcome so dezent wie salopp. Wenn die Erinnerung an berühmte einst Geflüchtete wie Albert Einstein, Bertolt Brecht und Elias Canetti erneuert und aus dem Flüchtling ein Migrant wird, sind das bereits gute Voraussetzungen dafür, bestehende Ressentiments zumindest zu mildern. Der Optimismus und das Engagement des Regisseurs, seiner Crew und seiner Protagonisten jedenfalls signalisiert die unerschütterliche Präsenz und Tatkräftigkeit jener, die der aktuellen Fremdenfeindlichkeit eine fröhliche Absage erteilen.

Happy Welcome

Fällt in diesen Tagen hierzulande in den Medien der Begriff „Flüchtlinge“ als Schlagwort des brisanten sozialen und politischen Themas, geht es in der Regel weniger um die Situation und Ängste dieser subsumierend so bezeichneten Menschen, sondern vielmehr um die lokalen Erfordernisse, Befürchtungen und Sorgen, die angesichts der aktuell verstärkt eintreffenden Kinder, Frauen und Männer auf der Flucht bei der ansässigen Bevölkerung entstehen.
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Meinungen

Gabriele Rüth · 26.11.2015

Der Film berührt und gibt Hoffnung. Ein Film zur rechten Zeit. Außerdem handwerklich super gemacht! Gratulation an Walter Steffen und sein Team!